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Umstrittene Ministererlaubnis
"Gabriel hat richtig gehandelt"

Im Streit um die geplante Supermarkt-Fusion von Edeka und Kaiser´s Tengelmann hat sich SPD-Politiker Bernd Westphal hinter seinen Parteivorsitzenden, Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, gestellt. Er sehe keinen Anlass, Gabriel als unglaubwürdig oder befangen zu bezeichnen, sagte Westphal im DLF. Vielmehr könne man froh sein, einen Minister zu haben, der Wert auf Beschäftigungssicherung lege.

Bernd Westphal im Gespräch mit Christoph Heinemann |
    Kaiser's Tengelmann und EDEKA Logos in Bonn.
    Edeka will Kaiser's Tengelmann übernehmen. (imago / Kosecki)
    Der SPD-Obmann im Bundestagsausschuss für Energie und Wirtschaft bescheinigte Gabriel, richtig gehandelt zu haben, als er die Fusion von Edeka und Kaiser´s Tengelmann genehmigte. Der Minister habe entschieden und klare Bedingungen formuliert, was soziale Aspekte angehe, so Bernd Westphal. Nun müsse die juristische Prüfung abgewartet werden. An den Treffen von Gabriel mit den Chefs von Edeka und der Gewerkschaft Verdi kann Westphal nichts Verwerfliches finden. Er kenne den Inhalt der Gespräche zwar nicht, Gabriel werde das aber sicherlich aufklären. Gabriel ist durch einen neuen Medienbericht in der Sache weiter unter Druck geraten.
    Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte die Sondererlaubnis Gabriels für die Fusion für rechtwidrig erklärt und außer Kraft gesetzt. Es hatte gegen den Minister den Vorwurf der Befangenheit und fehlender Neutralität erhoben.

    Das Interview in vollständiger Länge:
    Christoph Heinemann: Gegen Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, SPD, gibt es in Verbindung mit seiner Ministererlaubnis für die Supermarktfusion von EDEKA und Kaiser's Tengelmann neue Vorwürfe. Zur Erinnerung: Auch der Handelskonzern Rewe ist an einer Übernahme von Kaiser's Tengelmann interessiert und hatte das Oberlandesgericht Düsseldorf angerufen. Das OLG hatte die Sondererlaubnis Gabriels für die Fusion für rechtswidrig erklärt und außer Kraft gesetzt, es hatte gegen den Minister den Vorwurf der Befangenheit und fehlender Neutralität erhoben wegen seiner Kontakte zu Beteiligten.
    Der "Spiegel" berichtet nun von einem weiteren Geheimtreffen Gabriels mit dem EDEKA-Vorstandschef Markus Mosa, an diesem Treffen am 22. Dezember 2015 soll demnach neben Gabriel auch der Chef der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di Frank Bsirske teilgenommen haben. Das Magazin berief sich auf eine Antwort des Ministeriums auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen-Abgeordneten Katharina Dröge, die das Ministerium – diese Anfrage – inzwischen veröffentlichte.
    Frau Dröge sprach von einem undurchsichtigen und unglaubwürdigen Verhalten des Ministers. Am Telefon ist jetzt Bernd Westphal, der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, guten Morgen!
    Bernd Westphal: Guten Morgen, Herr Heinemann!
    Heinemann: Herr Westphal, ist Gabriel unglaubwürdig?
    Westphal: Nein, es gibt gar keinen Anlass, den Wirtschaftsminister als unglaubwürdig zu bezeichnen. Er hat Transparenz in das Verfahren gebracht, hat aufgeklärt, hat eine Pressekonferenz gebracht, war bei uns im Wirtschaftsausschuss im Bundestag, also, ich kann das nicht erkennen.
    "Gabriel hat gar keinen Grund, befangen zu sein"
    Heinemann: Er hat durch Befangenheit Transparenz befördert?
    Westphal: Nein, er hat überhaupt gar keinen Grund, da befangen zu sein. Er hat in einer wichtigen Entscheidung, was das Kartellrecht angeht, hier entschieden, hat dort auch klare Bedingungen formuliert, was die sozialen Aspekte mitangeht. Und das ist, finde ich, bei einem sozialdemokratischen Wirtschaftsminister auch richtiges Handeln, was er dort an den Tag gelegt hat.
