Die Entscheidung fällt den Verfassungsrichtern offenbar leichter als gedacht. Im Mai beendeten sie die mündliche Verhandlung über die Rundfunkgebühr nach einem Tag – obwohl vorsorglich ein zweiter angesetzt war. Ihr Urteil fällen die Richter zwei Monate später nun ungewöhnlich rasch. Was immer das in der Sache heißen mag.
Die Sache – das ist die konkrete Art der Finanzierung von ARD, ZDF und Deutschlandradio. Das derzeitige System der Rundfunkgebühr besteht seit 2013. Damals entschieden die Bundesländer: Es soll nicht mehr darauf ankommen, ob in einer Wohnung ein Fernseher, ein Radio oder – zuletzt auch – ein internetfähiger Computer steht. Stattdessen fällt der Beitrag als sogenannte Haushaltsabgabe pro Wohnung an. Dieter Dörr, der rechtliche Vertreter der Bundesländer, gibt zwei Gründe dafür an:
"Mehr und mehr an sich Gebührenpflichtige hatten sich der Gebührenpflicht entzogen und es ist technisch kaum mehr feststellbar, was denn ein Rundfunkgerät ist."
Das gelte erst recht in Zeiten von Tablets und Smartphones. Wenn aber jeder zahlt, der wohnt, dann ist das kein Beitrag mehr, findet ein Teil der Kläger. Zwei davon vertritt der Anwalt Thomas Koblenzer. Zum Beitrag gehören Leistung und Gegenleistung.
"Das bedingt eigentlich immer, dass ein Beitragspflichtiger auch die Chance haben muss, durch Nichtnutzung sich der Beitragspflicht zu entziehen."
Wie der Rundfunkbeitrag verwendet wird:
Sie bezahlen monatlich einen Rundfunkbeitrag von 17,50 Euro. Hier erfahren Sie, wie Deutschlandradio seinen Anteil in Höhe von rund 50 Cent verwendet.
Sie bezahlen monatlich einen Rundfunkbeitrag von 17,50 Euro. Hier erfahren Sie, wie Deutschlandradio seinen Anteil in Höhe von rund 50 Cent verwendet.
Kritiker: Kein Beitrag, sondern Steuer
In Wirklichkeit, so die Kritiker, handele es sich deshalb auch gar nicht um einen Beitrag, sondern um eine Steuer. Die scheinbar nur formale Unterscheidung hat große Auswirkungen. Denn welche Steuern die Länder erheben dürfen, ist festgelegt – eine Rundfunksteuer gehört nicht dazu.
Daran allerdings dürfte die öffentlich-rechtliche Finanzierung nicht scheitern. Die Richter machten in der Verhandlung im Mai deutlich: Das Programmangebot von ARD, ZDF und Deutschlandradio ist Leistung genug. Ob man dieses Angebot dann auch wahrnimmt oder nicht, darauf komme es nicht an, meinte etwa der Senatsvorsitzende Ferdinand Kirchhof. Trotzdem: Auch für die Richter blieben grundlegende Fragen. Auch die, die der Klägeranwalt Koblenzer formuliert:
"Ob die Anknüpfung an die Wohnung eigentlich der richtige Maßstab ist und hier den Sondervorteil Nutzung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks abzuschöpfen."
Alleinerziehende zahlen so viel wie Doppelverdienerpärchen
Diese Anknüpfung an die Wohnung bedeutet auch: Die Alleinerziehende zahlt genauso viel wie das Doppelverdienerpärchen. Ist das gerecht, fragte etwa der Berichterstatter in dem Verfahren Andreas Paulus. Und auch andere hakten nach, ob es nicht besser sei, den Beitrag nach Einwohnermelderegister pro Kopf zu erheben. Dann fiele auch ein weiterer Kritikpunkt weg: Einer der Kläger fühlt sich übermäßig belastet. Er lebt allein, in einer Haupt- und einer Zweitwohnung. Der Beitrag fällt zwei Mal an. Radio hören könne er aber nur jeweils an einem Ort, so der Kläger. Ähnlich auch der Autovermieter Sixt. Der kritisiert, dass auch pro Mietwagen eine Teilgebühr anfällt. Christoph Degenhardt vertritt das Unternehmen:
"Derjenige, der ein Auto mietet und fährt, für den wird Rundfunkbeitrag bezahlt. Er hat aber vermutlich schon für die Wohnung den Beitrag bezahlt und für den Betrieb und das Büro, in dem er arbeitet, wurde ebenfalls der Beitrag bezahlt."
Umstritten ist auch die Abgabe für Firmenwagen. Im Namen der Bundesländer rechtfertigt sie Dieter Dörr:
"Auch Unternehemen profitieren von den Aufgaben, die der öffentlich-rechtliche Rundfunk erfüllt."
Finanzierungsfrage steht im Fokus
Um das große Ganze, um das System des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, sollte es neben diesen Finanzierungsfragen in Karlsruhe nicht gehen. Und so übte in der Verhandlung auch nur einer der Beschwerdeführer grundsätzliche Kritik. Wegen der Belastung durch den Beitrag könne er nicht die Zeitungen kaufen, aus denen er sich informieren wolle. Noch nie sei der öffentlich-rechtliche Rundfunk so wichtig gewesen wie heute, hielt dem der Intendant des Deutschlandradio Stefan Raue entgegen:
"Es ist nicht nur die Überzeugung derjenigen, die für die Öffentlich-Rechtlichen arbeiten, dass unsere Gesellschaft immer weiter auseinanderfällt. Da hat ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk, der alle ansprechen möchte, mit einem reichhaltigen Angebot, nach meiner Meinung eine große Bedeutung für die Integration einer Gesamtgesellschaft."
Ob sich die Richter in ihrem Urteil zum Abgabenrecht auch solcher größerer Fragen annehmen, ist offen.