Energiewendeminister Robert Habeck breitet eine große Landkarte auf dem Schreibtisch in seinem Büro aus – sie zeigt die geplanten Trassen für die 380-KV-Leitung zwischen Niebüll und Brunsbüttel.
"Es ist eine '100%-erneuerbarer-Strom-Leitung' – das haben wir, glaube ich, nirgendwo anders in Deutschland, dass diese Leitung ausschließlich gebaut wird, um Teil der Energiewende zu sein. Erneuerbaren Strom einzusammeln, im Wesentlichen eben onshore-Strom, zu bündeln und abzutransportieren nach Süddeutschland. Und das ist eigentlich das besondere an der Leitung."
Der Zeitplan für das Vorhaben steht bereits, die Bauabschnitte sind festgelegt – der Minister hat eine recht klare Vorstellung davon, wie es konkret weitergehen soll.
"Die Planung ist im Grunde die, dass wir alle dreiviertel Jahre einen neuen Abschnitt in die Planfeststellung nehmen und dann dauert das so knappe zwei Jahre in der Planfeststellung, so dass wir sukzessive ab 2014 anfangen vielleicht die Leitung zu bauen und dann 2017 alle Leitungen im Bau, zumindest in der Planfeststellung haben – und ich hoffe, dass dann 2018 das Ganze steht und funktioniert."
Ein ambitionierter Zeitplan – Verzögerungen durch langwierige Gerichtsverfahren z.B. im Zuge der Planfeststellung wären Gift für dieses Projekt. Deshalb setzt der federführende Netzbetreiber TenneT auf das Modell Bürgerbeteiligung: In erster Linie direkt betroffene Anwohner der Trasse sollen die Gelegenheit erhalten, sich an der Finanzierung zu beteiligen. 1000 € Mindesteinlage, ein Zinssatz von viereinhalb bis fünf Prozent – das niederländische Unternehmen will es den Bewohnern der Kreise Dithmarschen und Nordfriesland erleichtern, sich für die Leitung zu erwärmen. Und daran tut TenneT gut, meint auch der Dithmarscher Landrat Jörn Klimant.
"Das Zauberwort für das Thema Energiewende ist für mich das Thema Akzeptanz. Und ich bin doch schon recht zuversichtlich, dass das Angebot an die Menschen, speziell die, die dann an der Trasse wohnen – die sollen ja primär auch die Chance haben dort sich zu beteiligen – dass diese Menschen so ein Angebot auch aufnehmen. Das ist ein bisschen so wie bei den Bürgerwindparks – die Mühle, die mich eben noch gestört hat, die sehe ich mit einem Mal mit ganz anderen Augen, wenn ich Teilhaber dieser Mühle bin."
Die Details sind noch nicht geklärt, das wolle man in den kommenden Wochen auf mehreren Infoveranstaltungen in der Region tun, teilte eine Sprecherin von TenneT mit. Insgesamt 40 Mio. € wolle man über die Bürgerbeteiligung einnehmen – bei Gesamtkosten für das Projekt von mehreren hundert Millionen. Das zeigt ganz deutlich: Es geht nicht um Geldbeschaffung sondern um Akzeptanz. Und die ist nicht so einfach zu bekommen. Andre Tesch von der Bürgerinitiative "Westküste – trassenfrei" hält nichts von dem "unmoralischen Angebot" – er traut den Plänen von TenneT nicht über den Weg.
"Ich denke, die TenneT steckt, was diese Idee angeht, überhaupt noch in den Kinderschuhen und ich bezeichne es tatsächlich erst einmal als einen Werbegag. Letztendlich habe ich auch ganz große Bedenken, dass es die Bürger sind, die von der Leitung betroffen sind, die sich beteiligen. Es gibt natürlich auch viele andere Gesellschaften und Unternehmen, die dann in den Startlöchern stehen, um sich hier die Anteile zu erkaufen. Wie können wir gewährleisten, dass nur diejenigen die betroffen sind, sich auch hier an diesem Beteiligungsmodell beteiligen können – das wissen wir alles noch nicht."
Ganz anders sieht das Hans-Peter Witt. Der Landwirt hat sich schon früh mit dem Boom der erneuerbaren Energien in der Region arrangiert – von seinem Haus schaut er auf jede Menge Windräder. Auch er verweist – wie schon der Landrat von Dithmarschen – auf das Beispiel der Bürgerwindparks: Finanzielle Beteiligung als Beruhigungspille, das hat doch schon mal tadellos funktioniert.
"Also das ist ja so, dass tatsächlich mit den Bürgerwindparks hier bei uns an der Westküste sehr gute Erfahrungen gesammelt worden sind, und das führt ganz automatisch zu einer Akzeptanzsteigerung. Wir werden uns mit Sicherheit damit intensiv beschäftigen und dieses Angebot prüfen. Wir wissen ja auch, dass die Netzbetreiber mit diesen Netzen Geld verdienen können – und warum sollen wir als Bürger da nicht beteiligt werden."
Ganz nüchtern-sachlich, ganz pragmatisch – so sieht das eben einer, der schon an der einen oder anderen Windmühle in der Region verdient. Pro und Kontra – die Meinungen in der Region zu dem Projekt "Bürgerstromleitung" liegen weit auseinander. Trotzdem hofft Minister Habeck, dass es zu einem Erfolg wird – und vielleicht sogar zu einem Vorbild für den Rest der Republik.
