"Die niederländische Regierung nimmt keinen neutralen Standpunkt ein, die Wahl zwischen Saddam Hussein einerseits und US-Präsident Bush und dem britischen Premierminister Tony Blair andererseits fällt ihr nicht schwer: sie entscheidet sich ohne zu zögern für Bush und Blair."
Der christdemokratische Ministerpräsident der Niederlande, Jan Peter Balkenende, vor dem Ausbruch des Irakkrieges. Anders als Deutschland oder Frankreich unterstützte sein damaliges Mitte-Rechts-Kabinett den Einmarsch der USA in den Irak im März 2003 – allerdings nur politisch, ohne militärisch Hilfe zu leisten. In diesem Spagat musste sich Balkenende üben wegen der großen Proteste von Seiten der Oppositionsparteien, allen voran der Sozialdemokraten. Jeden zweiten Wähler allerdings wusste der Premier hinter sich – "mehr als in den anderen europäischen Ländern", erklärt Politologe Philip Everts von der Universität Leiden:
"Das passt in unsere Tradition, wir waren immer viel pro-amerikanischer als die Belgier, Franzosen oder Deutschen, das stellt uns regelmäßig vor Gewissenskonflikte, wenn wir uns zwischen Europa und Amerika entscheiden müssen. Und wenn es darauf ankam, haben wir uns immer für die Amerikaner entschieden."
Zu einer Untersuchung wie in den anderen europäischen Ländern kam es nicht. Das hielt die damalige Regierung nicht für nötig, stattdessen berief sie sich auf ihre Ausnahmeposition: Sie habe die Amerikaner nicht wegen angeblicher Massenvernichtungswaffen unterstützt wie die Briten oder Spanier, sondern weil Saddam Hussein wiederholt UNO-Resolutionen gebrochen habe.
"Aber, so betonte der sozialdemokratische Senator Klaas de Vries wiederholt in den niederländischen Medien: ein solches Argument werde von Völkerrechtlern nicht anerkannt. Das hätte die Regierung wissen müssen, schließlich wolle sich ja gerade Den Haag nur allzu gerne als Stadt des internationalen Rechts profilieren! Auch der ehemalige UNO-Generalsekretär Kofi Annan, so de Vries, habe mehrmals betont, das Verletzen von UNO-Resolutionen sei keine Legitimierung für einen Krieg."
Senator de Vries gehört zu jenen Politikern, die im Laufe der Jahre unermüdlich einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss forderten, um zu klären, wie genau es damals dazu kam, dass die Regierung diesen Krieg unterstützte. Auch müssten Gerüchte aus der Welt geschafft werden, dass der damalige Außenminister Jaap de Hoop Scheffer nur deshalb ein Jahr später NATO-Generalsekretär wurde, und dass Den Haag heimlich doch auch militärische Hilfe leistete.
Premierminister Balkenende schürte diese Gerüchte, indem er sich mit Händen und Füßen gegen eine solche Untersuchung zu wehren schien. Nach den Parlamentswahlen 2007 ließ er bei den Koalitionsverhandlungen sogar schwarz auf weiß festlegen, dass es in den nächsten vier Jahren nicht soweit kommen würde. Denn nun saßen die Christdemokraten ausgerechnet mit den Sozialdemokraten – den vehementesten Gegnern des Irakkrieges - als wichtigstem Koalitionspartner in einem Boot.
Doch dann wurde der Druck so groß, dass der Ministerpräsident überraschend nachgab:
Im Februar 2009 machte er bekannt, dass er alle Fragen klären lassen wolle - allerdings nur von einem Expertenausschuss, nicht von einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss, der Personen unter Eid vernehmen kann. Die Oppositionsparteien waren empört:
Nach Srebrenica 1995 hätten die Christdemokraten ja auch auf einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss bestanden. Wieso jetzt nicht? Vielleicht weil sie inzwischen Regierungspartei sind?
Srebrenica gilt als bislang schwerste Mission der Niederländer - und als eines der schwärzesten Kapitel ihrer Geschichte: Denn die niederländischen Blauhelme konnten nicht verhindern, dass die Serben bis zu 8000 Muslime abführten und ermordeten.
Seitdem ist das niederländische Kabinett bei Auslandsmissionen auf eine eindeutige Mehrheit im Parlament angewiesen. Dieses ungeschriebene Gesetz führt regelmäßig zu Spannungen - auch jetzt wieder, bei der jüngsten Mission in Afghanistan: Eine Mehrheit der Abgeordneten ist gegen eine Verlängerung der Mission, auch die Sozialdemokraten. Doch US-Präsident Obama ist bereits dabei, großen Druck auf Den Haag auszuüben. Und Balkenende muss sich wieder im Spagat üben.
