30 Jahre nach dem Fall der Mauer ist Deutschland offenbar nicht nach Feiern zumute, statt Freude herrscht Frust, statt Stolz Nörgelei. Die Wende, so scheint’s, wird neu erzählt. Aber nicht als Erfolgsgeschichte, sondern als eine des Niedergangs.
Statt an die friedliche Revolution vor 30 Jahren zu erinnern, die die Grenzöffnung erwirkte, knüpft die Partei Die Linke heute vielmehr an die Massenproteste Anfang der 1990er-Jahre an. Als viele Betriebe schlossen, Hunderttausende arbeitslos wurden. Der Schrecken hatte damals einen Namen: Treuhand. Gegründet wurde die Anstalt 1990, um die volkseigenen Betriebe der DDR in private Unternehmen umzuwandeln.
"Die Treuhand hat in einem Jahr mehr Betriebe privatisiert wie Maggie Thatcher in zehn Jahren. Die Treuhand hat in großem Umfang deindustrialisiert und hat damit bis heute den Osten zurückgeworfen. Um es mal drastisch zu sagen: Die Treuhand hat aus dem Osten einen Ein-Euro-Laden gemacht. Und wer hat profitiert davon? 85 Prozent sind an westdeutsche Investoren gegangen und die restlichen 15 sind nicht bei den Ossis geblieben, sondern gingen an ausländische Investoren."
Seit April fordert Dietmar Bartsch, Linken-Fraktionschef im Bundestag, einen Treuhand-Untersuchungsausschuss. Rechtzeitig, noch vor den Europa- und Kommunalwahlen beziehungsweise den Landtagswahlen in Sachsen, Brandenburg und Thüringen. Die Linke hofft mit der Treuhand-Schelte, ihre Rolle als Protestpartei wiederzubeleben, mit der sie noch als PDS jahrelang zuverlässig zweistellige Wahlergebnisse einfuhr. Doch diese Rechnung geht vielleicht nicht auf. Denn die AfD hat ihr den Rang abgelaufen, sie tönt lauter und stiehlt der Linken ungeniert die Show.
"Die Verelendung und Heimatzerstörung hier bei uns hat einen Namen. Dieser Name lautet Treuhand. Und die Machenschaften dieser Treuhand gehören rücksichtslos aufgeklärt."
Ausgerechnet Björn Höcke vom rechtsnationalistischen Flügel der AfD, ein West-Import in Thüringen, gibt jetzt den Wortführer über die deutsche Einheit und fordert ebenfalls einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Aber dass die ganz Rechten und ganz Linken in gleicher Richtung unterwegs sind, bestreitet der in Stralsund geborene Bartsch gleichwohl entschieden.
"Also erstens es wird kein gemeinsames Marschieren von Linker und AfD geben. Das schließe ich aus. Ich habe diesen Vorschlag gemacht, da hat die andere Partei noch keinen Vorschlag gemacht. Wenn die sagt, die findet das ähnlich, dann ist das so. Ich kann das nicht ändern."
AfD wie Linke instrumentalisieren die Geschichte und ignorieren, dass es strukturschwache Regionen auch jenseits der früheren innerdeutschen Grenze gibt. Der Philosophieprofessor und Theologe Richard Schröder, Mitglied der SPD, erklärt, warum AfD und Linke an einer Negativ-Erzählung der Treuhand- und Wendegeschichte interessiert sind.
"Das nützt denjenigen, die am Beispiel der Treuhand die Regierung als Volksverräter brandmarken möchten, die so etwas wie einen Systemwechsel vor Augen haben. Der Hintergrund ist tatsächlich der, dass beide Male die Vorstellung die ist: Das System ist krank."
Linke und AfD wollen zurückgehen bis 1990, aber nicht weiter. Denn sonst müssten sie sich auch mit dem Zustand der Wirtschaft zu DDR-Zeiten befassen und mit der Verantwortung der SED beziehungsweise PDS und Linken dafür.
