"Wenden Sie sich an die Pressestelle. Wir möchten uns auch nicht mit Ihnen unterhalten."
Ob es einen Maulkorb gegeben hat, ist nicht ganz klar. Auf jeden Fall wollte oder sollte heute Vormittag vor der Berliner Unternehmenszentrale von Air Berlin kein Beschäftigter Fragen der Presse beantworten. Und gleich mehrere sehr aufmerksame Wachschutzmitarbeiter begleiteten die Journalisten.
Arbeitsplätze werden abgebaut
In der Zentrale der Fluggesellschaft präsentierte Unternehmenschef Stefan Pichler auf einer Telefonkonferenz die Strategie für die - so wörtlich - neue Air Berlin. Es sei die weitreichendste Umstrukturierung in der Geschichte des Unternehmens. Ein Schrumpfkurs: Die Flugzeugflotte wird reduziert, Ziele zusammengestrichen und bisherige Standorte verkleinert oder geschlossen. Auch Arbeitsplätze werden abgebaut:
"Wir schaffen für Air Berlin ein fokussiertes Kerngeschäft - mit einem klaren Profil. Aus den Drehkreuzen Berlin und Düsseldorf heraus, wird Air Berlin als Netzwerk-Carrier Langstrecken, sowie umsatzstarke Mittel- und Kurzstrecken mit einer Flotte von insgesamt 75 Flugzeugen bedienen."
Die Finanzlage ist prekär: Air Berlin ist mit fast einer Milliarde Euro hoch verschuldet. Seit Jahren schon muss Großaktionär Etihad Airways das Unternehmen mit immer wieder neuen Millionenbeträgen unterstützen. Die Fluggesellschaft aus den Vereinigten Arabischen Emiraten nutzt Air Berlin vor allem als Zubringer für das internationale Drehkreuz in Abu Dhabi. Umgekehrt hat die arabische Airline damit ein wichtiges Standbein auf dem sonst durch Luftverkehrsabkommen eingeschränkten deutschen Markt. Etihad unterstütze die Umstrukturierung, hieß es heute lapidar in Berlin.
Das neue Konzept sieht vor, dass bis zu 40 Flugzeuge für sechs Jahre an Lufthansa vermietet werden, die diese dann für Ihre Unternehmenstochter Eurowings nutzen wird. Dieses Geschäft über 1,2 Milliarden Euro, so Air Berlin-Chef Stefan Pichler, bedeute aber keine Übertragung von Strecken oder auch Start- und Landerechten. In einer zweiten Auslagerung sollen 35 Maschinen des bisherigen Touristikgeschäfts in einer neuen Gesellschaft mit den Ferienfliegern von Tuifly gebündelt werden. Die Gespräche hierzu seien aber noch nicht abgeschlossen.
Ein harter Einschnitt
Durch diese Schritte halbiert Air Berlin die bisherige Flugzeugflotte. Ein harter Einschnitt - denn durch die Umstrukturierungen könnten bis zu 1.200 Beschäftigte ihren Job verlieren. Andreas Splanemann von der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di im Landesbezirk Berlin-Brandenburg hofft aber, dass dieser Schritt noch sozialverträglich gestaltet werden kann.
"Die Pläne, die hinter dem möglichen Personalabbau stecken, müssen jetzt auf den Tisch. Damit Klarheit geschaffen wird, wen und welche Bereiche es trifft. Dann werden wir sehen, wie wir darauf reagieren, inwieweit auch Sozialplan-Verhandlungen notwendig werden. Gelingt es beispielsweise Beschäftigte in anderen Bereichen unterzubringen? Kriegen die tatsächlich eine betriebsbedingte Kündigung? Solche Fragen müssen jetzt im Detail geklärt werden. Je schneller, desto besser."
Viele Fragen ließ Air-Berlin-Chef Stefan Pichler heute offen. Das Unternehmen werde endlich die richtige Größe und die richtige Struktur haben. 2018 soll das Unternehmen wieder schwarze Zahlen schreiben - doch solche Ankündigungen gab es schon öfter, sie wurden in der Vergangenheit immer wieder nach vorn verschoben.