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Umstrittene Forschung

Kaum eine forschungspolitische Frage ist so umstritten wie der Umgang mit embryonalen Stammzellen. Die Mehrzahl der Stammzellenforscher in Deutschland fordert von der Politik, die seit 2002 geltende Stichtagsregelung aufzuheben oder wenigstens zu verschieben, damit neue Zellen importiert werden dürfen.

Von Michael Lange |
    Das Life and Brain-Zentrum auf dem Gelände der Bonner Universitätsklinik ist eines der deutschen Zentren für Stammzellenforschung. Ein neues Gebäude. Viel Glas und Beton, direkt am Waldrand. Im vierten Stock arbeiten etwa 15 Wissenschaftler und Laboranten im Institut für Rekonstruktive Neurobiologie.

    Die Zellen wachsen in einem dunklen Brutschrank bei 37 Grad Celsius in einem Labor im vierten Stock. Sie schwimmen in einer rosa Flüssigkeit.

    Der Institutsleiter Oliver Brüstle nimmt eine der Schalen aus dem Brutschrank heraus und legt sie unter das Mikroskop.

    " Wenn Sie jetzt durchschauen, können Sie sehen: Das sind kleine Kolonien von Zellen, von unreifen, embryonalen Stammzellen. Das ist eben das Zellkulturstadium, in dem wir die Zellen zu sehr großen Mengen vermehren können, in einem Zustand, in dem die Zellen immer noch alle Körpergewebe bilden können. "

    In der Forschung gelten embryonale Stammzellen nach wie vor als Hoffnungsträger. Sie lassen sich über viele Jahre hinweg immer weiter vermehren und bleiben dabei vielseitig und anpassungsfähig. Embryonale Stammzellen können sich im Labor oder auch im Körper in unterschiedliche Zell- und Gewebetypen verwandeln: Zu Nervengewebe, genauso wie zu Haut-, Muskel- oder Leberzellen. Hunderte von Forschergruppen auf der ganzen Welt arbeiten mit Stammzellen, die aus menschlichen Embryonen gewonnen wurden.

    Seit mehr als fünf Jahren wachsen embryonale Stammzellen des Menschen auf dem Bonner Venusberg. Sie wurden nach der Entscheidung des deutschen Bundestages über die begrenzte Freigabe des Stammzellenimports im Jahr 2002 zunächst aus Israel und später aus den USA importiert. Bis heute wurden vom Robert-Koch-Institut in Berlin 21 Importgenehmigungen erteilt.

    Damit die Stammzellen wachsen und sich vermehren, müssen sie ständig gepflegt und gefüttert werden. Das heißt: Sie werden in neue Schalen übertragen und mit frischer Nährlösung versorgt. Diese Arbeit erledigten bis vor zwei Jahren Laboranten, heute macht das ein Robotersystem.

    In einem Glaskasten, groß genug, dass ein Kleinwagen darin Platz fände, werden die Zellen automatisch verteilt und mit Nährstoffen versorgt. Flüssigkeiten fließen durch dünne Schläuche, kleine Plastik-Platten bewegen sich auf Fließbändern. Die Zellbiologin Stefanie Terstegge beaufsichtigt den Roboter.

    " Die Zellen waschen, Enzym dazugeben, das die Zellen ablöst. Dann können die Zellen auf den Heizschüttler gestellt werden. Dann können die Zellen abgespült werden, zentrifugiert, ... und wieder auf die Platten verteilt werden. "

    Eine richtige kleine Stammzellenfabrik. Alles funktioniert automatisch unter sterilen Bedingungen. Pilze oder Bakterien könnten die wertvollen, empfindlichen Zellen in kürzester Zeit zerstören.

    Den Bonner Wissenschaftlern ist es gelungen, aus embryonalen Stammzellen Vorläuferzellen für Gehirnzellen zu machen. Diese Zellen haben sie dann in Mäusegehirne verpflanzt. Dort ist aus den Stammzellen neues Nervengewebe entstanden, erklärt Oliver Brüstle.

