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Ukraine
Nationalgardist stirbt bei Protesten in Kiew

So große Geschütze wurden nicht einmal zu Maidan-Zeiten aufgefahren. Gegner der Verfassungsänderung hatten kurz nach der Abstimmung im Parlament eine Granate und Schüsse auf Sicherheitskräfte abgefeuert. Ein Nationalgardist starb durch einen Granatsplitter.

Von Sabine Adler |
    Proteste vor dem Parlament in Kiew, Demonstranten werfen Steine und Flaschen gegen Sicherheitskräfte.
    Bei Protesten vor dem Parlament in Kiew gab es rund 100 Verletzte. (picture alliance / dpa / RIA Novosti)
    Dutzende Polizisten und Nationalgardisten sind durch Sprengsätze verletzt worden, die Zahlen reichen von 30 bis 100 Mann, unter den Verwundeten befinden sich auch Zivilisten, es gab mehr als 30 Festnahmen. Bereits am Morgen hatten Demonstranten wie zu Zeiten der Massenproteste im Januar 2014 die Gruschewska-Straße am Parlament abgesperrt. Die Atmosphäre war feindselig. Drinnen blockierten die Gegner der Verfassungsänderung die Tribüne des Parlamentspräsidenten, riefen immer wieder "Schande, Schande".
    Die Sitzung begann eine Stunde verspätet. Parlamentspräsident Wladimir Groisman hatte größte Mühe, die Debatte überhaupt bis zur Abstimmung zu führen.
    Donbass-Status umstritten
    "265 - die Entscheidung ist angenommen. Ruhm der Ukraine. Das ist kein Verrat, das ist die Ent-Oligarchisierung, die Dezentralisierung." 265 von 368 Abgeordneten votierten für die Verfassungsänderung, 87 dagegen. Umstritten ist in erster Linie der besondere Status für den Donbass. Die Gegner des Verfassungsprojektes klopften mit Plastikflaschen auf die Tische, schalteten gar Sirenen an, sobald sich ein Redner für die Verfassungsänderung einsetzte.
    Zwar möchten die Regionen und Kommunen durchaus mehr Eigenverantwortung, weil aber die Verfassungsänderung von Russland gefordert worden war, stieß sie sofort auf Kritik. Moskau will sich die von den prorussischen Separatisten besetzten Gebiete anders als die Krim nicht einverleiben, verlangt aber mehr Autonomie für sie. Auch der Minsker Friedensplan sieht eine Verfassungsänderung vor.
    Nicht nur, aber vor allem nationalistisch gesinnte Abgeordnete stimmten in der ersten Lesung gegen die Verfassungsänderung. Juri Schuchewitsch von der Radikalen Partei: "Das ist keine Dezentralisierung, auch keine besondere Form von Selbstverwaltung, das ist Verrat. Verrat an den nationalen Interessen der Ukraine. Man verweist auf Europa, aber Europa wird uns verraten, so wie es die Tschechoslowakei 1939 verraten hat."
    Die Verfassungsänderung polarisiert seit Monaten
    Auch die Partei Vaterland von Julia Timoschenko stimmte geschlossen gegen den Dezentralisierungszusatz: "Das ist nicht der Weg, der zu Frieden führt, das ist nur im Interesse Russlands." Die Befürworter brauchen in der kommenden zweiten Lesung noch 35 Stimmen mehr, insgesamt 300.
    Die Verfassungsänderung hat die Ukraine seit Monaten polarisiert, die Reaktion nach Parlamentsabstimmung zeigt, wie wenig die Gegner mit dem Ergebnis umgehen können, womöglich stürzen sie die Ukraine in eine neue Krise.