Susanne Kuhlmann: "Befriedigend" – das ist die Gesamtnote für die Deutsche Bahn im aktuellen Bahntest des ökologisch orientierten Verkehrsclubs Deutschland, VCD. Das Marktforschungsinstitut Quotas hat sich in seinem Auftrag nach der Zufriedenheit der Kunden mit der Bahn erkundigt. Welche Kriterien sind entscheidend für ein gutes Bahnangebot? Das habe ich vor dieser Sendung Philipp Kosok gefragt, beim VCD zuständig für die Bahnpolitik.
Philipp Kosok: Die Fahrgäste meinen, entscheidend für sie ist vor allem die Fahrtdauer, möglichst schnell zu reisen, möglichst viele Direktverbindungen zu haben, auch die Höhe der Ticket-Preise, die Pünktlichkeit der Züge und natürlich die Klimaverträglichkeit der Deutschen Bahn. Was uns dabei auffiel ist: Vor allem mit zwei dieser fünf Punkte sind die Fahrgäste überhaupt nicht zufrieden. Das ist die Höhe der Ticket-Preise und die Pünktlichkeit. Man muss sich aber vor allem gut auskennen, um günstige Tickets zu bekommen. Man muss flexibel sein. Wer früh bucht, der kann durchaus sparen. Das zeigt unsere Analyse. Gerade die Sparpreise, die machen ganz erhebliche Rabatte möglich, und das oft noch bis zwei Tage vor der Abfahrt. Was ziemlich teuer bei der Bahn ist sind vor allem die sogenannten Flex-Preise, der Preis für eine Verbindung, die ich zu jeder Zeit buchen kann und dann auch in jeden Zug innerhalb des Tages einsteigen kann. Die sind ziemlich hoch und es hängt natürlich auch davon ab, wie man fragt. In unserer Befragung ist deutlich geworden: Die Reisenden, die wünschen sich vor allem für einkommensschwache Gruppen vergünstigte Bahntarife. Da ist es ja heute so, dass gerade mal Kinder unter 15 Jahren, die fahren kostenfrei. Das ist ein super Angebot. Aber darüber hinaus zahlen sie dann den vollen Preis. Menschen ohne Einkommen, Rentner, Auszubildende, auch die zahlen heute alle den vollen Preis. Da sehen die Fahrgäste tatsächlich Nachholbedarf. Das ist heute nicht wirklich fair und für jeden bezahlbar, diese Bahn.
"Sie haben ein hohes Sicherheitsgefühl"
Kuhlmann: Was spricht aus Fahrgastsicht für und was gegen die Bahn?
Kosok: Die Fahrgastzahlen, die steigen seit Jahren. Das heißt, viele sind zufrieden mit weiten Teilen des Angebotes. Beispielsweise die Fahrtdauer, dass man relativ schnell reisen kann im Vergleich zum Auto, das ist für viele schon ein ganz wichtiger Punkt. Verbessert hat sich die Deutsche Bahn im letzten Jahr vor allem in Sachen Buchungen per Apps und auf der Webseite. Damit sind die Fahrgäste heute auch zufrieden. Sie haben ein hohes Sicherheitsgefühl auf der Reise. Was sie bemängeln ist die Höhe der Ticket-Preise und vor allem die anhaltend hohe Unpünktlichkeit. Das sind die großen Baustellen der Bahn.
Kuhlmann: Welche Erfahrungen haben die Menschen denn mit anderen Bahnanbietern als der Deutschen Bahn gemacht?
Kosok: Das ist ganz interessant. Wir haben ja die Fahrgäste der Deutschen Bahn gefragt, und da sagt aber jeder fünfte, auch er ist schon mal mit anderen Bahnunternehmen auch im Fernverkehr gereist. Das sind beispielsweise FlixTrain in Deutschland oder auch der ÖBB Nightjet der österreichischen Bahn. Da ist für die Fahrgäste der meistens entscheidende Grund, dass sie anderswo preiswertere Angebote finden. Da wo sie unterwegs sind, da kann man oft noch mal sparen.
"Die Bahn ist bereits auf einem guten Weg"
Kuhlmann: Welche Schlüsse ziehen Sie nun aus diesen Testergebnissen?
Kosok: Ich denke, die Bahn ist bereits auf einem guten Weg. Gerade die Politik hat in den letzten Monaten einige Maßnahmen ergriffen. Die Politik ist vor allem gefragt, für jeden bezahlbare Preise herzustellen, denn das sehe ich auch als eine sozialstaatliche Aufgabe. Und die Pünktlichkeit, die wird erst besser werden, wenn das Schienennetz endlich modernisiert wird. Sprich: Da muss die Regierung endlich mehr investieren, als sie das die letzten Jahre getan hat.
Kuhlmann: Verglichen mit dem Test vom vorigen Jahr, stellen Sie Fortschritte fest?
Kosok: Wir haben dieses Jahr den Schwerpunkt bewusst auf die Preise gelegt, weil gerade diese Debatte so sehr am Laufen ist, ob nicht beispielsweise CO2 in Zukunft deutlich stärker bepreist werden muss. Deswegen wollten wir gerade hier gucken, ist denn zumindest die Bahn für alle bezahlbar, weil wir davon ausgehen, dass gerade eine bezahlbare Alternative zum Auto in Zukunft immer wichtiger wird. Deswegen dieses Jahr erstmals dieser große Schwerpunkt auf das Preissystem der Bahn.
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