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Umweltbundesamt zu Luftbelastung in Innenräumen

Luft in der Wohnung, im Geschäft oder am Arbeitsplatz ist meist stärker mit Schadstoffen belastet als die draußen auf der Straße: Zur ganz normalen Luftverschmutzung kommen oft Ausdünstungen von Chemikalien, Sporen von Schimmelpilzen, Feinstaub, Zigarettenrauch und andere Schadstoffe. Wie schmutzig die Luft in Wohnungen tatsächlich ist, dieser Frage ist das Umweltbundesamt nachgegangen.

Von Andreas Baum |
    Insgesamt, das sagt das Umweltbundesamt und andere Bundesämter, wie das für Risikobewertung und das Bundesamt für Strahlenschutz, ist unsere Umgebungsluft in Räumen vergleichsweise sauber, sauberer jedenfalls als das, was man zum Teil an großen Straßen, auch in Industriegebieten oder Ballungszentren so einatmen muss. Aber es gibt eben Ausnahmen. Die Stoffe, die besonders gefährlich sind, zum Beispiel Schimmelpilze, sind weiter verbreitet als viele von uns wissen. Gleiches gilt für flüchtige organische Verbindungen, die aus Gegenständen, die in den Wohnungen sind, langsam ausdünsten. Dazu der Präsident des Umweltbundesamtes, Andreas Troge, der heute eine Broschüre vorstellt, die Verbrauchern in dieser Hinsicht helfen soll.

    "Wir haben das Problem, dass viele Stoffe, die wir vor Jahren etwa in Gestalt von Fußbodenklebern, von Fußböden, Möbeln, Elektrogeräten in unseren Wohnungen angeschafft haben, über die Jahre ausgasen und diese Stoffe belasten natürlich die Wohnumwelt. Das ist besonders wichtig, weil wir zu 80 bis 90 Prozent uns in Innenräumen aufhalten, da zählt auch das Auto dazu, aber ein Großteil eben in unserer Wohnung. "

    Es sind aber nicht nur Stoffe, sondern auch Strahlungen und Schwingungen, die Wohnräume belasten. Besonders hervorgehoben sei der Elektrosmog und die Belastung durch Lärm, die weithin unterschätzt wird, wenn es darum geht, wie gesundheitsgefährdend sie ist. In einem Punkt allerdings gibt das Umweltbundesamt Entwarnung, nämlich was die Feinstäube betrifft, die jüngst ja zu Debatten geführt haben: Freunde der Automobilindustrie und des Individualverkehrs haben da immer wieder argumentiert, die Feinstaubbelastung sei in Wohnungen um ein vielfaches höher als an Straßen: Das sei alles aus dem Reich der Märchen entlehnt, sagt Andreas Troge.

    "Es gibt die schauerlichsten Geschichten, dass die Feinstaub im Allgemeinen in unseren Wohnungen größer sei als an stark befahrenen Straßen, das stimmt so nicht. In der Regel ist die Belastung in den Wohnungen geringer. Insbesondere ist es eine Sage, dass moderne Staubsauber gewissermaßen den Staub einsaugen würden und die Feinstaubpartikel alle wieder rauslassen würden. Dies trifft nicht zu, denn moderne Staubsauber sind mit sehr feinen Filtern ausgestattet, die eine sehr große Menge des Staubes, den sie einsaugen, auch zurückhalten. "

    Vor allem aber empfehlen die Experten gegen die Belastung von Wohnräumen eine Maßnahme, die denkbar einfach klingt, aber offenbar nicht bekannt genug ist: Das gemeine Lüften. Gerade in Wohnungen, die nach modernen Standards Wärmegedämmt seien, sei dies nötiger als früher.

    "Wir Menschen verlieren pro Tag einige Liter Wasser. Wenn wir in den Räumen zusammen sind, verlieren wir nach Kopfzahl mehr Wasser, das geht in die Räume, und immer wenns feucht wird, dann bildet sich beispielsweise eine gute Atmosphäre für Schimmelpilze. Wenn nun noch hinzukommt, dass es so genannten Kältebrücken gibt, also die Wände sehr viel Kälte, weil sie schlecht wärmegedämmt sind, in den Raum leiten, dann können sich hier feuchte Atmosphären bilden, in denen sich Schimmelpilze niederschlagen, die dann auch über ihre Sporen zu Atemwegserkrankungen führen können, bis hin zu Infektionen, wenn es sich um vermehrungsfähige Sporen handelt. "

    Was aber kann die Regierung tun, außer eben über seine Bundesämter Broschüren zu verteilen, um dieses Problem anzugehen. Der Gesetzgeber in Deutschland, so argumentiert Troge, tue schon einiges, beispielsweise indem er Flammschutzmittel in Elektrogeräten nach und nach verboten hat.

    "Die Flammschutzmittel gasen aus, und da gibt es Chemikalienverbotsverordnungen, die die Anwendung verbieten. Wichtiger noch scheint mir zu sein, dass wir in der Europäischen Union zu einer neuen Chemikalienpolitik kommen, die endlich die vielen tausend Altstoffe, die in unserer Umgebung überall verteilt sind, dass diese Stoffe auf ihre gesundheitlichen und ihre Umweltwirkungen systematisch geprüft werden. "

    Und außerdem soll jeder Hersteller von Möbeln zum Beispiel genau in Kenntnis gesetzt werden, welche Stoffe er verwenden kann und welche nicht. Das sei heute noch nicht möglich, weil die ganze Sache gar nicht gut genug erforscht ist, die Daten darüber, welche Stoffe in welchen Konzentrationen schädlich sind und welche von ihnen immer noch verwendet werden, sind spärlich. Es gibt also in Sachen gesunde Wohn-Umgebung noch einiges zu tun.