Schadstoffe, wärmeres Wasser oder Biodiversitätsrückgang machen nicht an Einflussgrenzen halt. Daher wurde bei den Vereinten Nationen über ein neues Abkommen zum Schutz der Hohen See verhandelt, das heißt, der knapp 65 Prozent der Weltmeere, die nicht zum Einflussgebiet eines Staates gehören und für die bisher keiner verantwortlich ist. Doch die Verhandlungen in New York sind erneut ohne Ergebnis vertagt worden.Sie sollen zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufgenommen werden. Ein Termin steht aber noch nicht fest.
- Was soll beim Abkommen zur Hohen See neu geregelt werden?
- Wird es den Fischen in der Hochsee danach bessergehen?
- Warum ist der Erfolg internationaler Umweltabkommen so gering?
- Könnte man Wirtschaftsthemen künftig stärker einbeziehen?
- Wie lassen sich die Verhandlungen für das Abkommen für die Hohe See bewerten?
Was soll beim Abkommen zur Hohen See neu geregelt werden?
Auf der Hohen See, die 200 Seemeilen hinter der Küste beginnt, gibt es bereits Regeln, etwa zum Abbau von Rohstoffen, für bestimmte Fischarten und ein Management für Fischereigebiete. Auch die Schifffahrt ist international organisiert. Gesetze, nach denen rechtlich verbindliche Meeresschutzgebiete geschaffen werden können, gibt es allerdings noch nicht. Zudem ist noch nicht klar, wie man mit den genetischen Ressourcen umgehen soll.
Wird es den Fischen in der Hochsee danach bessergehen?
Eine Studie, die Anfang des Monats im Fachmagazin PNAS erschienen ist, kommt zu ernüchternden Ergebnissen in der Frage, ob internationale Abkommen zu Menschenrechten, Umwelt oder Handel und Finanzen ihre Ziele erreichen oder nicht. Kurz zusammengefasst: Handels- und Finanzabkommen erreichen ihre Ziele anscheinend ganz gut. Für Abkommen zu Menschenrechten, humanitären Krisen, Sicherheit, Umwelt oder auch Meeresangelegenheiten gilt das nicht. Ein Beispiel: Kinderarbeit wurde durch das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen in den Vertragsländern verringert. In Ländern, die die UN-Konvention über die Rechte des Kindes ratifiziert hatten, nahm dagegen die Kinderarbeit tendenziell zu.
Warum ist der Erfolg internationaler Umweltabkommen so gering?
Eine mögliche Interpretation ist, dass vor allem repressive Regierungen solche Abkommen nutzen, um sich mit den Werten und Errungenschaften solcher Verträge zu schmücken. Sie erhalten diplomatische Belohnungen für die Unterzeichnung, setzen am Ende aber nichts durch, was ihren Interessen zuwiderlaufen würde - nach dem Motto: Papier ist geduldig. Dazu würde auch passen, dass sich bei einigen Abkommen die Ziele kurzfristig tatsächlich einstellten. Längerfristig betrachtet nahmen diese Effekte ab oder verkehrten sich sogar ins Negative. Bei Handelsabkommen hingeben gibt es häufiger Regelungen, die festlegen, dass bestimmte Vereinbarungen von den Staaten auch durchgesetzt werden müssen.
Könnte man Wirtschaftsthemen künftig stärker einbeziehen?
Handels- und Wirtschaftsthemen werden bei solchen Verhandlungen künftig zwangsläufig mehr Gewicht haben. Beim Lieferkettengesetz der EU etwa geht es um Handel und Menschenrechte. Auch das frisch beschlossene Abkommen der Welthandelsorganisation zur Fischerei ist ein spannendes Beispiel, weil gesunde Fischbestände gleichermaßen ein ökologisches wie wirtschaftliches Ziel sind.
Auch durch die voranschreitende Krise wird es solche Verknüpfungen immer häufiger geben: Dürren, Pandemien, Überschwemmungen sind Klima- und Umweltauswirkungen mit erheblichen wirtschaftlichen Folgen. Die Auswirkungen finden vor unserer Haustür statt. Andrea Perino, vom Deutschen Zentrum für Integrative Biodiversitätsforschung, betont, es sei sehr wichtig, diese Bereiche nicht getrennt zu verhandeln. Als Beispiel nannte sie die niedrigen Rheinpegel, die verhinderten, dass Handelsschiffe fahren können. Das verursache wirtschaftliche Einbußen.
Wie lassen sich die Verhandlungen für das Abkommen für die Hohe See bewerten?
Dieses Abkommen spielt in der Champions League: Es gilt, eine riesige Fläche zu regulieren. Dabei scheinen sich die Ergebnisse der Studie zu bestätigen - wo es ein wirtschaftliches Interesse gibt, geht es eher voran als wenn dieses fehlt.
Doch es gibt noch einen anderen Aspekt, den die Studienautoren hervorheben. Durch solche Abkommen werden auch sozialen Normen entwickelt, die dann in die Gesellschaft hineingetragen würden und zu Verhaltensänderungen führten. Biodiversitätsforscherin Andrea Perino nennt EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen als Beispiel. Als diese den europäischen "Green Deal" vorstellte, sagte sie: "Das wird unser Man on the Moon. Wir wollen da vorangehen.“
Nicht zuletzt macht die Studie deutlich, das noch mehr geforscht und evaluiert werden muss, um herauszufinden, was Verhandlungen erfolgreich macht. Denn von 250.000 Abkommen, die die Studienautoren gefunden haben, waren nur 200 geeignet, bei den anderen fehlte eine detaillierte Auswertung.