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Umwelt und Oktoberfest
Erhöhte Methanwerte auf der Wiesn

Rund sechs Millionen Besucher kommen jedes Jahr zum Oktoberfest nach München. Neben Bier wird auch viel Gegrilltes konsumiert - und das könnte laut einer Messung von Umweltforschern für extrem hohe Werte von Methan, einem Treibhausgas, sorgen.

Von Hellmuth Nordwig | 02.10.2019
Ein Festzelt auf dem Münchner Oktoberfest: Rund sechs Millionen Menschen besuchen jedes Jahr die Münchner Wiesn
Ein Festzelt auf dem Münchner Oktoberfest: Rund sechs Millionen Menschen besuchen jedes Jahr die Münchner Wiesn (AFP / Tobias Schwarz)
Die zentralen Gebäude der Technischen Universität München sind nur rund drei Kilometer Luftlinie entfernt von der Münchner Theresienwiese. Und hier, ganz oben werden laufend Treibhausgase gemessen, erzählt der Umweltspezialist Florian Dietrich.
"Im siebten Stock hier auf dem Dach von der TU München. Wir haben hier den Blick in den Süden, wir sehen auch das Oktoberfest da hinten. den Freefall-Tower sieht man. Hier steht unser Messgerät, schon seit 2016."
Ein Metallkasten Marke Eigenbau, so groß wie ein Kühlschrank. Er misst laufend die einzelnen Farbanteile aus dem Sonnenlicht. Treibhausgase verschlucken nämlich bestimmte Teile dieses Farbspektrums.
"Sodass wir dann wissen, welche Konzentrationen von CO2 und Methan haben wir zwischen dem Messgerät und der Sonne."
Methan ist ein Treibhausgas - mehr als 30 Mal stärker als Kohlendioxid, also CO2. Deshalb wurden die Forscher hellhörig, als sie plötzlich viel mehr Methan maßen als sonst. Es war während des Oktoberfests, und in dieser Zeit steigt die Menge auf das Sechs- bis Achtfache des normalen Werts an. So viel könnten auch Millionen von Besucher zusammen nicht erzeugen, und deshalb gehen die Wissenschaftler der Sache vor Ort auf den Grund.
In der Stadt: Pro Milliarde Teilchen 1.800 Molekühle Methan
Heute hat Sebastian Lober die Aufgabe, einen 15 Kilogramm schweren Rucksack zu tragen, mit einem Gerät, das die Methanmenge direkt vor Ort bestimmt. Die Sicherheitsleute wissen Bescheid, sie winken ihn durch, und ...
"Da sieht man noch nichts. Das ist ein ganz normaler Wert."
Den Wert überträgt das Messgerät auf das Smartphone des Forschers. Das Handy protokolliert zugleich eine fast metergenaue GPS-Ortsangabe. Normal sind in der Stadt pro Milliarde Teilchen 1.800 Moleküle Methan.
"Jetzt gehen wir mal ums Zelt herum, da haben wir immer höhere Werte. Jetzt geht‘s in Richtung 2.000 - das ist auch noch nicht richtig viel, aber da kann man schon sagen, dass da irgendwas ist."
Reporter: "Ich sehe schon, auf Ihrem Display gibt es da deutliche Schwankungen."
Sebastian Lober: "Definitiv. Jetzt haben wir wieder einen hohen Wert, 2.250 waren wir gerade."
Reporter: "Könnte natürlich mit der Fischbraterei zusammenhängen."
Sebsatian Lober: "Ja genau. Unser Verdacht liegt auf Gasgrills und Heizungen, also Hendlgrills und so in die Richtung."
Gebraten und geheizt wird auf dem Oktoberfest mit Erdgas. Zu 96 Prozent besteht es aus Methan. Denkbar wäre, dass Leitungen undicht sind - aber das schließen die Stadtwerke München aus. Möglicherweise wird das Erdgas nicht vollständig verbrannt, wenn Fische und Hähnchen gegrillt werden. In der Nähe der Küche müsste man das sehen. Also rein ins Zelt.
"Jetzt im Inneren des Zeltes sind wir doch wieder auf 2.300, auf der gegenüberliegenden Seite der Küche. Wenn sich unsere Annahme bestätigt, müsste es drüben noch höher werden. Jetzt geht es hoch auf 2.800. Also normalerweise messen wir so etwas nicht, vor allem draußen messen wir solche Werte nicht."
Treibhausgas könnte von Grills kommen
Wir stehen jetzt direkt vor der Küche, die zum Zelt hin offen ist. Es ist laut, es ist eng und es ist heiß, denn hier wird gegrillt. Ein Blick aufs Smartphone zeigt einen Rekordwert für Methan - 2.900.
Weil auch diese Messung nur grob ist, füllen die Forscher noch einen Probebeutel mit Luft, die dann im Labor analysiert wird. Doch der Verdacht hat sich erhärtet: Das Treibhausgas Methan könnte von den Grills kommen. Die Forscher wollen das noch weiter analysieren - auch wenn der Beitrag zum Klimaschutz letztlich gering ist, sagt Florian Dietrich.
"Das Oktoberfest ist erstens relativ klein auf der Gesamtfläche von München und auch nur eine kurze Zeit während des Jahres. Dementsprechend werden die Klimaauswirkungen nicht exorbitant hoch sein. Aber nichtsdestotrotz muss man mit kleinen Schritten anfangen. Die schreiben sich auf die Fahnen, dass sie sehr ökologisch sind. Und wir versuchen das weiter zu verbessern."
Zwei Wochen lang ist das Oktoberfest der Arbeitsplatz für die Umweltforscher. Da dürfen sie sich am Schluss auch selbst mal eine Maß genehmigen.
"Davon können Sie ausgehen. Wir werden auch selber auf die Wiesn gehen. Also morgen Abend haben wir geplant, dass wir Zwischenbilanz direkt im Festzelt ziehen."