Der christdemokratische Ministerpräsident der Niederlande, Jan Peter Balkenende, vor dem Ausbruch des Irakkrieges. Anders als Deutschland oder Frankreich unterstützte sein damaliges Mitte-Rechts-Kabinett den Einmarsch der USA in den Irak im März 2003 – allerdings nur politisch, ohne militärisch Hilfe zu leisten. In diesem Spagat musste sich Balkenende üben wegen der großen Proteste von Seiten der Oppositionsparteien, allen voran der Sozialdemokraten. Jeden zweiten Wähler allerdings wusste der Premier hinter sich – "mehr als in den anderen europäischen Ländern", erklärt Politologe Philip Everts von der Universität Leiden:
"Das passt in unsere Tradition, wir waren immer viel pro-amerikanischer als die Belgier, Franzosen oder Deutschen, das stellt uns regelmäßig vor Gewissenskonflikte, wenn wir uns zwischen Europa und Amerika entscheiden müssen. Und wenn es darauf ankam, haben wir uns immer für die Amerikaner entschieden."
Zu einer Untersuchung wie in den anderen europäischen Ländern kam es nicht. Das hielt die damalige Regierung nicht für nötig, stattdessen berief sie sich auf ihre Ausnahmeposition: Sie habe die Amerikaner nicht wegen angeblicher Massenvernichtungswaffen unterstützt wie die Briten oder Spanier, sondern weil Saddam Hussein wiederholt UNO-Resolutionen gebrochen habe.
"Aber, so betonte der sozialdemokratische Senator Klaas de Vries wiederholt in den niederländischen Medien: ein solches Argument werde von Völkerrechtlern nicht anerkannt. Das hätte die Regierung wissen müssen, schließlich wolle sich ja gerade Den Haag nur allzu gerne als Stadt des internationalen Rechts profilieren! Auch der ehemalige UNO-Generalsekretär Kofi Annan, so de Vries, habe mehrmals betont, das Verletzen von UNO-Resolutionen sei keine Legitimierung für einen Krieg."
Senator de Vries gehört zu jenen Politikern, die im Laufe der Jahre unermüdlich einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss forderten, um zu klären, wie genau es damals dazu kam, dass die Regierung diesen Krieg unterstützte. Auch müssten Gerüchte aus der Welt geschafft werden, dass der damalige Außenminister Jaap de Hoop Scheffer nur deshalb ein Jahr später NATO-Generalsekretär wurde, und dass Den Haag heimlich doch auch militärische Hilfe leistete.
Premierminister Balkenende schürte diese Gerüchte, indem er sich mit Händen und Füßen gegen eine solche Untersuchung zu wehren schien. Nach den Parlamentswahlen 2007 ließ er bei den Koalitionsverhandlungen sogar schwarz auf weiß festlegen, dass es in den nächsten vier Jahren nicht soweit kommen würde. Denn nun saßen die Christdemokraten ausgerechnet mit den Sozialdemokraten – den vehementesten Gegnern des Irakkrieges - als wichtigstem Koalitionspartner in einem Boot.
Doch dann wurde der Druck so groß, dass der Ministerpräsident überraschend nachgab:
Im Februar 2009 machte er bekannt, dass er alle Fragen klären lassen wolle - allerdings nur von einem Expertenausschuss, nicht von einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss, der Personen unter Eid vernehmen kann. Die Oppositionsparteien waren empört:
Nach Srebrenica 1995 hätten die Christdemokraten ja auch auf einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss bestanden. Wieso jetzt nicht? Vielleicht weil sie inzwischen Regierungspartei sind?
Srebrenica gilt als bislang schwerste Mission der Niederländer - und als eines der schwärzesten Kapitel ihrer Geschichte: Denn die niederländischen Blauhelme konnten nicht verhindern, dass die Serben bis zu 8000 Muslime abführten und ermordeten.
Seitdem ist das niederländische Kabinett bei Auslandsmissionen auf eine eindeutige Mehrheit im Parlament angewiesen. Dieses ungeschriebene Gesetz führt regelmäßig zu Spannungen - auch jetzt wieder, bei der jüngsten Mission in Afghanistan: Eine Mehrheit der Abgeordneten ist gegen eine Verlängerung der Mission, auch die Sozialdemokraten. Doch US-Präsident Obama ist bereits dabei, großen Druck auf Den Haag auszuüben. Und Balkenende muss sich wieder im Spagat üben.