Archiv

Umwelteffekte der Lebensmittel
Wege zu vollen Tellern mit gutem Gewissen 

Landwirtschaft verursacht weltweit rund ein Viertel der Treibhausgasemissionen, verbraucht viel Wasser und sorgt für Überdüngung und Versauerung. Global gesehen, aber entscheidend sind die Details, das ist eine Lehre aus einer neuen Studie.

Von Volkart Wildermuth |
    Ein Bauer pflügt mit seinem Wasserbüffel ein Reisfeld auf der Insel Palawan.
    Wird Reis in ständig gefluteten Felder angebaut, bildet sich viel Methan. Wird der Wasserspiegel dagegen an die Bedürfnisse der Pflanzen angepasst, verbessert sich die Umweltbilanz dramatisch (imago stock&people)
    Der Umweltforscher Joseph Poore aus Oxford und der Agronomen Thomas Nemecek aus Zürich haben unzählige Studien gesichtete und am Ende Daten zu 40 Lebensmitteln gesammelt, die auf über 38.000 Farmen in 119 Länder produziert und von 1.600 Betrieben weiterverarbeitet wurden. Dank dieser Fleißarbeit konnte sie die gesamten Umwelteffekte der Lebensmittel von der Rodung des Landes bis zum Transport zum Einzelhändler erfassen. Joseph Poore hat besonders verblüfft, wie unterschiedlich die Ergebnisse für ein und dasselbe Lebensmittel sein konnten, je nachdem wo und wie es produziert wird.
    "Bei Grundnahrungsmitteln wie Reis gab es Bauern, die 500 Prozent mehr Treibhausgase verursachen, als die umweltverträglichsten Landwirte. Eine Tasse Kaffee von einem Hersteller sorgte nur für 80 Gramm CO2 bei einem andern 1,3 Kilo. Besonders ist uns der Landverbrauch bei Rindfleisch aufgefallen. Ein Kilo kann auf 750 oder nur auf 15 Quadratmetern erzeugt werden. Das ist ein Unterschied von 4.900 Prozent! Diese Produkte sehen absolut identisch aus, wenn wir einkaufen können wir das nicht berücksichtigen."
    Lage und Produktionsweise sind entscheidend
    Prof. Annette Prochnow vom Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie in Potsdam kennt diese Variabilität aus der eigenen Arbeit, die neue Studie hilft ihr, den Blick zu weiten.
    "Der Verdienst, aus meiner Sicht besteht wirklich darin, dass die diese große Menge an Einzelstudien auf einer globalen Skala systematisch ausgewertet haben und dann auch diese enorme Heterogenität aufzeigen."
    Viel hängt von der Lage ab. Tomaten lassen sich in Spanien auf dem Feld ziehen, in England muss ein Gewächshaus geheizt werden. Genauso wichtig ist der Art der Lebensmittelproduktion. Beim wird Reis zum Beispiel in ständig gefluteten Felder angebaut, bildet sich viel Methan. Wird der Wasserspiegel dagegen immer wieder an die tatsächlichen Bedürfnisse der Pflanzen angepasst, verbessert sich die Umweltbilanz dramatisch. Oft spielen Lage und Produktionsweise zusammen, wie bei der Aquakultur. Wenn die Teiche nicht ausreichend belüftet werden, bildet sich wieder Methan. Und das umso mehr, je wärmer es am jeweiligen Standort ist.
    Pflanzliche Alternativen schneiden besser ab
    Bislang wissen die Bauern meist nicht, welchen Umweltfußabdruck ihr Betreib verursacht, können also auch nicht gezielt gegensteuern. Neben den Bauern, sieht Joseph Poore auch die verarbeitenden Betreibe und vor allem die Verbraucher in der Pflicht. Deren Entscheidungen prägen die Umweltfolgen der Nahrungsmittelproduktion ganz maßgeblich, vor allem über die Nachfrage nach Fleisch und Milchprodukten. Rein ernährungsphysiologisch gibt es dafür pflanzliche Alternativen und die schneiden in der Analyse von Joseph Poor in allen Fällen deutlich besser ab.
    "Zum Beispiel entstehen bei der besten Herstellung von Kuhmilch immer noch 1,7 Kilogramm CO2. Die Werte für Sojamilch liegen immer niedriger, man kann sie sogar mit nur 0,6 Kilo CO2 produzieren. Das gilt generell, wenn wir tierische und pflanzliche Produkte vergleichen."
    Aus Umweltperspektive ist das ein klares Plädoyer für eine vegane Ernährung. Doch auch Joseph Poore ist klar, dass das hierzulande nicht Bevölkerungsweit umsetzbar ist. Er setzt deshalb auf eine Doppelstrategie. Die Konsumenten sollten den fleisch- und Milchverbrauch halbieren und dabei bei den umweltverträglichsten Hersteller einkaufen.
    "Wir bitten die Verbraucher um einen kleinen Beitrag, der einen großen Nutzen für den Planeten hat. Aber dazu müssen sie mehr über die Herstellung wissen. Wir setzen auf Produktinformationen, aber auch auf Steuern und Subventionen, um diesen Wandel zu unterstützen."