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Umweltpreis für Bodenschutz
"Bewusstsein für das Umweltmedium Boden stärken"

Schon in ihrer Kindheit in Oberfranken hat sie am liebsten in der Erde gegraben: Die Geo-Ökologin Ingrid Kögel-Knabner von der TU München ist nicht nur eine der weltweit meistzitierten Wissenschaftlerinnen ihrer Fachrichtung - sie erhält dieses Jahr auch den Umweltpreis für Bodenschutz.

Von Michael Watzke |
Prof. Dr. Ingrid Kögel-Knabner
Trägerin des Deutschen Umweltpreises 2019 der Deutschen Bundesstiftung Umwelt: Ingrid Kögel-Knabner (Astrid Eckert / Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) / dpa)
"Wir sehen den Boden nicht!", sagt Prof. Dr.Ingrid Kögel-Knabner. Für die Inhaberin des Lehrstuhls für Bodenkunde an der TU München hat die moderne Gesellschaft ein wenig die Bodenhaftung verloren.
"Fast niemand mehr hat direkten Kontakt zum Boden. Außer er ist Gärtner oder Landwirt." Oder Geo-Ökologin und eine der meistzitierten Wissenschaftlerinnen ihrer Fachrichtung weltweit. Ingrid Kögel-Knabner hat schon in ihrer Kindheit in Oberfranken am liebsten in der Erde gegraben. Und das ist auch heute noch so.
"Wenn Sie mal aufgraben und in den Boden reinschauen oder an einem Straßenanschnitt: Böden sind farblich sehr schön! Wie kleine Kunstwerke! Und Sie müssen sich vorstellen, dass in einer Handvoll Erde mehr Organismen leben, Pilze, Bakterien und kleine Bodentiere, als Menschen auf der Erde."
Vor allem aber speichert der Boden Kohlenstoff, mehr als alle Bäume und Ozeane dieser Welt zusammengenommen. Das sei immens wichtig fürs Klima und werde oft übersehen, sagt die Wissenschaftlerin.
"Wenn wir verschmutzte Luft haben, merken wir das relativ schnell beim Atmen. Wenn wir verschmutztes Wasser haben und es nicht trinken können, wissen wir das sofort. Der Boden ist ein Medium, das Stoffe, sowohl Nähr- als auch Schadstoffe, stark filtert und abpuffert. Aber auch beim Boden gibt es natürlich Punkte, an denen die Kapazität, die der Boden hat, zu filtern und zu puffern, überschritten wird. Und dann bricht das Ganze durch."
Größte Sorge: verschwindende Böden
In Deutschland sei die Qualität der Böden überwiegend gut, sagt Kögel-Knabner, die nicht zu Alarmismus neigt, nur um Schlagzeilen zu produzieren. Sie ist eine nüchterne Wissenschaftlerin, für die Messwerte zählen. Die seien zumindest im Süden Deutschlands derzeit nicht besorgniserregend.
"Unsere Ergebnisse zeigen schon, dass die bayerischen Böden mit organischer Substanz gut versorgt sind. Sie haben noch Kapazität, also man könnte mehr organische Substanz in den Boden einbringen. Aber die Versorgung und Humus-Bewirtschaftung - zumindest was ich für Bayern sagen kann - ist nicht schlecht."
Was Kögel-Knabner Sorge macht, sind nicht so sehr die vorhandenen Böden, sondern jene, die verschwinden. Durch den rasanten Flächenverbrauch.
"Also dass wir Böden zubauen. Dass wir sie nutzen für Siedlungen, Verkehrsflächen, Industriegebiete. Also dass wir Bodenfläche - und damit nicht nur Fläche, sondern den Boden als Lebensraum – einfach zubauen."
"Wir sind schon bisweilen schräg angeschaut worden"
Deshalb ist Professor Kögel-Knabner dankbar für die Auszeichnung mit dem Deutschen Umweltpreis, den ihr im Oktober die Deutsche Bundesstiftung Umwelt in Mannheim überreichen wird.
"Das ist natürlich eine große Ehre und Anerkennung der eigenen Arbeit. Aber es ist natürlich auch die Chance, das Bewusstsein für das Umweltmedium Boden stärker in die Gesellschaft zu tragen und für die Funktionen, die Böden haben, und wie wir die schützen können."
Eines wird weder die Auszeichnung noch das Preisgeld von 250.000 Euro verändern: Nämlich die sprichwörtliche Bodenständigkeit der Bodenexpertin Kögel-Knabner. Die zweifache Mutter hat ihre wissenschaftliche Karriere ohne längere Auslandsaufenthalte gemacht. Das hätten sie und ihr Mann nicht mit dem Familienleben vereinbaren können.
"Wir sind schon bisweilen schräg angeschaut worden. Es gab viele Stimmen, die gesagt haben: Das klappt eh‘ nicht. Man muss natürlich an einigen Punkten schon Abstriche machen. Ich habe im wesentlichen Forschung, Job und Familie gemacht. Andere Dinge nur in geringerem Umfang."
Vielleicht komme nun die Zeit, sagt die 60-jährige Wissenschaftlerin, um mal etwas Neues zu wagen, für das sie bisher keine Zeit hatte.