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Umweltexperten zum Luftverkehr
"Fliegen wird künstlich günstig gehalten"

Verspätungen und Flugausfälle: Damit müssen Flugreisende auch in diesem Sommer wieder rechnen. Das Problem: Das Passagieraufkommen wächst seit Jahren – und das auch zu Lasten der Umwelt. Wie könnte nachhaltiger Luftverkehr aussehen?

Von Brigitte Scholtes |
Eine Vielzahl an Kondensstreifen zerschneidet einen blauen Himmel
Ein Flug nach Teneriffa oder ein Jahr Auto fahren - beides schädigt das Klima gleich stark. (Presse-Bild-Poss)
Ein Flug nach Teneriffa schädigt das Klima so sehr wie ein Jahr Autofahren. Das rechnet der Naturschutzbund Deutschland vor. Der Flugverkehr habe in der EU in den vergangenen 15 Jahren um etwa fast 70 Prozent zugenommen. Auch für Martin Mosel vom BUND Hamburg ist klar:
"Wir dürfen nicht noch mehr hineinpumpen. Die CO2-Emissionen aus dem Luftverkehr sind heute schon zu groß und sie steigen weiter. Und das müssen wir im Auge behalten."
Doch was tun? Auch der Branche selbst ist bewusst, dass sie die Belastung durch Treibhausgase reduzieren muss. Sie setzt etwa auf effizientere Flugzeuge. So schafft Lufthansa in den nächsten acht Jahren 221 neue Flugzeuge an. Das hat aber auch ökonomische Gründe, denn modernere Flugzeuge sind schließlich sparsamer.
Doch im Vergleich zu anderen Verkehrsträgern sei Fliegen zu billig, sagt Matthias Runkel vom Forum ökologisch-soziale Marktwirtschaft:
"Die Kosten müssen über verschiedene Elemente internalisiert werden, das können so verschiedene Dinge sein wie Steuern auf Kerosin. Hier wird bisher überhaupt kein Cent erhoben im Vergleich zu anderen Kraftstoffen in anderen Verkehrsbereichen, bei anderen Verkehrsträgern. Auch die Mehrwertsteuer entfällt auf internationalen Flügen, das sind natürlich alles sehr relevante Kostenblöcke, die das Fliegen künstlich günstig halten."
Begrenzung des Luftverkehrs zugunsten Wohlhabender?
Diese Subventionen werden auf mehr als 10 Milliarden Euro geschätzt. Immerhin gibt es auf internationaler Ebene das Ziel, dass von 2021 an der Luftverkehr klimaneutral wachsen soll. Doch bisher sind die europäischen Airlines die einzigen, denen ökologische Auflagen gemacht werden, sagt Eric Heymann, Verkehrsexperte der Deutsche Bank Research:
"Ich bin gespannt, inwiefern die Disziplin dann auch von außereuropäischen Airlines aussieht, ob man diese Maßnahmen, die dort derzeit verhandelt werden, dann auch wirklich umgesetzt werden. Ansonsten: Eine wirkliche Begrenzung des Luftverkehrs durch restriktive ordnungspolitische Maßnahmen würde auch bedeuten, dass das wieder ein Verkehrsträger wird, der nur für die Wohlhabenden verfügbar ist und nicht mehr für diejenigen, die vielleicht auch einmal im Jahr eine Flugreise in den Urlaub antreten möchten. Das ist dann einfach auch eine demokratische Debatte, die man da führen muss."
Klimaabgabe für Flugreise sei "individuelles Greenwashing"
Die Ticketpreise einfach zu erhöhen kann also nicht die Lösung sein. Deshalb rät Matthias Runkel vom Forum ökologisch-soziale Marktwirtschaft zu einem größeren Ansatz:
"Man kann ja auch am Steuersystem an anderen Ecken und Enden drehen, indem man die Steuerlast verteilt und dafür Steuern auf Einkommen reduzieren kann, wenn man Umwelt generell höher besteuert. Da braucht man vielleicht auch ein größer angelegtes Gesamtkonzept für die gesamte Besteuerung in Deutschland."
Kurzfristig immerhin können sich Flugreisende ein etwas ruhigeres Gewissen verschaffen, indem sie den CO2-Ausstoß ihres Fluges mit Zahlungen für Klimaschutzprojekte kompensieren. Besser als nichts, meint Runkel, aber keine wirklich Lösung:
"Persönlich sehe ich das eher als eine Art des individuellen Greenwashings, aber das heißt nicht, dass es nicht trotzdem auch eine gute Sache ist. Aber besser wäre es natürlich, aufs Fliegen zu verzichten."