Erst wenn die Frage der Entschädigung für Zwangsarbeit gelöst ist, so scheint es, wird der "Zwangsarbeitereinsatz" endgültig ein Teil allein der Geschichte.
Man wird nicht recht schlau aus Ulrich Herberts Schlusssatz über Zwangsarbeit in der NS-Zeit, die nur einen kleinen Teil seiner neuen Studie "Geschichte der Ausländerpolitik" ausmacht. Glaubt er wirklich, dass mit den zehn Milliarden, die Wirtschaft und Politik bewilligten, der sprichwörtliche Schlussstrich unter die Versklavung von über zehn Millionen Menschen gezogen sei?
Der Untertitel seines Buches bringt "Saisonarbeiter, Zwangsarbeiter, Gastarbeiter, Flüchtlinge" auf einen Nenner. Er sieht also von der vielbeschworenen "Singularität" der NS-Verbrechen ab.
1985 schon veröffentlichte Herbert die Pionierarbeit: "Politik und Praxis des 'Ausländer-Einsatzes? in der Kriegswirtschaft", auf die sich alle jüngeren Schriften gründen. Nun, wo das Thema Konjunktur hat, fasst er die Sache auf knapp sechzig Seiten zusammen. So brillant und abgeklärt, wie es nur Menschen können, die sehr lange und sorgsam zur Sache gearbeitet haben. Herbert zieht eine Linie vom verspäteten Nationalstaat und dem deutschen Minderwertigkeitskomplex über den Antisemitismus in der Weimarer Republik bis hin zur Ausländerfeindlichkeit heute. Er erinnert daran, dass es seit dem Beginn des Kalten Krieges kein Unrechtsbewusstsein gegenüber den Ostarbeitern gab. Diese historische Verantwortungslosigkeit hat aber schwer am nationalen Selbstbewusstsein der Deutschen genagt und neue Aggressionen gegen Ausländer geweckt: Ausgrenzung als Kompensation des Mangels echter nationaler Identität. Während Herbert seinen Schlussstrich zieht, haben andere das Thema "Zwangsarbeit" gerade erst für sich entdeckt.