Carsten Schroeder: Zu den kostbarsten und wichtigsten Schätzen werdender Eltern gehören die Ultraschallbilder des noch ungeborenen Kindes. Babykino wird es auch genannt, weil man bei der Ultraschalluntersuchung sehen kann, wie das Ungeborene sich bewegt - sozusagen eine Live-Schaltung in die Fruchtblase. Ultraschalluntersuchungen seien ungefährlich, heißt es, und darum guckt man gerne auch ein bisschen länger. Drei Ultraschalluntersuchungen gehören zur gesetzlichen Schwangerschaftsvorsorge. Manche Eltern wollen gerne mehr sehen und nutzen jede Gelegenheit zum "Babyfernsehen" aus. Doch diese Form des Babykinos wird ab dem nächsten Jahr durch die neue Strahlenschutzverordnung verboten. Am Telefon ist der Präsident des Berufsverbandes der Frauenärzte, Dr. Christian Albring aus Hannover. Guten Morgen Herr Dr. Albring!
Christian Albring: Ja, schönen Guten Morgen!
Schroeder: Ihr Verband unterstützt das Verbot von zu viel Ultraschalluntersuchungen - warum?
Albring: Wir unterstützen das, weil wir unnötigen Ultraschall für nicht sinnvoll halten. Wenn wir Ultraschall in der Praxis machen, handelt es sich ja um medizinische indizierte Ultraschalle. Und aus diesen Ultraschallbildern, die ja permanent durch den Speicher laufen, kann man dann am Ende nach der Untersuchung dann Bilder herausholen, die man dann den Patientinnen mitgibt.
Normale Ultraschalle haben kein Schädigungspotential
Schroeder: Sind Ultraschalluntersuchung denn schädlich für den Fötus?
Albring: Nach den bisherigen Erkenntnissen, den wissenschaftlichen Erkenntnissen, sind diese Ultraschalluntersuchungen nicht schädlich. Die normalen Ultraschalle, die man während der Schwangerschaft macht, haben überhaupt kein Schädigungspotenzial, weil sie in einem Bereich liegen, der keine Erwärmung bei dem Kind - nirgendwo, also weder in Blutgefäßen noch Knochen - verursacht. Nur bei ganz bestimmten Ultraschall-Untersuchungen muss man höhere Intensitäten anwenden, und diese höheren Intensitäten könnten, wenn sie denn minutenlang angewandt werden, zur Erwärmung führen. Andererseits werden diese Intensitäten nur sekundenlang angewandt, nämlich nur drei bis fünf Sekunden; deshalb ist auch davon keine Schädigung zu erwarten.
Schroeder: Das heißt, es gibt bestimmte Formen, die Sie ablehnen und von denen bekommt das Ungeborene irgendwie etwas mit, oder wie muss man sich das vorstellen?
Albring: Nein, das kann man so nicht sagen. Also seit Ende des letzten Jahrtausends gibt es eine Verordnung aus den USA, die festgestellt hat, wie hoch der thermische Index, das heißt also die mögliche Erwärmung des Kindes ist. Und die modernen Ultraschallgeräte ab Anfang des 21. Jahrhunderts haben alle diesen TI, diesen thermischen Index oben auf dem Bild stehen. Und wenn der unter 0,7 ist, ist die Ultraschall-Untersuchung unendlich durchzuführen, ohne dass dabei was passiert. Nur wenn Sie eine spezielle Untersuchung anwenden, die aber meist nicht am Baby gemacht wird, sondern an der Nabelschnur oder an der mütterlichen Gebärmutterarterie durchgeführt werden, dann brauchen sie eine höhere Energie. Aber diese Energie wird nur sekundenlang angewandt, und deshalb ist sie weder für das Kind schädlich noch für die Mama.
Geschulte Untersucher, geprüfte Geräte - keine Gefahr
Schroeder: Dann könnte man doch eigentlich auch sagen, dann kann man doch so normale Ultraschalluntersuchungen beim Ungeborenen doch auch ohne große Konsequenzen weiterführen?
Albring: Im Prinzip ja, aber sie sollte halt durch geschulte Anwender passieren. Ärzte müssen erstens eine Ultraschallprüfung machen. Wenn sie dann diese intensive Ultraschalluntersuchung machen wollen, müssen sie noch eine zusätzliche Prüfung machen. Dazu haben sie Geräte, die zertifiziert sind, die müssen abgenommen werden von den Behörden; vom Bundesumweltministerium oder von der BfArM, das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Dann werden diese Ultraschallgeräte permanent abgenommen, das heißt, sie müssen überprüft werden. Dazu müssen wir Spezialisten in die Praxis einladen, damit die schauen, dass diese Geräte auch in Ordnung sind. Und wenn man mit diesen Bedingungen - also geschulte Untersucher und hervorragende Qualität beim Ultraschallgerät dann Ultraschalluntersuchungen macht, dann sehen wir keinerlei Gefahr für die Kinder.
Schroeder: Aber es gibt offensichtlich auch welche, die das ungeschult machen - sind das Eltern, die sich irgendwie Ultraschallgeräte ausleihen, um dann selber das zu machen oder wo sind Ihre Bedenken?
Strahlenschutzverordnung verunsichert Patienten
Albring: Ja das ist richtig. Es gibt Eltern, die sich solche Geräte ausleihen, und es gibt auch Nichtärzte, die solche Untersuchungen machen, vielleicht im Hebammenbereich oder so. Und da fehlt es halt einerseits an der Expertise, andererseits an der Qualität der Geräte, sodass man nicht sehen kann oder nicht sicher sein kann, dass hier nicht doch irgendetwas dem Kind zum Schaden gereicht. Zumindest denkt der Gesetzgeber ja so, dass es sich beim Fötus um einen Dritten, einen Schutzbefohlenen handelt, der sich selber nicht dagegen wehren kann und auch keinen Nutzen aus dieser Ultraschallanwendung zieht. Und deshalb hat er das wohl ins Gesetz hineingeschrieben. Insgesamt muss man aber sagen, wir bedauern ein bisschen, dass es so da drinsteht. Denn das führt dazu, dass Land auf, Land ab die Patienten verunsichert sind - könnte denn eine Ultraschalluntersuchung jetzt meinem Kind schaden? Und da das nicht so ist - und weltweit werden ja jährlich solche Untersuchungen von allen Ultraschallgesellschaften, auch der Weltfederation und der europäischen Federation für Ultraschallmedizin überprüft, und wir haben bisher nie eine Studie finden können, die auch nur andeutungsweise eine Schädigung eines Kindes oder eines Organs des Kindes haben nachweisen können - insofern müssen wir sagen: Qualifizierter Ultraschall ist gut, nicht qualifizierten Ultraschall können wir nicht gutheißen, weil wir nicht wissen, mit welchen Methoden er gemacht wird.
Schroeder: Vielen Dank, das war der Präsident des Berufsverbandes der Frauenärzte, Dr. Christian Albring.
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