Die Ukraine bewegt sich politisch und wirtschaftlich Richtung Westen. Doch seit kurzem hat sie einen mächtigen Gegner auf diesem Weg: Ungarn. Sie habe ein Veto gegen eine Sitzung des Ukraine-Nato-Ausschusses im Dezember eingelegt, erklärte die Regierung in Budapest. Und dabei werde es nicht bleiben, sagte Außenminister Péter Szijjártó: "Wir haben es mit der brutalen Verletzung der Menschenrechte in unserer Nachbarschaft zu tun, in der Ukraine. Das neue ukrainische Bildungsgesetz verletzt die Rechte der Minderheiten. Es verletzt auch das Assoziierungsabkommen zwischen der EU und der Ukraine. Beim nächsten Assoziierungs-Rat werden wir das ansprechen."
Ungarn werde der Ukraine "weh tun", so der Außenminister.
Ungarn droht mit Blockade
Budapest werde die weitere Westintegration des Nachbarlands blockieren, sogar eine Revision des Assoziierungsabkommens zwischen der Ukraine und der EU sei möglich.
Rund 140.000 ukrainische Staatsbürger gehören der ungarischen Minderheit an, sie leben vor allem im Karpatenvorland. Die 71 Schulen der Minderheit können bisher den gesamten Unterricht auf Ungarisch gestalten, bis hin zum Abitur. Das soll anders werden. Das neue Bildungsgesetz sieht vor, dass die Haupt-Unterrichtssprache von der fünften Klasse an Ukrainisch ist.
Die Reform sei notwendig, damit Angehörige der Minderheiten auch Ukrainisch lernen, so Bildungsministerin Lilia Hrynewytsch: "Im vergangenen Jahr haben mehr als 36 Prozent der Schulabsolventen im Karpatenvorland den Test zur ukrainischen Sprache mit der Note ungenügend abgeschlossen. Dort, wo die ungarische Minderheit vor allem lebt, waren es sogar 75 Prozent. Diese Absolventen haben also keine Chance, eine Universität zu besuchen."
Das Bildungsgesetz werde im Ausland falsch dargestellt, so Hrynewytsch. Es entspreche sehr wohl internationalen Standards.
"Schmutziges, nationalistisches Spiel"
Denn in einigen Fächern könnten die Schüler bis zum Abitur in der Sprache der Minderheit unterrichtet werden, etwa in der Geschichte des Landes, aus dem die Minderheit stammt.
In den vergangenen Wochen wurde der Ton schärfer. Der ehemalige schwedische Außenminister Carl Bildt warf Ungarn ein "schmutziges, nationalistisches Spiel" vor. Bildt ist Berater des ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko. In Budapest demonstrierte indes die rechtsnationale Oppositionspartei Jobbik für eine Autonomie des Karpatenvorlands, einige Teilnehmer traten für eine Loslösung von der Ukraine ein. Die Regierung in Budapest reagierte nicht auf die Forderung der Ukraine, das zu verurteilen.
Hoffnungen auf Hilfe internationaler Experten
Kiew hofft, dass die Venedig-Kommission des Europarats, die heute ihren Besuch in Kiew abschließt, den Streit schlichten wird. Bildungsministerin Hrynewytsch: "Wir arbeiten mit den Experten zusammen. Wenn sie Einwände gegen das Bildungs-Gesetz vorbringen, dann werden wird es ändern."
Ungarn hat jedoch nicht nur in Europa Alarm geschlagen, sondern auch bei den Vereinten Nationen. Auch der UN-Hochkommissar für Menschenrechte soll das Gesetz überprüfen, forderte Außenminister Szijjártó bei der jüngsten Vollversammlung.