"Die Bürgerwindparks wurden hier an der Westküste erfunden, jetzt kommt die Bürgerleitung – also ich sehe das tatsächlich als entscheidendes Versuchslabor, jetzt für die nächsten zwei, drei Jahre zu schauen, welche Erfahrungen man damit sammelt, und dann sollte es im besten Falle übertragbar sein auf weite Strecken in Deutschland. Also da bin ich tatsächlich ganz schön selbstbewusst und sage: Das ist wichtig für die Energiewende und das ist kein Zufall, dass das hier im Norden passiert."
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Einfluss von Bürgern auf Trassenverlauf
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Der Zeitplan für das Vorhaben steht bereits, die Bauabschnitte sind festgelegt – der Minister hat eine recht klare Vorstellung davon, wie es konkret weitergehen soll.
"Die Planung ist im Grunde die, dass wir alle dreiviertel Jahre einen neuen Abschnitt in die Planfeststellung nehmen und dann dauert das so knappe zwei Jahre in der Planfeststellung, so dass wir sukzessive ab 2014 anfangen vielleicht die Leitung zu bauen und dann 2017 alle Leitungen im Bau, zumindest in der Planfeststellung haben – und ich hoffe, dass dann 2018 das Ganze steht und funktioniert."
Ein ambitionierter Zeitplan – Verzögerungen durch langwierige Gerichtsverfahren z.B. im Zuge der Planfeststellung wären Gift für dieses Projekt. Deshalb setzt der federführende Netzbetreiber TenneT auf das Modell Bürgerbeteiligung: In erster Linie direkt betroffene Anwohner der Trasse sollen die Gelegenheit erhalten, sich an der Finanzierung zu beteiligen. 1000 € Mindesteinlage, ein Zinssatz von viereinhalb bis fünf Prozent – das niederländische Unternehmen will es den Bewohnern der Kreise Dithmarschen und Nordfriesland erleichtern, sich für die Leitung zu erwärmen. Und daran tut TenneT gut, meint auch der Dithmarscher Landrat Jörn Klimant.
"Das Zauberwort für das Thema Energiewende ist für mich das Thema Akzeptanz. Und ich bin doch schon recht zuversichtlich, dass das Angebot an die Menschen, speziell die, die dann an der Trasse wohnen – die sollen ja primär auch die Chance haben dort sich zu beteiligen – dass diese Menschen so ein Angebot auch aufnehmen. Das ist ein bisschen so wie bei den Bürgerwindparks – die Mühle, die mich eben noch gestört hat, die sehe ich mit einem Mal mit ganz anderen Augen, wenn ich Teilhaber dieser Mühle bin."
Die Details sind noch nicht geklärt, das wolle man in den kommenden Wochen auf mehreren Infoveranstaltungen in der Region tun, teilte eine Sprecherin von TenneT mit. Insgesamt 40 Mio. € wolle man über die Bürgerbeteiligung einnehmen – bei Gesamtkosten für das Projekt von mehreren hundert Millionen. Das zeigt ganz deutlich: Es geht nicht um Geldbeschaffung sondern um Akzeptanz. Und die ist nicht so einfach zu bekommen. Andre Tesch von der Bürgerinitiative "Westküste – trassenfrei" hält nichts von dem "unmoralischen Angebot" – er traut den Plänen von TenneT nicht über den Weg.
"Ich denke, die TenneT steckt, was diese Idee angeht, überhaupt noch in den Kinderschuhen und ich bezeichne es tatsächlich erst einmal als einen Werbegag. Letztendlich habe ich auch ganz große Bedenken, dass es die Bürger sind, die von der Leitung betroffen sind, die sich beteiligen. Es gibt natürlich auch viele andere Gesellschaften und Unternehmen, die dann in den Startlöchern stehen, um sich hier die Anteile zu erkaufen. Wie können wir gewährleisten, dass nur diejenigen die betroffen sind, sich auch hier an diesem Beteiligungsmodell beteiligen können – das wissen wir alles noch nicht."
Ganz anders sieht das Hans-Peter Witt. Der Landwirt hat sich schon früh mit dem Boom der erneuerbaren Energien in der Region arrangiert – von seinem Haus schaut er auf jede Menge Windräder. Auch er verweist – wie schon der Landrat von Dithmarschen – auf das Beispiel der Bürgerwindparks: Finanzielle Beteiligung als Beruhigungspille, das hat doch schon mal tadellos funktioniert.
"Also das ist ja so, dass tatsächlich mit den Bürgerwindparks hier bei uns an der Westküste sehr gute Erfahrungen gesammelt worden sind, und das führt ganz automatisch zu einer Akzeptanzsteigerung. Wir werden uns mit Sicherheit damit intensiv beschäftigen und dieses Angebot prüfen. Wir wissen ja auch, dass die Netzbetreiber mit diesen Netzen Geld verdienen können – und warum sollen wir als Bürger da nicht beteiligt werden."
Ganz nüchtern-sachlich, ganz pragmatisch – so sieht das eben einer, der schon an der einen oder anderen Windmühle in der Region verdient. Pro und Kontra – die Meinungen in der Region zu dem Projekt "Bürgerstromleitung" liegen weit auseinander. Trotzdem hofft Minister Habeck, dass es zu einem Erfolg wird – und vielleicht sogar zu einem Vorbild für den Rest der Republik.
"Die Bürgerwindparks wurden hier an der Westküste erfunden, jetzt kommt die Bürgerleitung – also ich sehe das tatsächlich als entscheidendes Versuchslabor, jetzt für die nächsten zwei, drei Jahre zu schauen, welche Erfahrungen man damit sammelt, und dann sollte es im besten Falle übertragbar sein auf weite Strecken in Deutschland. Also da bin ich tatsächlich ganz schön selbstbewusst und sage: Das ist wichtig für die Energiewende und das ist kein Zufall, dass das hier im Norden passiert."
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