3,2 Milliarden Euro Schulden werden der Ukraine erlassen. Das ist mehr als die Summe, die das Land bis Ende des Jahres für den sogenannten Janukowitsch-Kredit an Moskau zurückzahlen muss. Den hatte der geflohene Ex-Präsident von Russland erhalten, weil er im Herbst 2013 das EU-Assoziierungsabkommen nicht unterschrieb.
An dem jetzt erzielten Schuldenerlass hat Finanzministerin Natalja Jaresko, die viele Jahre in den USA lebte, seit Monaten gearbeitet, das Gespenst eines ukrainischen Staatsbankrotts an die Wand gemalt und vor allem ausdauernd mit den amerikanischen beziehungsweise brasilianischen Gläubigern verhandelt. In diesem Monat war sie dafür nach Kalifornien gereist. Natalja Jaresko heute im ukrainischen Kabinett:
"Wir haben mit dem Komitee der Kreditgeber eine Vereinbarung erreicht, die für uns sehr vorteilhaft ist und die zeigt, dass unsere Kreditgeber interessiert sind an einem Wirtschaftswachstum in der Ukraine. Die Vereinbarung ist ein großer Erfolg, wir werden kein Moratorium ausrufen und keinen Staatsbankrott erklären müssen."
Premierminister Arseni Jazeniuk war sichtlich erfreut, den Landsleuten endlich auch mal wieder eine gute Nachricht zu überbringen. Jazeniuk wörtlich: "Der Zahlungsausfall, den unsere Feinde erwartet haben, findet nicht statt."
Hoffen auf weitere Unterstützung durch die EU im Gaststreit mit Russland
In den nächsten vier Jahren muss die Ukraine die verbleibenden 15 Milliarden Dollar nicht bedienen, sondern soll sie zwischen 2019 bis 2027 zurückzahlen. Kiew erwartet, dass sich Russland als Gläubiger ebenfalls so kooperativ verhält, Moskau signalisiert bislang wenig Bereitschaft dazu.
Statt des angepeilten Schuldenerlasses von 40 Prozent sind es jetzt 20 Prozent. Die Restrukturierung der Verbindlichkeiten dürfte vom Internationalen Währungsfonds gewürdigt werden, sie ist Voraussetzung für einen neuen 40-Milliarden-Dollar-Kredit im Oktober. Dass auch EU-Kommissionspräsident Jean Claude Juncker die Ukraine lobte, freute deren Präsident. Petro Poroschenko sagte in Brüssel, er hoffe auf weitere Unterstützung bei den Gasgesprächen mit Russland. Weil die Ukraine keine Vorauszahlungen leistete, sind die Lieferungen seit Juli ausgesetzt.
"Wir haben eine gemeinsame koordinierte Energie-Politik verabredet, ich denke, dass es schon in nächster Zeit Konsultationen zwischen der EU, Ukraine und Russland geben. Es geht um die Energiesicherheit Europas und die der Ukraine."
Premier Jazeniuk versprach das durch den Schuldenschnitt eingesparte Geld auch für soziale Zwecke einzusetzen. Den Menschen macht die Inflation zu schaffen, die Landeswährung Griwna leidet zusätzlich unter der Abwertung des russischen Rubels. Die Industrieproduktion ist im ersten Quartal dieses Jahres um 22 Prozent gefallen, die Exporte von Stahl, Kohle und anderen Produkten vor allem nach Russland sinken unablässig, damit auch die Einnahmen im Staatshaushalt. Seit dem Krieg im Osten des Landes arbeiten viele Betriebe nicht, etliche sind zerstört worden. Inzwischen ist die ukrainische Wirtschaftskraft weit schwächer als die Weißrusslands. Das Bruttosozialprodukt pro Kopf beträgt nur 3.000 USD, in Weißrussland sind es 8.000 USD, mehr als doppelt so hoch, solange Krieg herrscht, halten Investoren Distanz.