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Ukraine
Separatisten lassen Geisel frei

Die prorussischen Separatisten haben einen der acht festgesetzten Militärbeobachter freigelassen - angeblich aus gesundheitlichen Gründen. Gemeinsam mit Unterhändlern der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) verließ der Schwede das besetzte Rathaus von Slawjansk. Nach Angaben eines AFP-Reporters fuhren die beiden Unterhändler und der freigelassene Schwede mit einem weißen Fahrzeug mit OSZE-Logo davon.

    "Der Schwede leidet unter einer leichten Form von Diabetes, deshalb haben wir entschieden, ihn zu entlassen", sagte Aktivistensprecherin Stella Choroschewa am Sonntag in Slawjansk. Es gebe aber keine Pläne, weitere Beobachter freizulassen.
    Zuvor hatten die Aktivisten einige der Militärbeobachter öffentlich vorgeführt. Die Männer erklärten, sie hätten keine Gewalt erfahren. Ganz anders als offenbar drei ukrainische Soldaten: Die Aufständischen zeigten Journalisten in Slawjansk Bilder von Gefangenen. Darauf waren drei blutverschmierte Männer ohne Hosen und Schuhe zu sehen, ihre Augen waren mit Klebeband verbunden, berichtet Florian Kellermann im Deutschlandfunk. Die Soldaten hätten sich auf einer Mission befunden, prorussische Kämpfer gefangen zu nehmen, als sie aufgegriffen worden seien, sagte Igor Strelkow, ein Befehlshaber der Aufständischen.
    Ebenfalls in Slawjansk führten die Separatisten acht Männer aus der Gruppe der am Freitag gefangenen genommenen Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa bei einer Pressekonferenz vor. Unter ihnen sind auch vier Deutsche.Einer von ihnen, Oberst Axel Schneider, erklärte, die europäischen Offiziere aus der Gruppe befänden sich in einem "guten gesundheitlichen Zustand", es habe keine körperlichen Misshandlungen gegeben. Man wünsche sich aus "tiefstem Herzen, so bald wie möglich in die Heimatländer zurückkehren zu können". Wann dies möglich sei, wisse man allerdings nicht.
    German Colonel Axel Schneider speaks "mayor protects us" pic.twitter.com/Dbtv5FH0zx— Ann-Dorit Boy (@anndoritboy) April 27, 2014

    Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier verurteilte die Vorführung der Gefangenen: "Die heute erfolgte öffentliche Zurschaustellung der OSZE-Beobachter und der ukrainischen Sicherheitskräfte als Gefangene ist abstoßend und verletzt in eklatanter Weise die Würde der Betroffenen", sagte er. "Das ist ein Verstoß gegen jede Regel des Umgangs und alle Standards, die gerade für spannungsgeladene Situationen wie diese gemacht sind." Russland müsse nun auf die Separatisten einwirken, damit diese die Gefangenen schnellstmöglich auf freien Fuß setzten.
    Gespräche über einen möglichen Austausch
    Milizenführer Wjatscheslaw Ponomarew hatte die Beobachter zuvor als "Kriegsgefangene" bezeichnet. Der selbsternannte Bürgermeister der Stadt Slawjansk bestätigte zudem, dass eine OSZE-Delegation zu Gesprächen über die Freilassung der festgesetzten Militärbeobachter zu Gesprächen in Slawjansk eingetroffen sei. Die Milizionäre wollen sie aber nur gegen Gefangene aus den eigenen Reihen austauschen.
    Die prorussischen Milizen hatten am Freitagmittag einen Bus mit Mitgliedern einer Militärbeobachtermission der OSZE nahe Slawjansk gestoppt. Unter ihnen sind drei deutsche Soldaten, ein deutscher Dolmetscher sowie ein Pole, ein Däne, ein Tscheche und ein Schwede. Außerdem gehören fünf ukrainische Soldaten zur Gruppe.
    Die Gruppe gehört laut der OSZE nicht zur zivilen Beobachtermission, die wegen der Krise Ende März in die Ukraine entsandt wurde, sondern zu einer separaten Militärbeobachtermission unter deutscher Leitung. Der Status der Beobachtermission war laut dem Politikwissenschaftler Michael Brzoska dennoch "international sehr klar", die Ukraine habe im "Einklang mit den Regeln des Wiener Dokuments" der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa gehandelt. Doch diese Informationen hätten die Separatisten wahrscheinlich nicht erreicht, sagte der Direktor des Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik im DLF.
    (bor/cp/swe)