    Westphal spricht im schwarzen Jackett in die Mikrofone und gestikuliert mit den Händen.
    Der SPD-Abgeordnete Bernd Westphal am 5.12.2014 am Rednerpult des Deutschen Bundestages in Berlin. (imago / Metodi Popow)
    Heinemann: Warum hat ein Oberlandesgericht seine Entscheidung dann kassiert?
    Westphal: Gut, das ist eine juristische Prüfung jetzt, die da stattfindet. Ich finde, dass wir froh sein können, mit Sigmar Gabriel einen Wirtschaftsminister zu haben, der auf Mitbestimmung, auf Betriebsratsstrukturen, auf Beschäftigungssicherung Wert legt, und das ist durchaus auch zu begründen mit dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, was Beschäftigungssicherung angeht. Und das sind Gemeinwohlinteressen, die der Wirtschaftsminister so auslegt, und da stimme ich völlig mit ihm überein.
    Heinemann: Und er muss die rechtliche Lage nicht berücksichtigen?
    Westphal: Natürlich muss er die rechtliche Lage berücksichtigen, das wird sich aufklären. Jetzt gibt es dort einen Mitbewerber, REWE, der gegen dieses Verfahren geklagt hat, und nun wird es eine juristische Prüfung geben, das ist nicht Sache des Parlamentes, da haben wir Gewaltenteilung und das muss man abwarten.
    Heinemann: Warum muss man Herrn Gabriel dieses Treffen oder musste man dieses Treffen sozusagen aus der Nase ziehen?
    Westphal: Gut, ich weiß nicht, was Inhalt des Treffens war, das wird der Minister sicherlich aufklären, denke ich. Er hat ja auch während seines Urlaubs dort mit der Pressekonferenz dazu beigetragen, dass man dort wesentlich mehr Transparenz und Information bekommt über die Gespräche. Was nun genau Inhalt dieses Gespräches gewesen ist zwischen dem Chef von EDEKA und Herrn Bsirske und Sigmar Gabriel, das kann ich nicht sagen, aber wenn man diese Gespräche führt und über andere Dinge redet und nicht über die Ministererlaubnis, dann, denke ich mal, ist das auch legitim.
    Wenn es darum ging, diese Ministererlaubnis abzusichern, weil es ja auch Tarifverhandlungenbestand war, der Bedingungen der Ministererlaubnis, dann ist das, denke ich mal, auch legitim.
    Heinemann: Können Sie sich vorstellen, dass die drei zusammensitzen, die drei wichtigsten Akteure in dieser Fusionsgeschichte, und nicht über die Fusion reden?
    Westphal: Wenn es darum ging, tarifvertragliche Vereinbarungen auszuloten, welche Chance die haben, zum Erfolg zu führen, Beschäftigung zu sichern, dann ist das ein legitimes Mittel, das der Wirtschaftsminister dort auch anwenden darf.
    "Es ist nicht Sache des Wirtschaftsausschusses oder der Parlamentarier zu bewerten, welche Inhalte diese Gespräche hatten"
    Heinemann: Herr Westphal, die Frage lautete: Können Sie sich vorstellen, dass die drei zusammensitzen, die drei wichtigsten Akteure in dieser Fusionsgeschichte, und nicht über die Fusion reden?
    Westphal: Ich habe gesagt: Sie haben ausgelotet vielleicht, was die Ergebnisse für Tarifverhandlungen angeht. Ich glaube, dass das auch Bestandteil des Gespräches war. Aber das wird der Minister aufklären, ich war bei dem Gespräch nicht dabei. Es ist nicht Sache des Wirtschaftsausschusses oder der Parlamentarier zu bewerten, welche Inhalte diese Gespräche hatten, das kann ich Ihnen nicht sagen.