    " Wenn man die Erfolge der letzten Jahre anschaut, aus embryonalen Stammzellen hoch aufgereinigte, gewebespezifische Zellen zu gewinnen, dann sind die beachtlich. Es ist heute möglich, dopaminbildende Neurone zu gewinnen für die Behandlung der Parkinson-Erkrankung am Tiermodell. Es ist möglich, Herzmuskelzellen zu gewinnen. Es ist möglich, insulinbildende Zellen zu gewinnen. Also eine ganz breite Palette von Zelltypen, die medizinisch hoch relevant sind und deren Gewinnung in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht hat. "

    Dass zur Herstellung der embryonalen Stammzellen in den USA, in Australien oder in Israel Embryonen getötet wurden, damit hat der Katholik und Familienvater Oliver Brüstle kein Problem. Es gehe nicht um das Töten menschlichen Lebens, sondern um die Nutzung befruchteter Eizellen, die seit vielen Jahren in Gefriertruhen von Befruchtungskliniken lagern, erklärt er. Dass diese frühen Embryonen irgendwann Verwendung finden, um eine Schwangerschaft herbeizuführen, sei ohnehin ausgeschlossen.

    " Auf der einen Seite ist es natürlich so, dass die überzähligen befruchteten Eizellen verworfen werden. Man kann sie schließlich nicht über Jahrzehnte in immer stärker ansteigenden Zahlen aufbewahren. ... Für mich als Mediziner ist es sehr schwer nachzuvollziehen, diese Zellen nicht zu nutzen und sie stattdessen wegzuwerfen. Ich sehe es geradezu als Pflicht an, zu versuchen, wenigstens aus diesen überzähligen Zellen therapeutisch, medizinisch relevante Zell-Linien zu generieren, um anderen Menschen letzten Endes damit zu helfen. "

    Noch allerdings geht es um Grundlagenforschung. Von den ersten Tests am Menschen sind die Wissenschaftler immer noch weit entfernt. Ein Krebsrisiko ist nicht auszuschließen. Was die Forscher nun brauchen, sind neue Zellen. Die alten Zell-Linien sind mittlerweile über sechs Jahre alt. Tierische Viren haben sich in den Zellen vermehrt, und immer mehr Erbgutveränderungen haben sich angehäuft.

    Nur mit neuen, besseren Zellen könne das Bonner Team konkurrenzfähig bleiben und mit führenden Arbeitsgruppen im Ausland kooperieren, sagt Oliver Brüstle.

    " Man muss sich das so vorstellen: Wenn ein Kollege in Finnland, Schweden oder Großbritannien Jahre investiert hat, um neue Stammzellen zu etablieren und diese jetzt für seine Forschungsarbeiten einsetzt, dann möchte er natürlich international auf Grundlage dieser Zellen kooperieren und nicht mit Zellen arbeiten, die aus den USA oder Australien importiert wurden, und die heute als qualitativ minderwertig angesehen werden. "

    Weltweit existieren heute über fünfhundert Stammzellen-Linien. Die deutschen Forscher jedoch dürfen nur einige wenige Zell-Linien importieren. Nämlich solche, die vor dem 1. Januar 2002 im Ausland aus Embryonen gewonnen wurden. Das hat der Deutsche Bundestag nach ausführlichen Beratungen, Anhörungen und einer Debatte, die als Sternstunde des Parlaments bezeichnet wurde, im Jahr 2002 entschieden. So sollte verhindert werden, dass die Nachfrage aus Deutschland dazu führt, dass im Ausland zusätzliche Embryonen getötet werden.

    Die Mehrzahl der Stammzellenforscher in Deutschland fordert jetzt von der Politik, den Stichtag aufzuheben oder wenigstens zu verschieben, damit neue Zellen importiert werden dürfen. Auch die Deutsche Forschungsgemeinschaft DFG hat sich für eine Aufhebung des Stichtages ausgesprochen. Der Mikrobiologe Jörg Hacker ist Präsident des Robert-Koch-Instituts in Berlin und Vize-Präsident der DFG:

    " Die Position ist, dass die DFG vorschlägt, dass in Deutschland Zellen verwendet werden dürfen, die im Ausland ebenfalls benutzt werden, und zwar ohne einen Stichtag. Die DFG hat weiter empfohlen, dass die Gültigkeit des Stammzellengesetzes auf Deutschland beschränkt werden sollte, um Rechtsunsicherheiten vorzubeugen, und sie hat drittens empfohlen, diese Stammzellen-Linien für präventive, diagnostische und therapeutische Zwecke zuzulassen. "

