Archiv

Umweltschutz
Rumänen protestieren gegen Goldabbau in Siebenbürgen

Tausende Menschen gehen in Bukarest und anderen rumänischen Großstädten auf die Straße. Sie demonstrieren gegen den geplanten Goldabbau mittels Zyanid in der siebenbürgischen Region Rosia Montana. Anwohner und Umweltschützer befürchten erhebliche Umweltgefahren.

Von Thomas Wagner |
    Vereinigt euch - rettet Rosia Montana! Campeni, eine kleine 8000-Einwohner-Gemeinde im rumänischen Verwaltungskreis Alba Julia - der Zorn der über 1000 Demonstranten, die sich im Ortszentrum zusammengefunden haben, ist groß.
    Am Rande der riesigen Menschenmenge steht auch Iona, Mitte 20. Sie unterrichtet als Lehrerin in Campain:
    "Wir alle, meine Bekannten, meine Freunde, wir alle sind heute hierhergekommen: Nämlich zu verhindern, dass man hier Zyanid in den Berg pumpt."
    Genau das aber ist der Plan, der Bewohner und Umweltschützer aus nah und fern in helle Aufregung versetzt: Das Unternehmen "Rosia Montana Gold Corperation", hinter dem sich mehrheitlich eine kanadische Investorengruppe verbirgt, möchte die enormen Goldvorkommen in den Bergen und Tälern rund um Rosia Montana abbauen. Die werden auf über 17 Millionen Unzen geschätzt. Hinzukommen über 80 Millionen Unzen Silber. Der Haken dabei ist das Verfahren: Der Goldabbau soll im sogenannten Zyanid-Verfahren erfolgen. Dabei wird das Erdreich, in dem Gold vermutet wird, in einem riesigen Zyanid-See ausgewaschen. Ion Utiu ist Umweltaktivist, hat die Proteste gegen das Projekt mitorganisiert.
    "Da kommen riesige Mengen an umweltgefährdendem Zyanid zum Einsatz. Die Rede ist von 360 bis 400 Tonnen Zyanid, die in diesen See eingebracht werden sollen, und zwar täglich. Da geht es nicht nur um den Schutz der Natur. Da steht vor allem unsere eigene Sicherheit auf dem Spiel. Das ist eine riesige Gefahr für uns. Denn dieser Produktionsprozess auf Zyanid-Basis ist eben nicht 100 Prozent sicher."
    Das hatte sich schon vor 13 Jahren gezeigt, als im rumänischen Baia Mare der Damm eines ebenfalls zur Goldausfällung benutzten Zyanid-Sees brach und sich große Mengen einer Zyanid haltigen Giftbrühe bis zur Donau verbreitete, dort immense Umweltschäden anrichtete. Doch das ist nicht der einzige Punkt, der Umweltschützer Ion Utiu und vielen anderen Anlass zum Protest bietet. Um an die Goldvorkommen rund um Rosia Montana zu kommen, müssten im Laufe der Zeit mindestens drei Berge schlichtweg weggesprengt werden; die Dörfer drum herum würden dabei dem Erdboden gleichgemacht; geplant ist die Umsiedlung von rund 2000 Bewohnern der Region.
    "Das Gefährlichste daran ist die Verbreitung giftiger Schwermetalle: Bei den Sprengungen verteilen sich die in die Luft und verbreiten sich in der ganzen Region, je nach Windrichtung übe Hunderte Kilometer hinweg. Das bedeutet für die Gesundheit der Menschen, die dort Leben, eine große Gefahr."
    All das bringt die Menschen im ganzen Land auf die Beine: Vereinigt Euch, rettet das Apusem-Gebirge rufen sie immer wieder. Immerhin: Das Parlament hat einer Gesetzesänderung, die Voraussetzung für das Projekt wäre, noch nicht zugestimmt. Und so sind die Demonstranten guten Mutes, das Ganze doch noch zu verhindern. Dabei sind die Pläne zur Erschließung der Goldvorkommen in Rosia Montana schon seit 15 Jahren bekannt; regionale Proteste gab es immer mal wieder. Dass nun aber Tausende auf die Straße gehen, ihrem Zorn über den sich nach ihrer Meinung nach anbahnen Umweltfrevel freien Lauf lassen, ist neu. Umweltschutz hat einen neuen Stellenwert bekommen, bestätigt Aktivist Ion Utiu:
    "Sehen Sie, ein wichtiger Punkt war die Aufnahme als, sagen wir mal, Brüder in der Europäischen Union. Und seitdem haben wir eine Art ökologisches Bewusstsein entwickelt: Da sind die Beispiele aus anderen europäischen Ländern, wo sich Umweltschützer gegen bedenkliche Projekte zur Wehr gesetzt haben. Und da ist eben das auch das europäische Umweltrecht, an das sich alle nationalen Regierungen halten müssen und das in allen europäischen Regionen gilt."
    Eugen David steht der Vereinigung Albus Major vor - einer Vereinigung, die sich nach dem lateinischen Namen für Rosia Montana benannt hat und die seit Jahren gegen das Goldminenprojekt kämpft. Er sieht noch einen anderen Grund dafür, dass sich plötzlich so viele Rumäninnen und Rumänen für den Umweltschutz engagieren.
    "Wir haben viele junge Mitstreiter in unseren Reihen. Ja, und die Jugend - die ist viel freier im Denken. Die ist bei Weitem nicht so sehr dem alten System verhaftet, bei dem es nur ums Geldverdienen geht. Sie denken anders, sie sind einfach frei."
    Wohl wahr: Iona, die Lehrerin am Rande der Menge, ist gerade mal Mitte 20. Sie weiß, dass die Umweltschützer noch in der Minderheit sind, dass viele an einem Großprojekt wie dem Goldabbau von Rosia Montana mitverdienen würden und deshalb dafür sind.
    "Klar, viele denken an mögliche Arbeitsplätze im Bergwerk. Und manche haben hübsche Ämter und Funktionen, in denen sie von solch einem Projekt profitieren. Und nur allzu viele denken nur ans Heute und nicht ans Morgen."
    Gerade die Jüngeren unter den Umweltaktivisten in Rumänien lernen aufzubegehren, zu protestieren - nicht nur gegen das Goldprojekt von Rosia Montana. Ion Uitio kennt eine ganze Reihe von Themen, bei denen sich die rumänischen Umweltschützer immer lauter zu Wort melden:
    "Ein weiteres großes Problem haben wir im Osten des Landes. Da wollen sie mit dem sogenannten Fracking-Verfahren Schiefergas in großem Stil erschließen - eine weitere Gefahr für die Umwelt. Und schließlich wäre da noch die Zerstörung der rumänischen Wälder durch Flächenrodung."
    Zu tun gibt es also genug für die rumänischen Umweltaktivisten. Und manche von ihnen träumen von etwas, was in anderen Ländern schon längst Realität ist: von einer eigenen Umweltpartei mit Sitz und Stimme im rumänischen Parlament.
    "Ich glaube, in dieser Stunde des Protestes beweisen wir, dass es in Rumänien auch ein Gefühl für die Umwelt gibt. Also ich glaube, Rumänien wäre jetzt durchaus darauf vorbereitet auf eine ökologisch ausgerichtete politische Bewegung. Die wird vielleicht nicht so stark sein wie in Deutschland. Aber sie wird auch bei uns kommen."