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Umstrittener Meister
Unter den Buddhisten schwelt der Streit

Lama Ole Nydahl ist der Star der Diamantweg-Buddhisten. Doch dem Meister wird vorgeworfen, islamfeindliche Äußerungen zu verbreiten. Die Deutsche Buddhistische Union wollte deshalb im Herbst über einen Ausschluss entscheiden. Der Diamantweg hat nun selbst seinen Austritt erklärt.

Von Mechthild Klein |
Der Buddhist Lama Ole Nydahl, aufgenommen am Sonntag (08.04.2009) bei einem Vortrag über den Diamantweg-Buddhismus in Stuttgart.
Lama Ole Nydahl bei einem Vortrag über den Diamantweg-Buddhismus. Ihm werden ausländer- und islamfeindliche Äußerungen vorgeworfen (Marijan Murat/dpa-Report)
Wenn es um Kritik an islamfeindlichen Äußerungen des dänischen Lama Ole Nydahl geht, dann haben viele Buddhisten - trotz Wut im Bauch – lange Zeit lieber geschwiegen. Vielleicht auch aus Furcht, vom Lama Ole und seiner finanzkräftigen Diamantweg-Organisation verklagt und in langwierige juristische Verfahren verwickelt zu werden.
Einige Blogger und auch Medien haben das zu spüren bekommen. Da geht es schon mal vor Gericht, wegen Falschzitat-Vorwürfen oder wenn die Ansichten des Meisters als "Rassismus" deklariert werden. Teilweise bekam er Recht, unterlag aber auch mal, wie im Streit 2018 mit dem Verlag der "Allgäuer Zeitung". Das Landgericht stellt fest, dass Nydahl von dieser Zeitung nicht sinnentstellend zitiert worden war.
Auch unter den Buddhisten schwelt der Streit, und zwar schon länger. Mitglieder des Dachverbands "Deutsche Buddhistische Union" wollten den dänischen buddhistischen Meister und seine Organisation letztendlich auf einer Mitgliederversammlung im kommenden September ausschließen. Nun kam der Diamantweg einem wahrscheinlichen Rauswurf zuvor und erklärte selbst seinen Austritt. DBU-Vorstandsmitglied Felix Baritsch zeigte sich erleichtert über den Austritt des Diamantwegs. Er hoffe...
"…, dass wir wieder arbeitsfähig werden. Dass es nicht immer eine Gruppe gibt, die die Arbeit blockiert, weil sie die stärkste ist und die meisten Mitglieder und alles nur entweder so oder so geht. Da kann man schlecht zusammenarbeiten. Insofern ist eine große Erleichterung, dass wir wieder neue Projekte haben können, ein neuer Geist weht von Gemeinsamkeit."
Angst vor Rufschädigung
In der DBU wurde ein mehr als 70-Seiten umfassender Antrag für ein Ausschlussverfahren vorgelegt, in dem Dutzende Zitate von Lama Ole Nydahl festgehalten sind. Sie sollen u.a. seine rassistischen und den Islam herabwürdigende Bemerkungen belegen. Schon vor mehr als 20 Jahren sorgten Nydahls Sprüche über Gewalt und seine Sicht auf andere religiöse Traditionen für Ärger in der DBU. Radikale Äußerungen Nydahls sind daher keine neue Entwicklung – wohl aber der gemeinschaftliche Widerstand vieler Einzelmitglieder im Dachverband der Deutschen Buddhistischen Union. Dort war der Diamantweg der größte Mitgliedsverband.
Felix Baritsch sagt: "Wir stellen grundsätzlich nicht die buddhistische Ausrichtung in Frage. Das Thema Ausschlussverfahren bezieht sich lediglich darauf, dass der Dachverband Schaden nimmt, wenn es dort nicht zu einer friedlichen Einigung kommt und man sich gemeinsam im interreligiösen Dialog äußern kann, ohne Angst zu haben, dass unvertretbare Haltungen von einem Buddhisten geäußert werden."