    Die Forschung in Deutschland mit embryonalen Stammzellen soll weiterhin möglich sein und konkurrenzfähig bleiben. Das ist das Ziel der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Weltweit umstrittene Forschungen wie das so genannte "Therapeutische Klonen", also die Herstellung von Embryonen eigens für die Forschung soll weiterhin verboten bleiben. Genauso wie die Herstellung von Embryonen mit tierischen Eizellen, so genannte Chimären, die erst vor wenigen Tagen in Großbritannien für Aufsehen sorgte.

    " In Deutschland gilt das Embryonenschutzgesetz, und auch die DFG hat sich immer dazu bekannt. Und nach dem Embryonenschutzgesetz ist es nicht erlaubt, Stammzell-Linien in Deutschland anzulegen. Und es ist auch nicht erlaubt, ausländische Forscher anzustiften, wie es heißt, Stammzell-Linien im Ausland anzulegen. Der Stichtag sollte dem vorbeugen. Nun ist es so, dass seit dem Jahr 2002 circa 500 Linien im Ausland angelegt wurden, ohne dass deutsche Forscher Einfluss genommen haben, so dass die DFG der Meinung ist, dass dieser Stichtag nicht nötig ist, um dieses zu verhindern. Es ist aber nun so, dass es eine Kompromisslinie im Parlament gibt, einen Antrag der diskutiert wird und sehr viel Zulauf bekommt, einen neuen Stichtag, nicht den 1.1.2002, sondern den 1.5.2007. Und ein neuer Stichtag wäre auf jeden Fall besser als die jetzige Situation mit dem alten Stichtag. "

    Die Forderung der Wissenschaftsorganisationen hat im vergangenen Jahr eine erneute politische Debatte ausgelöst. Nach Beratungen im Vorfeld und zwei Anhörungen von Experten bildeten sich fraktionsübergreifend Gruppen von Abgeordneten. Vier verschiedene Anträge wurden eingebracht.

    Eine weitgehende Freigabe des Importes embryonaler Stammzellen unter Aufrechterhaltung des Embryonenschutzes in Deutschland, so wie von der DFG gefordert, befürwortet eine kleine Gruppe um die FDP-Abgeordnete Ulrike Flach.

    " Das Importgesetz enthält eine Kriminalisierung der Forscher, die es den Forschern noch nicht einmal ermöglicht, im Ausland mit anderen Forschern gemeinsam zu arbeiten und dann die Ergebnisse hier im Lande zu verwerten. "

    Wie schon bei der letzten Diskussion 2002 setzt sich der CDU-Bundestagsabgeordnete Hubert Hüppe gemeinsam mit Mitstreitern aus verschiedenen Fraktionen für ein generelles Verbot der Forschung mit embryonalen Stammzellen in Deutschland ein.

    " Also wenn man heute schaut, was uns vor vielen Jahren versprochen worden ist, vor allen Dingen von Herrn Brüstle im Jahr 2000, welche Visionen er gemalt hat, dann muss man sagen, das Ergebnis ist gleich null. Es gibt keine therapeutische Studie weltweit an Menschen mit embryonalen Stammzellen. Es gibt allerdings 1700 Studien, die allein bei der NIH in Amerika gemeldet und aufgeführt sind, mit adulten Stammzellen, für die man keinen Embryo töten muss. "

    Adulte Stammzellen besitzt jeder Mensch in seinem Körper. Sie sorgen dafür, dass die verschiedenen Gewebe sich erneuern können. Blutstammzellen bilden neue Blutzellen, Hautstammzellen bilden neue Haut und so weiter. Insbesondere Blutstammzellen werden bereits vielfach in der medizinischen Praxis eingesetzt: In der Krebstherapie, aber auch zur Behandlung nach Herzinfarkten. Wissenschaftler, die sich mit adulten Stammzellen beschäftigen, sehen adulte und embryonale Stammzellen nicht als Konkurrenten. Sie hoffen, dass die Forschung mit embryonalen Stammzellen auch die Nutzbarkeit der adulten Stammzellen verbessert.

