"Sie sind von der Feuerpause ausgeschlossen: Im Kampf gegen die Al-Kaida nahe Al-Nursra-Front…"
Ausschnitt aus einem Fernsehbeitrag der ARD über einen vorläufigen Waffenstillstand im Bürgerkriegsland Syrien: Als die Kämpfer der Al-Nusra-Front zu sehen sind, heißt es links oben im Bild "Internet-Video."
"Da muss man darauf vertrauen, das mittlerweile die Zuschauer auch wissen, was Internet-Video bedeutet. Und das Internet-Video eben auch bedeutet: Man kann nicht 100-prozentig sicher sein, eigentlich sogar selten sicher sein, dass das Video zeigt, was es zu zeigen behauptet."
So Volker Schwenck, Fernsehkorrespondent im ARD-Studio Kairo. Sein Dilemma: Für seine Beiträge in Tagesschau und Tagesthemen benötigt er Bilder, ohne mit seinem Team in jedem Fall am Ort des Geschehens sein zu können. Daher stellt sich das Problem:
"In Krisensituationen oder bei Kriegen - dieses Bildmaterial ist sehr schwer auffindbar auch. Es wird einfach geteilt auf Social Media."
Und gelangt auf diesem Weg auch mangels anderer Alternativen in die Fernsehnachrichten in Deutschland. Das ganze hat aber, so Konrad Weber als Leiter des so genannten News-Labs beim Schweizer Fernsehen SRF in Zürich, einen Haken:
"Man sieht nicht, wer das genau aufgenommen hat, wo das genau aufgenommen wurde. Und das macht die Arbeit für die Journalisten nicht einfach. Man muss dann einfach jede Aufnahme verifizieren: Hat das an jenem Ort, zu jener Zeit, überhaupt stattgefunden?"
Tools gegen Fakes im Web
Das Tool Youtube Data Viewer von Amnesty International liest Daten rund um ein Youtube-Video aus, was Hinweise auf einen Fake aufdecken kann. Mit der umgekehrten Bildersuche bei Google kann herausgefunden werden, ob ein Foto zur tatsächlichen News passt. Mit einem Tool zur forensischen Bildanalyse will das Fraunhofer Institut Ermittlungen unterstützen – es kann aber auch kostenlos heruntergeladen werden. Auch Fotoforensics.com bietet Anhaltspunkte für Fake-Bilder. Mehr in Richtung genereller Fake-News geht es zum Beispiel bei Factcheck.org. Auch das Projekt Crosscheck versucht, Fake News aufzudecken. Ein deutschsprachiges Projekt dazu ist Minikarma.at. Das Webangebot Fakefilter bereitet das Thema für Schüler auf. (jst)
Das Tool Youtube Data Viewer von Amnesty International liest Daten rund um ein Youtube-Video aus, was Hinweise auf einen Fake aufdecken kann. Mit der umgekehrten Bildersuche bei Google kann herausgefunden werden, ob ein Foto zur tatsächlichen News passt. Mit einem Tool zur forensischen Bildanalyse will das Fraunhofer Institut Ermittlungen unterstützen – es kann aber auch kostenlos heruntergeladen werden. Auch Fotoforensics.com bietet Anhaltspunkte für Fake-Bilder. Mehr in Richtung genereller Fake-News geht es zum Beispiel bei Factcheck.org. Auch das Projekt Crosscheck versucht, Fake News aufzudecken. Ein deutschsprachiges Projekt dazu ist Minikarma.at. Das Webangebot Fakefilter bereitet das Thema für Schüler auf. (jst)
Am Ende muss dennoch aufwändig verifiziert werden, wenn ein Fake ausgeschlossen werden soll. jst
Das allerdings ist eine aufwendige Sisyphusarbeit, weiß ARD-Reporter Schwenck in Kairo:
"Auf Twitter werden solche Videos in Windeseile verbreitet. Doch Twitter ist gleichzeitig auch ein wichtiges Verifikationsinstrument. Weil es nämlich so schnell ist, gibt es auch sehr schnell Reaktionen: Also Fälschungen fallen sehr schnell auf."
Die Hinweise auf Twitter führen letztlich auf Websites und Profile von sozialen Netzwerken, auf denen solche Videos heruntergeladen werden können.
