Die ukrainische Polizei veröffentlichte nach der Tat ein Video, das die Zeltsiedlung der Roma nach dem Angriff zeigt: Spielzeug liegt neben Geschirr und Kleidungsstücken auf dem Sandboden, die Behausungen sind verwüstet.
Nur wenige Stunden später meldete Polizeisprecher Serhij Knjasew einen Fahndungserfolg:
"Die Polizei hat sieben Verdächtige festgenommen, darunter den 20-jährigen mutmaßlichen Anstifter des Überfalls. Die Ermittler gehen von einem vorsätzlichen Tötungsdelikt, verübt von einer dazu gebildeten Gruppe, aus. Den Tätern droht eine lebenslange Haftstrafe."
Bei dem Angriff wurde ein 24-jähriger Rom erstochen, vier andere - unter ihnen ein Zehnjähriger - wurden schwer verletzt und in ein Krankenhaus eingeliefert.
Rechtsradikale verwüsten Roma-Siedlungen
Die Täter trugen Masken und waren unter anderem mit Schlagstöcken bewaffnet. Einige von ihnen waren offenbar noch minderjährig. Lokale Medien berichteten, sie gehörten der neonazistischen ukrainischen Gruppierung "Misanthropic Division" an. Diese wies den Vorwurf zurück.
In den vergangenen Wochen verwüsteten Rechtsradikale in der Ukraine immer wieder Roma-Siedlungen, allerdings ohne deren Bewohner zu verletzen. Oft kündigten die entsprechenden Organisationen das sogar am Tag vorher an.
Fremdenfeindlichkeit auch bei der Polizei
Darauf habe die Polizei nicht ausreichend oder oft auch gar nicht reagiert, so der Vorwurf von Beobachtern. Ein Grund dafür sei Fremdenfeindlichkeit, sagt Julia Nosenko von der Menschenrechtsorganisation "Zehnter April":
"Roma sind in der Ukraine eine besonders gefährdete Volksgruppe. Statistiken der Ombudsfrau für Menschenrechte des Parlaments zeigen, dass die Intoleranz gegenüber ihnen sehr groß ist. Das gilt für alle Schichten der Bevölkerung, auch für Beamte wie Richter und Staatsanwälte."
Für Aufregung sorgten in der Ukraine in den vergangenen Wochen auch Berichte, wonach Geld aus dem Staatshaushalt an eine rechtsradikale Organisation vergeben wurde - unter anderem für ein Jugendlager. Diese Organisation, die sich "S14" nennt, war an der Zerstörung eines Roma-Zeltlagers in Kiew beteiligt. Sie ist auch für die Verbreitung rassistischer Flugblätter verantwortlich.
Sorge vor Extremismus
Der Staat müsse sich dagegen klar auf die Seite der nationalen Minderheiten stellen, fordert der Menschenrechts-Aktivist Wjatscheslaw Lichatschow:
"Es geht nicht um ein Projekt oder eine Maßnahme, sondern um ein System, das geschaffen werden muss. Wir brauchen ein Programm, das die Roma besser in unsere Gesellschaft integriert."
Doch dafür sind im Staatshaushalt der Ukraine bisher überhaupt keine Mittel vorgesehen. Am deutlichsten von allen Politikern kommentierte bisher der Gouverneur des ukrainischen Karpatenvorlands Hennadij Moskal die jüngsten Angriffe auf Roma. Er sehe die Gefahr, dass das Land in den Extremismus abgleite, erklärte er. Fremdenfeindliche Straftaten würden die Ukraine über kurz oder lang international isolieren, so Moskal.