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Umweltschutz
EU reformiert den Fischfang

Die EU will Fischereiquoten festlegen und den sogenannten Rückwurf reduzieren. Markus Knigge von der Meeresschutz-Organisation PEW zeigt sich zufrieden: Dies sei ein Paradigmenwechsel, durch den sich die Fischbestände wieder erholen könnten.

Markus Knigge im Gespräch mit Ursula Mense |
    Ursula Mense: Es ist eine richtige EU-Fischereireform, sagen viele EU-Parlamentarier. Heute wird das Parlament in Straßburg darüber abstimmen und dann soll ab 2017 das sogenannte Rückwurfverbot in Kraft treten – eine der Reformen, die verhindern soll, dass weiterhin mehr als ein Viertel eines Fischfangs wieder ins Meer geworfen wird. – Ich bin jetzt verbunden mit Markus Knigge von der Meeresschutz-Organisation PEW. Die Überfischung soll ein Ende haben, das ist das eine. Das andere – und das kommt logischerweise zuerst – ist die Frage, wie viele Fische dürfen überhaupt aus dem Wasser geholt werden. Die Fangquoten sollen sich in Zukunft nach wissenschaftlichen Kriterien richten. Das klingt etwas schwammig. Herr Knigge, was heißt das konkret?
    Markus Knigge: Vielen Dank. Es heißt konkret, dass zum ersten Mal mit dieser Reform der gemeinsamen Fischereipolitik verbindliche Ziele festgelegt worden sind, auf welche Größe man die Fischbestände wieder anwachsen lassen soll. Man muss sich vorstellen, dass die Mehrheit der europäischen Fischereibestände einfach stark überfischt ist, im Mittelmeer sogar über 90 Prozent, und das ist natürlich für niemanden eine wünschenswerte Situation, weder für die Fischer, noch für Umweltschützer, für niemanden. Darauf hat man sich dann verständigt, dass man sagt, wir müssen jetzt das erste Mal wirklich verbindlich unsere Fischereibestände wieder auffüllen, um dann letztendlich auch in Zukunft wieder höhere Erträge den Fischern geben zu können.
    Mense: Hat man denn auch schon konkrete Quoten festgelegt?
    Knigge: Nein. Das wird weiterhin jedes Jahr geschehen, und das ist das, was Sie gerade erwähnten: auf der Grundlage der wissenschaftlichen Ratschläge. Das wurde früher schon gemacht, dass die Wissenschaftler gesagt haben, wie viel darf man rausnehmen, und dann sich die Minister zusammengesetzt haben, um zu sehen, wie viel darf man wirklich rausholen.
    Mense: Das heißt, auch von Ihrer Warte aus erst mal ein Schritt in die richtige Richtung?
    Knigge: Das ist definitiv ein großer Schritt in die richtige Richtung, ja.
    Mense: Es gibt auch noch eine zweite Änderung, ich habe es eben schon erwähnt, nämlich den sogenannten Beifang nicht mehr zurück ins Meer kippen zu dürfen. Was hat es damit auf sich?
    Knigge: Es ist so, dass häufig verschiedene Fischarten gleichzeitig gefangen werden, und wenn man dann keine Fangrechte mehr hat für die eine Art, wird die einfach über Bord geworfen. Es wird weitergefangen, bis man sozusagen die gesamten Fangrechte ausgeschöpft hat, und das ändert sich halt. Früher war es so, dass es sozusagen Anlandegrenzen gab. Es wurde geregelt, wie viel darf ein einzelner Fischer an Land bringen, und es hieß nicht, wie viel darf überhaupt gefangen werden. Letztendlich ist aber das natürlich von Interesse, wie viel Fisch wird dem Meer entnommen, weil dieser Fisch, der zurückgeworfen wird, stirbt in den meisten Fällen. Er wird nicht überleben und das ist natürlich eine Wahnsinnsverschwendung der Ressourcen. Sie haben ja selber gesagt, ein Viertel ungefähr, in einzelnen Fischereien ist das über 50 Prozent, und da hat man sich darauf geeinigt, dass man aufhören soll, diese Fische so einfach ins Meer zurückzuwerfen.
    Mense: Aber sterben werden sie so oder so. Was passiert denn dann mit den Tieren, die man dann jetzt wohl auch an Land holen muss?
    Knigge: Die Idee ist natürlich nicht, dass man einfach den toten Fisch jetzt an Land bringt und sonst nichts ändert, sondern der Zweck dieser Vorschrift ist natürlich, dass die Fischer ihr eigenes Fangverhalten verändern und somit mehr darauf achten, weniger von diesen Fischen zu fangen, die sie eigentlich gar nicht beabsichtigen zu fangen. Man nennt das im Fischereijargon selektive Fangmethoden. Dafür werden zum Beispiel auch Subventionen bereitgestellt. Es gibt auch in verschiedenen Fischereien Modellvorhaben, wo sich zum Beispiel Fischer absprechen und sagen, geht lieber raus aus diesem Gebiet, hier fangen wir gerade sehr viel von dieser Art, die wir eigentlich gerade gar nicht fangen wollen. So gesehen ist der Wunsch, dass die Menge von diesem Fang extrem zurückgehen wird. Das, was dann unvermeidbar ist, da gibt es dann Ideen, dass man sagt, diejenigen Fische, die eigentlich nicht angelandet werden sollten, dass die dann nicht mehr für den menschlichen Konsum verkauft werden können und dementsprechend auch einen geringeren Preis am Markt erzielen und damit auch keinen Anreiz für den Fischer bieten, doch weiterzufischen.
    Mense: Kontrollieren lässt sich das ja schwer. Halten Sie das trotzdem für eine praktikable und gute Lösung?
    Knigge: Ich glaube, Sie sprechen das Richtige an. Das ist wie bei vielen Gesetzesvorhaben: Es kommt sehr, sehr stark jetzt auf die Implementierung des gesamten Gesetzesvorhabens an. Das ist, worauf wir auch ein besonderes Augenmerk setzen wollen, dass man guckt, dass sowohl die Fanggrenzen als auch der Rückwurf nicht zu unbeabsichtigten Nebenwirkungen führen. Die Kontrolle ist einer der ganz großen Punkte. Natürlich ist es extrem schwer zu gucken auf dem Meer, was da passiert. Insbesondere gab es da Ausnahmeregelungen, dass man doch einen kleinen Teil der Fische zurückwerfen kann, über die wir nicht so besonders erfreut sind. Aber wir denken dennoch, dass es ein richtiger Schritt in die Richtung ist. Es ist richtig ein „paradigm shift“, das ist ein völlig neues Modell des Fischerei-Managements, wenn man sagt, wir gehen weg vom Landegrenzen, von Landelimits zu Fanglimits, und das glauben wir, dass das auf jeden Fall der richtige Schritt ist.
    Mense: Markus Knigge von der Meeresschutz-Organisation PEW über die Fischereireform, der heute das EU-Parlament zustimmen wird. Vielen Dank für das Gespräch.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.