    Heinemann: Kurz vor dem Fusionsantrag von EDEKA und Tengelmann hat sich der Minister mit einem Vertreter der Lobbyfirma Eutop getroffen. EUTOP sollte im Auftrag von Edeka für die Ministererlaubnis werben. Sollte sich ein Minister, der unbefangen sein muss in einer solchen Geschichte, mit Lobbyisten einer Seite treffen?
    Westphal: Das kann ich Ihnen auch nicht sagen, ob EUTOP, die sicherlich dort eine Vorzeichnung haben, was die Entscheidung angeht, und auch von Lobby her sicherlich ein Ziel hatten, aber ich kann Ihnen nicht sagen, welche Inhalte diese Gespräche hatten, da wird es sicherlich auch um andere Dinge gegangen sein. Der Minister wird das aufklären und ich habe da überhaupt gar keine Zweifel, dass die Glaubwürdigkeit von Sigmar Gabriel nicht anzuzweifeln ist.
    Heinemann: Sollte sich ein Minister denn mit einem Lobbyvertreter einer Seite vor einer solchen Entscheidung treffen?
    Westphal: Der hat sich sicherlich nicht nur mit einer Seite getroffen, ich denke mal, da waren auch Gespräche mit mehreren Akteuren. Das Ministerium hat zumindest in dem Wirtschaftsaus ...
    Heinemann: Ach, Sie wissen von noch mehr Gesprächen?
    Westphal: Das Wirtschaftsministerium hat in der Wirtschaftsausschusssitzung darauf hingewiesen, dass diese Ministererlaubnis gut vorbereitet wurde, dass mit vielen Akteuren gesprochen worden ist, dass man sich das nicht einfach gemacht hat, dass die Grundlage für diese Entscheidung Gespräche mit vielen Akteuren geführt worden ist, und das ist glaubhaft rübergebracht worden.
    Heinemann: Sollte Gabriel bei der nächsten Ministererlaubnis wieder genauso handeln?
    Westphal: Ich glaube ganz sicher, dass es wichtig ist, dass wir, gerade was Beschäftigungssicherung angeht, als Allgemeinwohlinteresse bezeichnen. Und hier bin ich ganz froh, dass diese Gründe auch zu dieser Ministererlaubnis beigetragen haben. Es kann nicht sein, dass man das völlig ausblendet, was mit Beschäftigungssicherung gemeint ist. Und wir können froh sein, dass wir mit Sigmar Gabriel einen Sozialdemokraten in der Regierungsverantwortung haben und nicht Frau Dröge von den Grünen, die sehr wahrscheinlich mit neoliberaler Politik ganz andere Ziele verfolgen.
    Ich bin da sicher, dass wir mit sozialdemokratischer Politik und auch das, was gesamtwirtschaftliche Vorteile und Gemeinwohlinteressen angeht, auch die Beschäftigtensicherung ganz klar hier in die Waagschale werfen müssen.
    "Gabriel ist nicht gescheitert, das ist ein laufendes Verfahren"
    Heinemann: Mit dem kleinen Schönheitsfehler, dass Gabriel vor Gericht gescheitert ist.
    Westphal: Er ist nicht gescheitert, das ist ein laufendes Verfahren. Das Gericht hat ja im Grunde genommen eine Ministererlaubnis gestoppt, die noch gar nicht umgesetzt worden ist. Da gibt es ja noch Tarifverhandlungen und deshalb muss das jetzt vor Gericht vom Oberlandesgericht in Düsseldorf geklärt werden.
    Heinemann: Kann dieser Minister in Zukunft überhaupt noch eine Ministererlaubnis erteilen?
    Westphal: Auf jeden Fall, das ist ein Instrument, was sicherlich sehr verantwortungsvoll in der Vergangenheit benutzt und eingesetzt worden ist, aber ich finde durchaus das als Instrument dem Minister zu überlassen als richtig.
    Heinemann: Bernd Westphal, SPD, der Obmann seiner Partei im Wirtschaftsausschuss des Deutschen Bundestages, und wirtschaftspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion. Danke schön für das Gespräch und auf Wiederhören!
    Westphal: Gerne, tschüs, Herr Heinemann!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.