SPD-Politiker streiten über Treuhand
Wichtig im Linken- und AfD-Treuhand-Narrativ ist die konstruierte Gegnerschaft von Ost und West. Die Treuhand wird als Behörde voller Westdeutscher dargestellt. Marcus Böick, der im vorigen Jahr die erste wissenschaftliche Abhandlung über die Treuhand vorlegte, stellt klar:
"Das Treuhandpersonal war hochgradig gemischt, das waren mehrheitlich Ostdeutsche. Es waren sehr viele Planwirtschaftskader dabei, sehr viele ehemalige Branchenexperten, auch sehr viele Frauen. Was man sagen muss: dass die Treuhand durchaus von Westdeutschen Führungskräften geleitet wurde, weil man den Glauben hatte, die wissen, wie es läuft. Es war so, dass zum Zeitpunkt der Ermordung Rohwedders knapp 350 Westdeutsche bei der Treuhand waren, aber umgekehrt fast 2.000 Ostdeutsche. Ein Drittel waren Westdeutsche, zwei Drittel waren Ostdeutsche."
Detlef Scheunert war der einzige ostdeutsche Direktor bei der Treuhand, angeheuert vom ersten Chef der Behörde, Detlev Karsten Rohwedder. Scheunert, damals Anfang dreißig, wurde zuständig für die Privatisierung der Glasindustrie. Geboren in Sachsen war er vor der Wende wissenschaftlicher Referent des Wirtschaftsministers, mit dem er die Kombinate und Betriebe bereiste.
"Die Realität war katastrophal. In Sachsen gab es so einen Spruch: Dass sieht hier aus, wie 45, als der Zusammenbruch war. Die DDR hat über 50 Prozent seines Nationaleinkommens in den sozialen Ausgleich gesteckt und dann haben sie 25 Prozent in Rüstung und Sicherheit gesteckt. Da war ja nur noch ein ganz schmales Finanzband für Investitionen. Wenn wir dann aus der Provinz kamen aus Sachsen, Thüringen und fuhren dann nach Berlin und du gingst ins HdM, ins Haus der Ministerien, das heutige Finanzministerium. Das war ja schon so eine Blase. Aber die Leute waren noch mit der Realität in Verbindung. Wenn du dann noch in die Plankommission gegangen bist, war es schon noch extremer. Die kamen ganz selten heraus. Und die Krönung war beim ZK. Die waren völlig vom anderen Stern."
Kurz vor dem Mauerfall stellte SED-Chefplaner Gerhard Schürer in einem internen Papier klar, dass die DDR mitnichten zu den zehn stärksten Volkswirtschaften der Welt zählte, sondern pleite war und dringend Reformen benötigte. Doch vor allem Erich Honecker, Partei- und Staatschef, war für diese und frühere Warnungen taub. Detlef Scheunert sah, wie schlecht es selbst um die gefeierten Leuchtturmprojekte stand.
"Als ich mit Lauck durch die DDR gefahren bin, hab ich ein paar Lichtblicke, so ein Elektronik-Kombinat mal gesehen, Zeiss Jena Kombinat, wo die dann irgendwelche Steuerungen gebaut haben. Das war modernste Technik. Alles aus dem Westen. Ja, was haben Sie dort gebaut? Steuerungen für die SS 20. Rüstung. Also es war schon kaputt, die Substanz, wenn es um Schwerindustrie ging. Aber wenn es in Richtung Konsumgüter ging, dann war gar nichts mehr da. Und so war ja auch die Versorgungslage. Das haben die Menschen ja auch gewusst."
Richard Schröder, SPD-Fraktionschef in der letzten Volkskammer, sieht die Urheberin einer neuerzählten Wendegeschichte aber nicht nur bei der Linken oder der AfD, sondern in seiner eigenen Partei. Namentlich bei Petra Köpping, der Integrationsministerin von Sachsen, die sich jetzt gemeinsam mit dem niedersächsischen Innenminister Boris Pistorius für den SPD-Parteivorsitz bewirbt. Die gebürtige Thüringerin mache in ihrem Buch "Integriert doch erst mal uns" die Treuhand für die Stimmung im Osten verantwortlich. Petra Köpping selbst dazu:
"Das, was mir die Menschen erzählen, ist einfach, dass mit dem Verlust ihrer Arbeitsstätten, die ja in der DDR nicht nur die Arbeitsstätten waren, sondern eben auch eine Sozialisationsstation, das heißt, man hatte Betriebskindergärten, man hatte die berüchtigten und berühmten Betriebstagebücher, wo man eingetragen hat, welche Veranstaltung man organisiert hat, das vermissen die Menschen nach 1990. Und oft vergessen sie eben, wie die Treuhand entstanden ist, dass es ja die Volkskammer war, die das beschlossen hat."
