
Die Bemühungen zur Beendigung des Krieges Russlands gegen die Ukraine werden konkreter. Delegationen der USA und Russlands wollen sich in Saudi-Arabien treffen, um einen Gipfel auf höchster Ebene zwischen den Präsidenten der USA, Russlands sowie der Ukraine vorzubereiten.
Die Zukunft der Ukraine hat Auswirkungen über das Land hinaus. Der Vorstoß von Trump für Friedensverhandlungen im Ukrainekrieg könnte die europäische Sicherheitsarchitektur nachhaltig verändern. An den Verhandlungen zur Beendigung des Krieges soll Europa den US-Plänen zufolge aber nicht teilnehmen. Frankreich lud deshalb zu Gesprächen über die „europäische Sicherheit“ ein.
Zur Zukunft der Ukraine kursieren zahlreiche Überlegungen. Um einen Überblick zu gewinnen, lohnt es sich, drei davon näher zu betrachten: ein derzeit wahrscheinliches, ein für die Ukraine gutes und ein für die Ukraine schlechtes Szenario.
Szenario 1: Der eingefrorene Konflikt
Ein wahrscheinliches Szenario für die unmittelbare und mittelbare Zukunft der Ukraine besteht im Einfrieren des Konflikts. Die von Russland besetzten ukrainischen Gebiete würden de-facto von Russland kontrolliert, aber von der Ukraine und ihren Partnern nicht als russisch anerkannt werden.
Um auszuschließen, dass Russland weitere Gebiete annektiert, würde die Ukraine Sicherheitsgarantien erhalten, zum Beispiel in Form von militärischer Unterstützung. Diese Sicherheitsgarantien hat die Ukraine bislang mit 50 Ländern vereinbart.
Zudem gibt es Überlegungen, einen Friedensschluss von internationalen Truppen überwachen zu lassen. Wie das aussehen könnte, ist noch unklar. US-Verteidigungsminister Pete Hegseth hat ausgeschlossen, dafür amerikanische Truppen abzustellen. Friedenstruppen in der Ukraine wären demnach keine gemeinsame Aufgabe für die NATO. Einer deutschen Beteiligung an derartigen Truppenverbänden hat Bundeskanzler Olaf Scholz derzeit eine Absage erteilt.
Ebenfalls ausgeschlossen hat Hegseth eine Aufnahme der Ukraine in die NATO. Würde das in einer Friedensvereinbarung schriftlich festgehalten werden, wäre für Wladimir Putin ein wesentliches Kriegsziel erfüllt.
Das größte Risiko eines eingefrorenen Konfliktes besteht jedoch darin, dass Russland weiter aufrüsten kann, um zu einem späteren Zeitpunkt einen neuen Angriff zu starten.
Szenario 2: Beistandsgarantien und EU-Perspektive
In einem guten Szenario für die Ukraine geben die USA und die europäischen NATO-Staaten der Ukraine Beistandsgarantien, die ähnlich wären wie der Artikel 5 des NATO-Vertrags. Diese könnten dann greifen, wenn Moskau etwaige Friedensvereinbarungen missachtet – zum Beispiel indem russische Truppen eine neue, vertraglich vereinbarte Grenzlinie übertreten.
Und selbst wenn es für die Ukraine keine solchen Garantien geben sollte, ließe sich ein ähnlich gutes Szenario vorstellen, schreibt die amerikanische Nachrichtenagentur Bloomberg: nach Abschluss von Friedensvereinbarungen, beziehungsweise schon während sie verhandelt werden, könnten die europäischen Partner der Ukraine das Land mit Waffenlieferungen und Investitionen in die ukrainische Rüstungsindustrie unterstützen.
So könnte die Ukraine zu einem europäischen Frontstaat werden, der selbst für seine Sicherheit sorgt und mittelfristig Mitglied der EU werden könnte.
Szenario 3: Gebietsabtretungen und keine Garantien für die Ukraine
Ein drittes (und für die Ukraine schlechtes) Szenario würde dann eintreten, wenn Trump jedes Interesse an der Ukraine verliert, noch bevor Friedensvereinbarungen getroffen wurden.
In einem solchen Fall könnte der US-Präsident alle Hilfe für das Land einstellen. So würde die Sicherheit der Ukraine von einem zum anderen Tag zu einem rein europäischen Problem.
Und selbst wenn Trump und Putin eine Vereinbarung treffen, verheißt das nicht unbedingt etwas Gutes für die Ukraine, schreibt Frank Gardner, Korrespondent für Sicherheitspolitik bei der BBC. Auch müssen Friedensvereinbarungen nicht zwangsläufig belastbare Einspruchsmöglichkeiten für die Ukraine enthalten.
Wenn ein Friedensvertrag außerdem Aussagen über die russischen Gebietsgewinne auf ukrainischem Boden seit 2014 enthält, könnte Russland dies als deren Anerkennung auslegen. Das würde es der Ukraine noch schwerer machen, die ihr völkerrechtlich zustehenden Gebiete zurückzubekommen.
Putins Aggression wird voraussichtlich belohnt
Egal welches der drei Szenarien am Ende eintritt, so zeichnet sich schon jetzt ab, dass die Vorstöße Trumps die Zukunftsaussichten der Ukraine verdunkeln. Der 12. Februar 2025, der Tag an dem Trump zum Hörer griff, um Putin anzurufen, muss für jene Ukrainerinnen und Ukrainer, die ihre Hoffnungen in Trump gesetzt hatten, geradezu als Tag des Verrats wirken, kommentiert Peter Sawicki, Ukraine-Korrespondent von Deutschlandradio.
Es sei absehbar, dass Putin sich für seine Aggression nicht vor einem Tribunal wird verantworten müssen. Stattdessen wird er als Aggressor voraussichtlich mit zusätzlicher Landnahme belohnt.
mp, Sabine Adler