    Bei einer Anhörung vor dem Deutschen Bundestag sprach sich die Mehrheit der Mediziner und Naturwissenschaftler deshalb für die Forschung an embryonalen Stammzellen und eine Lockerung der Importbeschränkungen aus. Nach der Anhörung äußerte sich die Grünen-Abgeordnete Priska Hinz. Sie ist für einen Antrag, der von Abgeordneten unterschiedlicher Fraktionen unterstützt wird.

    " Wir sind jedenfalls nicht überzeugt worden in der Anhörung davon, dass an der geltenden Stichtagsregelung etwas verändert werden sollte. Im Gegensatz: Wir sind noch fester überzeugt davon, dass der Stichtag sich bewährt hat und dass die Zukunftsmusik in der adulten Stammzellenforschung spielt und nicht in der embryonalen Stammzellenforschung. "

    Dieser Antrag auf Beibehaltung des Stichtages hat bei der Abstimmung im Deutschen Bundestag gute Erfolgsaussichten. Dann bliebe alles beim Alten, und nur embryonale Stammzellen, die vor dem 1.Januar 2002 aus Embryonen erzeugt wurden, dürften nach Deutschland importiert werden.

    Als Favorit gilt allerdings ein Fraktionsübergreifender Antrag, der sich für eine einmalige Verschiebung des Stichtages ausspricht: auf den 1. Mai 2007. Das würde bedeuten, dass neuere Zell-Linien, die aber mindestens etwa ein Jahr alt sind, unter festgelegten Bedingungen nach Deutschland importiert werden dürfen.

    Diesem Antrag schloss sich auch die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Annette Schavan, CDU, an. Nach reichlicher Abwägung aller Argumente, wie sie immer wieder betont.

    " Abwägen heißt, dass am Ende natürlich keine hundert zu null Entscheidung herauskommt, sondern immer Entscheidungen, die man auch kritisch befragen kann. Ich habe schon mehrfach gesagt: Dieses Thema ist für mich eines, das mich wirklich innerlich zerreißt. Aber ich kann nicht die Augen davor verschließen, dass dieses Gesetz gemacht worden ist 2002, und in der Logik dieses Gesetzes muss ich jetzt weiter denken. Ich kann mich nicht außerhalb dieser Gesetzeswirklichkeit stellen und glaube deshalb, dass ich das auch in der Abwägung als katholische Christin verantworten kann. "

    Annette Schavan bezieht sich auf ein Gesetz zum Stammzellenimport, auf das sich 2002 eine Mehrheit der Bundestagsabgeordneten einigen konnte. Durch die Festlegung eines Stichtages gelang es, den Embryonenschutz in Deutschland aufrecht zu erhalten und gleichzeitig vorübergehend die Forschung mit embryonalen Stammzellen zu ermöglichen. Die geplante Verschiebung des Stichtages sehen viele Abgeordnete als Fortführung des Kompromisses, wie er 2002 erreicht wurde. Denn erneut bliebe der Embryonenschutz erhalten und die Forschung könnte mit neuen Zellen fortgeführt werden.

    Eine wichtige Architektin der Einigung von 2002 war die SPD-Bundestagsabgeordnete Margot von Renesse. Die Bochumer Juristin ist heute nicht mehr Mitglied des Bundestages. Als zweite Vorsitzende der Parkinson-Vereinigung ist sie aber nach wie vor mit dem Thema befasst. Eine Verschiebung des Stichtages ist ihrer Ansicht nach nicht die logische Fortführung der Einigung von 2002.

    " Wenn wir das Stammzellgesetz nicht geändert hätten, wäre die deutsche Stammzellforschung praktisch zum Erliegen gekommen. Gleichzeitig kann aber die Verschiebung des Stichtages nicht ohne Mistrauen in die Welt gesetzt werden. Denn wenn man einmal verschiebt, könnte man ein zweites, ein drittes mal, vielleicht ein viertes Mal verschieben. Und die Glaubwürdigkeit des alten Stammzellgesetzes, die eine gewisse Unschuld voraussetzte, hängt davon ab, dass wir nicht klammheimlich bereit sind, von Embryonentötungen im Ausland zu profitieren. Diese Unschuld besteht nicht mehr. "