Vor ihrer gestrigen Lesung im sächsischen Brandis hatte ihr ein Unbekannter eine Morddrohung geschickt.
Forscher sieht "Dämonisierung der Treuhand"
Richard Schröder begleitet als Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats die Erforschung der Treuhandanstalt beim Institut für Zeitgeschichte in München. Er sieht eine Dämonisierung der Treuhand. Viele Mythen über die Behörde hätten sich verselbstständigt, seien schlicht falsch. Schröder nennt das in Petra Köppings Buch beschriebene Beispiel Großdubrau, einen Hersteller von Elektro-Porzellan, also Isolatoren.
"Diese Produkte waren in Ost und West beliebt. Man hatte den Maschinenpark neu aufgestellt mit modernen Maschinen aus der Schweiz. Und nun erzählt Frau Köpping, ein Westdeutscher hätte durch Vermittlung der Treuhand diesen Betrieb gekauft und stillgelegt, die Maschinen nach Westen abtransportiert und die Patente mitsamt dem letzten Gehalt im Tresor auch."
Schröder hat recherchiert.
"Die erste Überraschung war: Das Werk ist überhaupt nicht von einem Westdeutschen gekauft worden, sondern das DDR-Kombinat hatte drei Orte, an denen Elektro-Porzellan produziert worden ist. Und diese drei Orte wollten sie reduzieren und haben deshalb Großdubrau geschlossen. Das Mitglied der Belegschaft im Vorstand hat zugestimmt. Die Maschinen sind nicht nach Westen transportiert worden, sondern nach Sonneberg in Thüringen, wo sie weiterhin Elektro-Porzellan produzieren. Das heißt, der Westdeutsche, der die Leute angeblich um ihren Arbeitsplatz, und wie sie behauptet, um ihre Lebensleistung betrogen hat, den gab‘s überhaupt nicht."
Und was sagt die sächsische Integrationsministerin Köpping?
"Für mich ist das kein falsches Beispiel, weil es eigentlich das Traumata, wenn ein Unternehmen abgewickelt wird - in dem Falle in Großdubrau war es ja gar nicht die Treuhand, sondern ein Privatinvestor - dass das genau die Sache ist, wo die Menschen sagen, das haben wir bis heute nicht aufgearbeitet. Und was Herrn Schröder und mich unterscheidet, ist, dass Herr Schröder das Ganze wirtschaftlich, ökonomisch betrachtet und ich von der menschlichen Seite. Deswegen würde ich aus meiner Sicht sagen, sowohl Herr Schröder hat Recht, als ich auch."
Zur Wahrheit über die Treuhand-Anstalt gehört, dass sich die Bundesregierung hinter ihr versteckte. Weil die Einheit - anders als von CDU-Kanzler Helmut Kohl versichert - nicht zum Nulltarif zu bekommen war, im Gegenteil immer teurerer wurde, brauchte es einen Schuldigen. Die Ostdeutschen forderten die D-Mark und bekamen sie. Treuhand-Direktor Detlef Scheunert erinnert sich lebhaft.
"In dem Moment, als die D-Mark eingeführt wurde, ging es mit der ostdeutschen Wirtschaft herab. Die war ja schon am Abgrund, aber dann rutschte sie drüber. Die Treuhand hat denen ja Liquiditätskredite gegeben, den Betrieben, damit sie Material einkaufen konnten, produzieren konnten und Löhne zahlen konnten. Die Treuhand hat die Betriebe überhaupt am Leben gehalten. Das war ein Chaos. Der Betriebsleiter, wenn er überleben wollte, ging nach Berlin und sagte: ‚Ich habe hier 800 Leute, oder ich habe 5.000 Leute. Ich kann keine Löhne zahlen.‘ Da mussten ordentliche Formulare her. Es musste ja ein ordentlicher Kredit ausgewiesen werden. Die Treuhand war der Schuldner. Und das ging dann über eine Privatbank an das Unternehmen."
