Wen wollen "die Deutschen" als Nachfolger oder Nachfolgerin von CDU-Chefin Angela Merkel haben? Eine Frage, die Medien seit Montag auch mit Umfragen zu klären versuchen. Reporter von RTL und n-tv haben zum Beispiel auf der Straße gefragt, was Leute von Friedrich Merz halten: "Gar nicht, noch nie gehört."
Ein Problem nicht nur auf der Straße, sondern womöglich auch für die demoskopischen Umfragen. Kennen eigentlich genug Befragte schon die Kandidaten? Für die Spiegel-online-Umfrage etwa hat das Umfrageunternehmen Civey nicht nur am Dienstag, sondern auch schon am Montag Daten erhoben – ausschließlich online. Dabei hatten da nur Annegret Kramp-Karrenbauer und Jens Spahn ihre Kandidatur erklärt, die offizielle Erklärung von Friedrich Merz stand noch aus.
Civey fragte zwar ergebnisoffen: "Welcher Politiker sollte CDU-Chef werden?" - stellte aber neben den dreien auch den noch zögernden Armin Laschet zur Auswahl und drei CDU-Politiker, die gar nicht kandidieren wollen - was weder YouGov für das Handelsblatt noch Forsa für RTL und n-tv gemacht haben.
Gleiche Frage, andere Ergebnisse
Wenn es weniger Auswahlmöglichkeiten gibt, steigen die Werte bei den verbleibenden. Civey jedenfalls ermittelt eine Zustimmung von 34 Prozent für Friedrich Merz – und nennt das repräsentativ. Das nimmt auch Konkurrent YouGov in Anspruch, kommt für Merz aber nur auf 21 Prozent.
Die Fragestellung war deutlich ausführlicher: "Kanzlerin Angela Merkel hat angekündigt, auf dem CDU-Parteitag im Dezember nicht mehr für den Parteivorsitz kandidieren zu wollen. In der Nachfolgedebatte werden nun mehrere Namen gehandelt. Wer sollte Ihrer Meinung nach ab Dezember den CDU-Parteivorsitz übernehmen?"
Hat die ausführlichere Fragestellung einen Teil der Befragten zu anderen Antworten verleitet? Oder war es die Tatsache, dass YouGov ausschließlich am Dienstag gefragt hat, als wohl schon mehr Leute wussten, worum es ging?
Dagegen spricht, dass 48 Prozent der Befragten entweder einen anderen Kandidaten als die vier Favoriten bevorzugen oder mit "weiß nicht" geantwortet haben. Bei Civey waren es nur 34 Prozent. Beide Umfragen sollen repräsentativ sein. Aber können sie das, wenn Sie sich widersprechen?
Die Werte halten nicht lang
"Gar nicht, noch nie gehört." - Forsa hat für RTL und n-tv eine andere Fragestellung gewählt. Es fragte nicht nach dem besten Kandidaten, sondern nur danach, welche Kandidaten die Befragten für geeignet oder sehr geeignet halten. Die durften auch mehrmals antworten. Dass etwa die Hälfte sowohl Kramp-Karrenbauer als auch Merz für geeignet halten, sagt nichts über ihre Präferenzen. Das hat die RTL-Reporterin gestern allerdings selbst nicht verstanden und behauptete:
"46 Prozent der Deutschen halten Annegret Kramp-Karrenbauer für die beste Kandidatin, ganz dicht gefolgt eben von Friedrich Merz mit 45 Prozent. Weit abgeschlagen: Armin Laschet und Jens Spahn."
Die Werte halten ohnehin nicht lang. Sie sind höchstens ein Blitzlicht, die die Thesen des Tages stützen, und werden sich verändern. Denn die Kandidaten werden sich öffentlich zu ihren Plänen äußern. Je mehr die Bürger über sie erfahren, desto stärker kann sich ihre Wahrnehmung ändern. Von Friedrich Merz haben die meisten seit über einem Jahrzehnt nichts mehr gehört. Dass sich im Moment also Mehrheiten für ihn aussprechen, kann auch bloß daran liegen, dass er ihnen nicht negativ aufgefallen ist. Wählen können sie ihn sowieso nicht. Das dürfen nur CDU-Mitglieder.