    Margot von Renesse wünscht sich deshalb eine dauerhaft tragfähige Regelung. Zum Beispiel in einem Gesetz für Reproduktionsmedizin. Darin könnte der Schutz des vorgeburtlichen Lebens festgeschrieben werden. Die Wissenschaftler, aber auch die reproduktionsmedizinischen Kliniken erhielten klare Richtlinien. Stammzellenforschung ist schließlich nur eine von vielen ungeklärten Fragestellungen in diesem Bereich. Bei seiner Entscheidung sollte der Bundestag jedoch darauf verzichten, festzulegen, wann das Menschsein beginnt, sagt von Renesse.

    " Das ist eine Frage, die so intensiv von der Prägung, von Glauben, Weltanschauung, von Philosophie bestimmt ist, dass der Gesetzgeber, der das festlegen würde, erstens sich der Gefahr der Lächerlichkeit preisgeben würde, und gleichzeitig würde er gegen Artikel vier des Grundgesetzes verstoßen, nämlich die Glaubensfreiheit. Man kann nicht alle Welt katholisch machen, und man kann nicht von den Katholiken verlangen, dass sie nicht katholisch sind. Die Frage, was den Menschen zum Menschen macht, muss letztlich vom Gesetzgeber unentschieden bleiben. "

    Die Verfassung schützt die Menschenwürde absolut. Das heiße aber nicht, so Margot von Renesse, dass der Embryo in jeder Lebensphase den absoluten Schutz genießen muss.

    In jeder Kultur gilt das geborene Leben mehr als der Fötus, und der bereits wie ein Mensch aussehende Fötus steht höher als Embryonen, die sich gerade durch Zellteilung aus einer befruchteten Eizelle entwickelt haben. Um das klar zu machen, wird gerne folgendes Beispiel konstruiert: Wenn eine Befruchtungsklinik brennt, in der ein kleines Kind liegt, würde jeder Mensch zuerst das Kind retten und eventuell danach die hundert Embryonen im Gefrierschrank.

    " Ich glaube, dass wir mit guten Gründen von der Verfassung nur erwarten können, eine Verpflichtung des Gesetzgebers zum Schutze vorgeburtlichen menschlichen Lebens, aber abgestuft, je nach der Nähe, die es zur Geburt hat. Denn menschliches Leben vor der Geburt wird geschützt im Hinblick darauf, dass es geboren werden soll und wird. "

    Die nun angestrebte Verschiebung des Stichtages schaffe allen Beteiligten etwas Luft, ohne die Probleme wirklich zu lösen, so Margot von Renesse.

    Während die Diskussion in Deutschland aufgeregt auf der Stelle tritt, entwickelt sich die internationale Forschung immer rasanter. Dem japanischen Stammzellenforscher Shinya Yamanaka gelang es 2006, Hautzellen einer Maus so zu verändern, dass sie embryonalen Stammzellen weitgehend ähnelten. Die Wissenschaftler sprechen von Reprogrammierung. Aus reifen Körperzellen werden durch genetische Faktoren Zellen, die sich vermehren und anpassen können. Im vergangenen Jahr konnten Shinya Yamanaka und amerikanische Forscher diesen Erfolg bei menschlichen Hautzellen wiederholen.

    " Die jetzt vorgestellten reprogrammierten Stammzellen sind den embryonalen Stammzellen sehr ähnlich. Aber sie sind nicht identisch. Wir müssen jetzt die Zellen vergleichen auch mit Stammzellen aus Embryonen. Dieselben Forscher, im selben Labor, unter den gleichen Bedingungen. Ich hoffe allerdings, dass unsere Technik den Verzicht auf embryonale Stammzellen in naher Zukunft ermöglicht. "

    Wissenschaftler auf der ganzen Welt waren begeistert von Yamanakas Methode. Auch deutsche Stammzellenforscher haben das Verfahren bereits in ihren Labors erprobt. Auch wenn die Politik in Deutschland keine Lösung findet, um die Forschung mit Stammzellen dauerhaft zu regeln; in fünf bis zehn Jahren könnten wissenschaftliche Entwicklungen dafür sorgen, dass die Debatte um embryonale Stammzellen weltweit beendet ist.