In ihrem Schreiben monieren die DBU-Einzelmitglieder, dass trotz diverser Briefwechsel und Stellungnahmen einschließlich einer Aussprache in einer Mitgliederversammlung, es klar geworden sei, dass der Diamantweg "weder seine Inhalte noch sein Verhalten ändern" würde. Die Äußerungen Nydahls verstießen gegen das buddhistische Leitbild und das gemeinsame Bekenntnis der Deutschen Buddhistischen Union. Die DBU-Vertreter fürchteten, dass der Ruf des Buddhismus und ihres Dachverbandes Schaden nehmen könnte. Sie hängten ihrem Antrag Beispiele aus Interviews, Reden und Büchern Nydahls an, die den rassistischen Grundton belegen sollten. So sagt Ole Nydahl beispielsweise im Januar 2018 dem WDR-Hörfunk im Interview:
"Wir mögen die Muslims überhaupt nicht. Also, was sie machen und die Ganze, all das Humorlose und die unterdrückten Frauen und die beschnittenen Frauen, nicht? Kein Klitoris und all das da, was da passiert und all das, nicht?"
Lama Ole sieht sich als Opfer
Andere Beispiele stammen aus Diamantweg-Zeitschriften und Büchern des Meisters selbst. Dieses Zitat aus dem Buch "Über alle Grenzen" und solle laut DBU-Vertretern Nydahls Rassismus belegen. Da schreibt er, dass große Teile von Hollands Stadtkernen durch Zuwanderung in unkontrollierte Dritte-Welt-Slums verwandelt worden seien. Weiter heißt es:
"Karma und kulturellen Prägungen ändern sich nicht, indem man das Land wechselt und, wie die Forschung unter eineiigen Zwillingen und Wandervölkern zeigt, bedeutet eine Änderung der äußeren Bedingungen für das Verhalten der Menschen wenig. Auch Jahrhunderte nach der Trennung von den Umgebungen, in denen ihre Verhaltensmuster für das Überleben einen Sinn hatten, schaffen die Leute noch die Gesellschaften und bauen die Häuser, die ihren Genen über Jahrtausende eingeprägt wurden. Die überwältigenden Kinderscharen vor allem jener Ausländerkulturen, die ihre Frauen durch ständiges Schwangersein gefügig halten, brachten schon den Leistungsdurchschnitt der Schulklassen erheblich nach unten und wie überall, wo Bevölkerungsgruppen sich im falschen Film fühlen, wuchs die Jugendkriminalität und die Frauenhäuser waren voll."
Von heute an kommen im bayrischen Immenstadt im Allgäu wieder Tausende Buddhisten zum Diamantweg-Europatreffen zusammen. Im letzten Jahr gingen Äußerungen von Lama Ole Nydahl durch die Presse. Ein Vergleich von Diktatoren und Massenmördern wie Hitler und Stalin mit der Religion des Islams und andere Aussagen über den Islam waren jedoch keine Volksverhetzung, sondern nach Vorprüfung der Staatsanwaltschaft von der Meinungsfreiheit gedeckt, so dass es zu keinem Ermittlungsverfahren kam.
In einem Erklärungsschreiben an seine Anhänger relativierte Lama Ole danach:
"Wenn ich Kritik am Islam übe, meine ich diejenigen Strömungen und Menschen, die dem Koran und den darin enthaltenen Aussagen und Aufrufen zu Hass, Gewalt sowie Aussagen zur Unterdrückung beziehungsweise Ungleichbehandlung von Ungläubigen und von Frauen folgen. Dies ist unvereinbar mit unseren westlichen Grund- und Menschenrechten. Wenn ich in meinen Vorträgen nach dem Islam gefragt werde, meine ich mit meinen Antworten genau das. Ich habe zwischenzeitlich gelernt, dass man hierbei vom politischen Islam spricht."