"Und dann beginnt die schwierige Aufgabe der Verifizierung. Schwierig vor allem dann, wenn es nur eine Quelle gibt, denn dann hat man keinen Vergleich."
Allerdings findet sich im Internet auch für solche Fälle Hilfe:
"Amnesty International hat eine interessante Internetadresse zur Verfügung gestellt. Da kann man Metadaten auslesen und zumindest überprüfen: Wann wurde dieses Video zum ersten Mal auf Youtube gepostet? Aber gleichwohl ist die Aussagekraft solcher Instrument sehr beschränkt."
Erklärvideo des News Lab beim Schweizer Fernsehsender SRF:
Denn: Hinzu kommt ein weiteres Problem: "Ein Fake ist nicht gleich ein Fake", so Konrad Weber vom SRF News-Lab in Zürich. Das Internetvideos über Bombardierungen, über Schießereien und Ähnliches von A bis Z gefälscht sind, geschieht relativ selten – schon alleine deshalb, weil bei solchen Ereignissen immer zahlreiche Beobachter das Geschehen mit ihrem Smartphone festhalten und irgendwo im Internet posten. Aber:
"Oft werden einfach Bildinhalte, sei es ein Video oder ein Foto, aus dem Kontext gerissen oder nochmals publiziert oder tauchen in Social Media in anderem Zusammenhang nochmals auf. Und das macht dann die Arbeit nochmals schwieriger, weil man als Erstes überhaupt mal herausfinden muss: Ist diese Aufnahme neu tatsächlich? Oder ist es eine alte Aufnahme, die nochmals neu an die Oberfläche gespült wurde?"
Doch auch hierzu gibt es Internettools, mit denen sich automatisch überprüfen lässt, ob und wann ein Internetvideo schon einmal aufgetaucht ist oder nicht.
Ein weiteres Problem: Häufig zeigen Internetvideos nur bewusst ausgewählte Teilaspekte des Geschehens. Dasselbe gilt für Bilder, die Fernsehanstalten anderer Länder zur Verfügung stellen – Bilder, die ganz gezielt bestimmte Wirkungen erzeugen sollen. Konrad Weber erläutert dies am Beispiel des Konfliktes zwischen den Palästinensern und Israel:
"Bei den palästinensischen Bildern sah man in letzter Zeit oft die verletzten Kinder oder Zivilpersonen. Oder umgekehrt: Auf der israelischen Seite versucht man dann zu zeigen, wie präzise man die Sachen dann auch eben getroffen hat, um so wiederum zu beweisen, dass man eigentlich keine Zivilisten verletzt hat. Da steht dann auch ein bisschen die Wahrheit auf der Kippe."
Hoffnung auf den mündigen Zuschauer
Und genau deshalb gilt für ARD-Korrespondent Volker Schwenck stets der Grundsatz: Der Zuschauer muss wissen, dass es sich um Bildmaterial aus fremden Quellen handelt.
"Häufig ist die einfachste Form, dass man sagt: Die Bilder sollen dies und das sagen. Sie wurden im Internet verbreitet und könne nicht unabhängig verifiziert werden."
In der Hoffnung, dass die Zuschauer dies auch richtig einordnen. Den richtigen Riecher dafür entwickeln, was ein Korrespondent an fremdem Videomaterial verwenden kann und was nicht – das bedeutet nach Ansicht von Konrad Weber vom News-Lab des Schweizer Fernsehens:
"Die Aufgabe des Journalisten wird auf jeden Fall vielfältiger und auch wichtiger insofern, als dass man aufzeigen kann, weshalb eben wichtig ist, dass solche Informationen überprüft werden. Ich bin aber auch ein bisschen zweifelnd, ob es uns gelingt, der Gesellschaft dies aufzuzeigen, weshalb es so wichtig ist."
Zweifel, die auch ARD-Korrespondent Volker Schwenck in Kairo teilt: Denn:
"Viele Leute beziehen die Informationen ausschließlich aus dem Internet, die nicht überprüft sind. Sie bauen sich daraus Theorien, Verschwörungstheorien. Was will man da noch sagen? Das ist etwas, was einen natürlich frustriert und auch trifft."