Der Eindruck ist gewaltig. Ein riesiger Saal und nur wenige Kunstwerke. Botticellis "Primavera", seine "Geburt der Venus" mit der nackten Schönheit, die ihr Geschlechtsteil mit ihren langen Haaren bedeckt, und einige andere Gemälde. Nur durch diese neue, großflächige Präsentation könne gewährleistet werden, erklärt Eike Schmidt, dass sich die Besuchermassen, die sich jeden Tag diesen beiden Bildern nähern, im Raum verlieren, dass das bisherige Gedrängel vor den Bildern verhindert wird. Vorher konnten diese Meisterwerke nur in einem Saal besichtigt werden, der so voll mit Gemälden war, das sich vor den Hauptwerken regelmäßig die Besuchermassen stauten.
Grundlegende Veränderungen der Uffizien
Der 50-jährige Kunsthistoriker aus Freiburg ist der deus ex machina dieser und anderer grundlegender Veränderungen in den Uffizien. Seit 2015 ist er Direktor dieser jährlich von mehr als zwei Millionen Menschen besuchten Institution.
Schmidt tat, was seine Vorgänger nicht getan hatten. Er rationalisierte zum einen die Verwaltung, bekämpfte bürokratischen Schlendrian und merzte typisch italienische Bürokratiekuriositäten aus: So existierten bis Schmidts Verwaltungsreform ganze elf Ausstellungsdepartments, die alle unabhängig voneinander Kunstwerke der Uffizien ausliehen:
"Es war dann auch so, dass manche Bilder mehreren Ausstellungen versprochen waren, und dann musste ich dann die Museumsdirektoren in Übersee anrufen und sagen, nein, also leider kann ich Ihnen dieses Bild nicht ausleihen, weil das gleiche Bild gleichzeitig in einer anderen Ausstellung in New York oder Tokio ist. So was sollte natürlich grundsätzlich nicht passieren."
Eike Schmidt wird angesichts der Zustände an den Uffizien sicherlich oft die Hände über dem Kopf zusammen geschlagen haben. Das sagt er nicht offen, denn Schmidt ist ein gewiefter Diplomat. Und der muss er auch sein in der Florentiner Schlangengrube, in der jeder noch so kleinste Reformansatz gleich von lokalen Medien, von eifersüchtigen Kulturmachern und Traditionalisten kritisiert wird. Denn in Italien dominiert immer noch die Idee, dass altehrwürdige Museen unantastbar sind. Private Institutionen haben diese Probleme nicht.
Museum geöffnet für Modeschauen, Tanz und Theater
Neben einer grundlegenden Verwaltungsreform setzt Schmidt derzeit auch eine museumsdidaktische Reform um. Auch hier hat er mit ziemlichen Widerständen zu kämpfen. Kritisiert wird der Deutsche in den Uffizien wegen fast jeder seiner Entscheidungen, dabei möchte er verkrustete Traditionen aufbrechen. Dass er die Uffizien auch für Modeschauen, für Tanz, Theater und Kino öffnete, einzelne Säle für private Veranstaltungen vermietet, um so seine nicht gerade üppigen Kassen zu füllen, kam einem Sakrileg gleich.
Doch der Erfolg spricht für sich: die Bürokratie arbeitet nun effektiver. Die Zusammenlegung von Verwaltungsabteiligen schuf neue Ausstellungsräume und die Neuhängung der berühmtesten Meisterwerke verhindert Staus in Sälen und Korridoren. Besucher begrüßen diese Neuheiten, wie zahllose positive Mails an das Museum beweisen.
Viel will er noch realisieren bis Ende 2019. Dann geht er nach Wien, als Direktor des Kunsthistorischen Museums. Schade eigentlich, meint Schmidt:
"In Florenz hätte ich noch zehn, 15 Jahre zu tun"
"Auch hier in Florenz hätte ich durchaus auch noch Ideen, Gedanken und sehe Notwendigkeiten, die würden mich die nächsten zehn, fünfzehn Jahre beschäftigen können."
Ein Weggang nicht aus Frust über jene Gegner, die ständig Sand in sein Reformgetriebe zu streuen versuchen. Sein Vertrag in Florenz ist auf nur vier Jahre begrenzt. Von der Möglichkeit einer Verlängerung war, so Eike Schmidt, nie die Rede:
"Außerdem könnte es natürlich auch die Richtung der italienischen Regierung sein, dass man doch lieber wieder die alten Kader stärken möchte, dass man vielleicht doch keine Nichtitaliener an der Spitze von italienischen Museen haben möchte, das ist ja durchaus auch denkbar."
Vor allem in einem Land, das von einer rechts-populistischen Regierung geführt wird, in der die so genannten Souveränisten den Ton angeben.
Vor diesem Hintergrund ist es nur verständlich, dass Eike Schmidt das Angebot aus Wien nicht ausschlug, sondern gleich zusagte. Leider - denn Italiens bürokratisch und museumsdidaktisch verkrustete Museen bräuchten viele Eike Schmidts.