Durch den innerbuddhistischen Gegenwind, die Aufforderungen zur Stellungnahme mit Fragenkatalog und das anstehende Ausschlussverfahren sah sich der Diamantweg aber offenbar bedrängt und wiederum in seiner Meinungs- und Glaubensfreiheit beschränkt. Er sieht sich als Opfer. In seinem Schreiben an die den Dachverband Deutsche Buddhistische Union gibt der Diamantweg folgende Gründe für seinen Austritt an:
"Eine satzungswidrige Beschneidung unserer Autonomie durch eine Art DBU-Glaubenskongregation, die den einzig wahren Buddhismus und vermeintlich ordentlichen Buddhisten definiert, widerspricht der originären Aufgabe der DBU e.V., unterschiedliche autonome Gemeinschaften und Traditionen als Dachverband zu vertreten.
Im Verlauf der letzten Jahre haben wir zudem mit großer Sorge festgestellt, dass insbesondere Teile des derzeitigen Vorstands und des Rates der DBU eV. die eigenen Satzungsprinzipien missachten und sich sogar an der Verbreitung von Falschaussagen über den Buddhistische Dachverband Diamantweg (BDD) und Lama Ole Nydahl in DBU-Medien und Presse beteiligt haben. Wir sehen darin einen eklatanten Machtmissbrauch."
Der Austritt soll Schaden abwenden
Das sind harte Worte gegen die Deutsche Buddhistische Union. Vorstandsmitglied Felix Baritsch weist die Vorwürfe zurück. Es sei zu dem Ausschlussverfahren gekommen, nicht nur weil Mitgliedsgemeinschaften gedroht hätten auszutreten. Man wollte auch von der DBU Schaden abwenden. Zwar suchte man den Dialog, aber der Diamantweg beziehungsweise Ole Nydahl hätten auf ihre Positionen bestanden und die meisten DBU-Mitglieder hätten sich für ein Ausschlussverfahren entschieden.
"Jeder kann seine persönliche Meinung frei äußern. Aber das bedeutet nicht, dass es Hassparolen, Aufruf zu Gewalt oder menschenverachtende Worte geben kann. Das ist unseres Erachtens nicht gedeckt von der freien Meinungsäußerung. Und manchmal sind die Grenzen sehr fließend. Trotzdem, als buddhistischer Dachverband sind wir auch an ethische Gelübde und ethische Regeln, die wir uns selber gegeben haben und die der Diamantweg auch selber unterschrieben hat in unserem Bekenntnis. Dazu gehört auch: Nur die Wahrheit zu sagen. Nur zum Frieden beizutragen und so weiter und so fort. - Ahimsa? - Ahimsa, ja, Gewaltlosigkeit."
Auch der Vizepräsident des Bayrischen Landtags, Thomas Gehring (Grüne), stellte eine schriftliche Anfrage an die Landesregierung. Er fragte, wie der geistliche Führer Lama Ole Nydahl mit seinen ausländer- und islamfeindlichen Äußerungen, zu bewerten sei. Ob der Diamantweg vom Verfassungsschutz beobachtet werden sollte, weil Nydahl seine Anhänger angeblich aufgefordert hätte, schießen zu lernen. Doch die Landesregierung sah keine Notwendigkeit hier einzuschreiten, weil auch solche Äußerungen von der Meinungsfreiheit gedeckt seien.
In dem Antwortschreiben der Bayrischen Landesregierung heißt es:
"Islamkritik, auch polemische, und Islamfeindlichkeit sind wie jede andere Form der Religionskritik und –Feindlichkeit grundsätzlich vom Grundrecht auf freie Meinungsäußerung gedeckt."
Ob die islamfeindlichen Äußerungen des dänischen Lama Ole Nydahl dem Buddhismus geschadet haben, ihrem deutschen Dachverband oder dem buddhistischen Meister selbst - das ist eine Frage der Perspektive.