Etwas über zwei Jahre ist es her, da reiste der ukrainische Präsident Petro Poroschenko nach Odessa. Er stellte dort den neuen Gubernator vor - und war voll des Lobes:
"Wir leben in schwierigen Zeiten, schwierige Aufgaben liegen vor uns. Michail Saakaschwili, ein großer Freund der Ukraine, wird sie für uns in Odessa erledigen."
Doch die Zusammenarbeit zwischen den beiden Vollblutpolitikern hielt nicht lange. Saakaschwili, der ehemalige georgische Präsident, beklagte sich, seine Bemühungen zur Korruptionsbekämpfung würden torpediert. Poroschenko hingegen warf ihm vor, nichts für den Bezirk Odessa zu leisten, dafür aber mit voller Kraft eine Karriere als eigenständiger ukrainischer Politiker vorzubereiten. Vergangenes Jahr im November musste Saakaschwili seinen Hut nehmen.
Bei seiner letzten Rede in Odessa sagte er:
"Ich bin noch nie im Leben so schlimm betrogen worden und so zynisch. Der letzte Tropfen waren für mich die Vermögenserklärungen von Politikern. Sie haben Milliarden auf den Konten, während die Rentner mit zitternder Hand betteln müssen, um nicht zu verhungern."
So rechnete Saakaschwili ab und bereitet gleich sein neues politisches Projekt vor: die Partei "Bewegung der neuen Kräfte".
Vom Präsidenten kalt gestellt
Nun aber scheint die zweite politische Karriere von Saakaschwili jäh beendet. Als er gerade in die USA gereist war, entzog ihm Poroschenko die ukrainische Staatsbürgerschaft, die er ihm erst vor gut zwei Jahren verliehen hatte. Begründung: Der ehemalige georgische Präsident habe damals gelogen, als er angab, gegen ihn laufe kein Strafverfahren. Tatsächlich aber ermittelte die georgische Staatsanwaltschaft gegen ihn. Ein vorgeschobener Grund sei das, teilte Saakaschwili in einem amateurhaft gedrehten Video aus den USA mit:
"Jetzt haben sie sich ausgedacht, dass Georgien der Ukraine neue Beweise gegen mich übergeben hätte. Das ist eine Lüge. Es gibt keine neuen Beweise. Alles, was vorliegt, lag schon vor zwei Jahren vor und wurde von der Ukraine ganz offiziell nicht anerkannt."
So sehen das auch die meisten Beobachter in der Ukraine - gleich, wie sie politisch zu Saakaschwili stehen. Das Vorgehen von Poroschenko sei zutiefst undemokratisch, so der Parlamentsabgeordnete Mustafa Najem:
"Solange es Poroschenko geholfen hat, sein Image mithilfe von Saakaschwili aufzubessern, war der gern gesehen. Jetzt stellt er ihn kalt - mit einem juristischen Taschenspielertrick. Wir müssen uns klarmachen, dass so ein Schicksal nun jeden politischen Gegner des Präsidenten ereilen kann."
Saakaschwili kann nun kaum in die Ukraine zurückkehren. Er müsste damit rechnen, schon am Flughafen in Kiew festgenommen und an Georgien ausgeliefert zu werden. Die dortige [*] Staatsführung möchte ihm den Prozess machen.
Hoffen auf Trump
In den USA wird Saakaschwili indes als Experte zum russisch-amerikanischen Verhältnis befragt, auch zum Treffen von Donald Trump Jr. mit einer russischen Anwältin im Wahlkampf im vergangenen Jahr. So vom Fernsehsender CNN:
"Ich denke, da ist nichts Ernsthaftes dabei herausgekommen, dafür war das Treffen zu kurz. Trumps Politik ist nicht Russland freundlich, im Gegenteil. Er will das US-Militär stärken, er will in Europa amerikanisches Gas verkaufen. Wenn es um fundamentale Fragen geht, macht Trump Russland nervös."
Saakaschwili entlastet Trump mit seiner Einschätzung und dürfte so Pluspunkte im Weißen Haus sammeln. Offenbar hofft er, die US-Regierung werde sich in Kiew für ihn einsetzen und er könne so seine ukrainische Staatsangehörigkeit zurückbekommen.
[*] In der vorangegangenen Version hatten wir die georgische Regierung fälschlich als "prorussisch" bezeichnet. Tatsache ist vielmehr, dass die georgische Regierung die Annäherung an die Europäische Union verfolgt. Ausdruck dessen ist der Abschluss eines Assoziierungsabkommens mit der EU, das dazu geführt hat, dass georgische Staatsbürger inzwischen visafrei in die EU einreisen können.