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Ukrainischer Fechter
"Heute ist es die Ukraine, morgen könnte es schon ganz Europa sein"

Der ukrainische Fechter Maksym Haravskyi hat sich mit seinem Team beim Weltcup in Kairo geweigert, gegen Russland anzutreten. "Vielleicht wäre es vernünftiger, die Wettkämpfe jetzt abzusagen", sagte Haravskyi im Dlf. "Damit alle Länder einmal darüber nachdenken können, was gerade passiert."

Maksym Haravski im Gespräch mit Marina Schweizer | 27.02.2022
Der ukrainische Fechter Bogdan Nikishin im Einsatz bei den Olympischen Sommerspielen 2020 in Tokio.
Die ukrainischen Fechter traten im Achtelfinale gegen Russland nicht an. (dpa / picture alliance / Andrew Medichini)
Die ukrainischen Fechter sollten beim Fecht-Weltcup in Kairo im Teamwettbewerb gegen Russland antreten. Doch angesichts des russischen Angriffskriegs auf ihr Heimatland waren sie dazu nicht im Stande. Im Interview mit dem Deutschlandfunk schildert Fechter Maksym Haravskyi seine Erlebnisse.
Maksym Haravskyi: Wir haben uns heute geweigert, gegen das russische Team zu fechten. Weil wir nicht fechten und Hände schütteln können mit einem Team, dessen Land gerade unsere Städte besetzt und Bomben auf unsere Häuser wirft und versucht, ganz Europa in einen großen Krieg rein zu ziehen. Wir wollen eine Nachricht an die ganze Sportgemeinschaft schicken, die uns unterstützt: Stoppt den Krieg, stoppt Russland von diesem kriminellen Vorgehen und dieser Anti-Humanität, es ist schrecklich, was da gerade passiert.
Marina Schweizer: Als Sie gesagt haben, dass Sie nicht fechten, was ist dann passiert?

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Haravskyi: Es war eine sehr komische Situation. Die Obmänner haben angefangen mehrmals, unsere Ausrüstung zu schütteln. Vor dem Kampf müssen wir den Gegner begrüßen. Und als wir uns gegenüberstanden, haben wir zu den Obmännern gesagt, dass wir uns weigern, gegen Russland zu fechten. Wir hoffen, dass sie unsere Position verstehen, dass wir nicht mit diesem Land in einen Wettkampf gehen können.

"Es gibt jetzt ein richtiges Problem in ganz Europa"

Schweizer: Und haben Sie schon eine Reaktion gehört, was jetzt passieren wird?
Haravskyi: Ich habe noch nichts von den Organisatoren gehört, aber von den anderen Teams aus anderen Ländern: Sie unterstützen uns alle. So Länder wie Polen, Italien, Frankreich – viele andere Länder, sie sind alle bei uns.

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Schweizer: Was hat das russische Team gesagt, haben Sie es gesehen, als Sie gesagt haben, dass Sie nicht fechten wollen?
Haravskyi: Nein, wir haben uns umgedreht und dann mit Leuten aus anderen Ländern gesprochen. Dass alle reden müssen.
Schweizer: Wollen Sie, dass Ihr Verband Russland von Wettkämpfen ausschließt – oder was fordern Sie?
Haravskyi: Wir fordern Sicherheit für unsere Häuser, unser Land. Ich glaube überhaupt nicht, dass Wettkämpfe gerade stattfinden müssen. Es gibt jetzt ein richtiges Problem in ganz Europa. Heute ist es die Ukraine. Morgen könnte schon ganz Europa verwickelt sein. Also meine Forderung ist eigentlich: Vielleicht wäre es vernünftiger die Wettkämpfe jetzt abzusagen. Damit alle Länder einmal darüber nachdenken könne, was gerade passiert.

"Jeden Morgen schauen wir mit zittrigen Händen in die Nachrichten"

Schweizer: Sie sind gerade in Kairo. Ihre Familie, denke ich, ist in der Ukraine. Was hören Sie von dort?
Haravskyi: Jeden Morgen, wenn wir aufwachen, schauen wir mit zittrigen Händen in die Nachrichten, was passiert in unseren Städten? Jeden Morgen, jeden Abend, auch nachts. Wir können nicht schlafen. Ja, sie sind noch in der Ukraine. Und wir wissen nicht, was morgen passiert. Sogar, was in 15 Minuten passiert. Gerade geht es darum, den Luftraum zu sperren, weil Bomben auf unschuldige Zivilisten und Städte fallen.
Schweizer: Was denken, Sie, was passiert jetzt mit Ihnen. Sie sind in Kairo eben. Wollen Sie zurückgehen oder wo anders hingehen?
Haravskyi: Wir wissen nicht, was wir tun sollen. Wir wissen es einfach nicht. Es ist sehr schwer zu sagen.