In einer Zeit, in der etliche Freunde und Verwandte ihre Jobs verloren, machte Detlef Scheunert ausgerechnet in der Behörde Karriere, die von allen Seiten angefeindet wurde. Ausgerechnet Politiker stellten sich an die Spitze der Kritiker. Richard Schröder nennt das Beispiel, dass:
"…dieselben Ministerpräsidenten, Bernhard Vogel, Manfred Stolpe, die im Verwaltungsrat der Treuhand saßen, denn es waren alle ostdeutschen Ministerpräsidenten vertreten. Dort haben sie die Groß-Entscheidungen, die auf zentraler Ebene gefallen sind, gutgeheißen. Und dann ist Manfred Stolpe durchs Land gezogen und hat von Plattmachen geredet."
Bundesbankchef Pöhl trat zurück, weil er wusste, dass die Tage für die DDR-Betriebe nun erst Recht gezählt waren. Norbert Pötzl, Ex-Spiegel-Autor, hat erstmals Treuhand-Akten für seine Buch-Recherche eingesehen. Er stimmt zu, dass es der Politik ganz gelegen kam, dass die Treuhand der Blitzableiter war.
Mythos, die Treuhand habe fast nur an westdeutsche Investoren verkauft
"Nach meinem Eindruck hat sich die Politik einen schlanken Fuß gemacht. Sie hätte also sehr viel nachhaltiger die Treuhand unterstützen, begleiten, auch kontrollieren, aber auf jeden Fall sich auch hinter sie stellen müssen. So hat man einfach zugesehen, wie die Treuhand geprügelt wurde, wofür sie gar nichts konnte, weil einfach die Vorgaben von der Politik da waren."
Zum Mythos über die Treuhand gehört der Vorwurf, sie habe fast nur an westdeutsche Investoren verkauft. Dabei übernahmen Läden, Kneipen, Apotheken, Kinos meist Ossis. Auch das Reparaturwerk der Betriebsbahn vom Mansfeld Kombinat. Gerhard Kellner, damals technischer Leiter, wollte die Werkstatt zusammen mit seinem Kollegen Vorwerk auf jeden Fall retten. Beide gingen hohe persönliche Risiken ein, als sie sie der Treuhand abkauften.
"Günter Vorwerk hatte eine Neubauwohnung und auf dem Konto das gleiche wie ich, also nichts. Ich hatte das Problem, dass wir gerade neu gebaut hatten und ich in die Verantwortung gehen und unser Einfamilienhaus riskieren sollte."
Die beiden sicherten 50, also fast die Hälfte der Arbeitsplätze. Mit dem Mut der Verzweiflung suchten und fanden sie eine Marktlücke. Für historische Züge gab es im Westen keine Werkstätten mehr, niemand möbelte dort noch antike Waggons oder Loks auf. Inzwischen bringen sie hauptsächlich Wagen und Loks von privaten Bahngesellschaften durch den TÜV.
"Für die Werkstatt haben wir richtig bezahlt bei der Treuhand. Und zwar Geld, das wir nicht hatten. Wir wussten, wie eine Achse repariert wird, aber Bankgespräche, das war für uns Neuland. Ein Herr Doktor Huske, der von der Treuhand beauftragt war, hier im Mansfeldischen die Privatisierungen zu betreuen, der war für uns sehr wichtig, der hat Bankgespräche organisiert."
Das früher Rote Mansfelder Land mit dem Kupferbergbau, Hüttenwerken und Metallbetrieben wurde deindustrialisiert. Viele Betriebe, die die Wende überstanden haben, überlebten auch dank der Treuhand, sagt Rena Eichhardt, Geschäftsführerin bei Romonta, einem Montanwachshersteller in Amsdorf.
"Wir haben damals mit auf den Weg bekommen 1994 100 Millionen D-Mark, damals noch für die Investitionen, das war der Grundstein, dass es hier überhaupt mit Romonta weiterging."
