Der Angriffskrieg, den Russland in der Ukraine führt, wird auf dem Schlachtfeld entschieden. Dem hat die NATO Rechnung getragen, indem sie der Ukraine neue militärische Unterstützung zugesagt hat. Das passiert im Wesentlichen bilateral, jeder Bündnispartner ist aufgerufen, beizutragen, was er beitragen kann. Weil die NATO selbst kein Kriegsteilnehmer werden will, wird das geschehen unter einem G7-Rahmenvertrag. Unter diesem Dach bekommt die Ukraine dann militärische Hilfe von den einzelnen Bündnispartnern. Das macht die Koordinierung einfacher und ist deshalb effizienter.
Die Waffenhilfe hat im Vergleich zu der Situation vor einem Jahr deutlich Fahrt aufgenommen. Allein Deutschland hat ein militärisches Unterstützungspaket im Wert von fast 700 Millionen Euro auf den Gipfel mitgebracht.
Selenskyjs Enttäuschung ist verständlich
Weit in die Zukunft weist die Integrationshilfe in Höhe von 500 Millionen Euro in den nächsten Jahren. Damit soll die Ukraine fit gemacht werden für eine spätere militärische Integration. NATO-Standards, NATO-Taktik und NATO-Ausbildung sollen das Land nicht nur ertüchtigen und ihm einen militärischen Vorteil gegenüber dem Aggressor Russland bieten, sondern auf einen späteren Beitritt zum westlichen Bündnis vorbereiten.
Dass der ukrainische Präsident Selenskyj trotzdem enttäuscht ist, ist verständlich. Eine vage Einladung ohne Terminzusage oder einen Zeitplan – das ist aus der Sicht der Ukraine ernüchternd. Das war aber kaum anders zu erwarten. Der wichtigste Grund ist, dass die USA in der jetzigen Lage zu weiteren Zusagen in Bezug auf eine Nato-Mitgliedschaft der Ukraine nicht bereit sind. Vor der Präsidentschaftswahl in den USA passiert da nichts. Damit war das Thema de facto schon lange vor dem NATO-Gipfel in Vilnius vom Tisch.
Beitritt während des Krieges ausgeschlossen
Es ist unter den gegebenen Umständen richtig, keine Bedingungen und keinen Zeitpunkt für einen Beitritt festzulegen. Ein Beitritt noch während des Krieges ist ausgeschlossen. Niemand in der NATO will in einen laufenden Krieg mit Russland eintreten.
Die Sicherheit der NATO beruht auf ihrer Bündnissolidarität und der daraus resultierenden Abschreckungswirkung. Wenn die NATO der Ukraine Sicherheitsgarantien gäbe, die sie militärisch am Boden nicht einlösen könnte oder wollte, dann wäre die Beistandszusage nach Artikel 5 des NATO-Vertrages entwertet, und somit die Bündnissolidarität innerhalb der NATO. Das hätte eine unabsehbare, erschreckende, und mit globalen Konsequenzen versehene Destabilisierung zur Folge.
Entscheidend ist Waffenhilfe
Den Zeitpunkt des Beitrittes auf den Tag nach dem Kriegsende zu legen, gäbe Putin wiederum den Anreiz, die Kriegshandlungen möglichst lange fortzuführen. Deshalb ist es klug, im Unklaren zu lassen, wann die NATO-Mitglieder den Zeitpunkt für eine Aufnahme als richtig bewerten.
Entscheidend ist, dass die Ukraine massiv mit Waffen ausgerüstet wird. Nur ausreichend Waffen und Munition schaffen die Voraussetzungen dafür, dass die Ukraine eines Tages der NATO beitreten kann.