Doch erst mal verkaufte die Treuhand-Anstalt Romonta an den badischen Flowtex-Konzern. Dessen beiden Gründer, Manfred Schmider und Klaus Kleiser, wurden wegen Betrugs verurteilt. Sie hatten sich mit Geld und Krediten im Namen des ostdeutschen Unternehmens aus dem Staub gemacht.
Schließlich kauften Mitglieder der alten Geschäftsführung, wie Rena Eichstädt, Romonta. Die Schulden übernahmen sie mit. Und zahlten sie, wie versprochen, bis 2012 zurück.
Zu den Vorwürfen gegenüber der Treuhand gehört der massive Arbeitsplatzabbau. Der Historiker Böick gibt zu bedenken, dass die von Detlev Rohwedder und später von Birgit Breuel geführte Behörde exekutierte, was in der DDR aus ideologischen Gründen aufgeschoben wurde. Chefplaner Schürer hat vor ziemlich genau 30 Jahren einen - Zitat - "drastischen Abbau von Verwaltungs- und Bürokräften" gefordert, um "das Missverhältnis zwischen produktiven und unproduktiven Kräften in der gesamten Wirtschaft und im Überbau zu beseitigen".
Bald endet die Sperrfrist für die Treuhand-Akten
"Es gab ein Recht, aber auch eine Pflicht zur Arbeit. Es durfte Arbeitslosigkeit nicht geben. Es gab auch viel Langeweile, viel Verschwendung, viel Frustration darüber, einfach nur rumzusitzen. Und das Interessante ist, deshalb haben viele Betriebe 1989/90 selber schon begonnen, bevor die Treuhand überhaupt aktiv wurde, Belegschaften abzubauen."
Das Hauptproblem war, dass zu viele Werktätige viel zu teuer unattraktive Güter herstellten, erinnert Detlef Scheunert.
"Ein Kali-Werk in Sachsen-Anhalt produzierte eine Tonne Kali für 720-730 D-Mark. Der Weltmarktpreis war 240. Als dann die Treuhand kam und sagte, wir müssen diese Zeche schließen, haben die Arbeiter gesagt: "Ja, das war alles nur eine Bereinigung zugunsten der Wessis. Die Treuhand, das sind alles korrupte Verbrecher." Und diese Komplexität hat der einzelne Arbeiter gar nicht verstanden und Politiker wollten sie nicht sehen. Und Leute, die darauf hingewiesen haben, die hat man einfach niedergeschrien."
Die Treuhand gibt es seit 25 Jahren nicht mehr. Ihre ursprüngliche Idee, das Volkseigentum an die DDR-Bürger zu verteilen, ging nicht auf, denn statt Vermögen hätten vor allem Schulden vergeben werden müssen. Die summierten sich 1994 auf 270 Milliarden D-Mark.
Offen ist, ob der nächste Untersuchungsausschuss überhaupt kommt und dann Neues bringt. 30 Jahre nach dem Fall der Mauer endet bald die Sperrfrist für die Treuhand-Akten. Der Publizist Pötzl, der bereits Zugang hatte, findet:
"Es muss wissenschaftlich aufgearbeitet werden. Dieses wiederum in einen politischen Streit hineinzuziehen, ist überhaupt nicht dienlich. Es reißt eben wieder die alten Gräben auf."
Dietmar Bartsch von der Linken gibt vor, das Gegenteil zu bezwecken.
"Ich glaube, dass es auch ein Beitrag ist, um auch emotional die deutsche Einheit noch mehr herzustellen. Ich will auch gar keine Negativdiskussion."
Genau die hat er bekommen und bedient Treuhandmythen wiederholt, die durch ständige Wiederholung auch nicht wahrer werden, sagt Richard Schröder.
"Das ist wie ein Wander-Märchen. Die Geschichte, der Westdeutsche kommt und kauft das Ost-Unternehmen, um es platt zu machen, um sich damit Konkurrenz vom Halse zu halten. Ich sage dazu: Liebe Leute, wie stellt ihr euch denn einen Kapitalisten vor? Wenn der eine Fabrik kauft, die Gewinn macht, dann lässt er sie auf vollen Touren laufen, um zu kassieren - und macht sie nicht kaputt."
Die Kapitalismus-Klischees sind 30 Jahre nach dem Mauerfall noch immer nicht verschwunden.