Wenn es draußen heftig gewittert und wie aus Kannen gießt, dann werden große Mengen an Straßendreck in die 190.000 Gullys der Stadt Berlin gespült. Blätter, Öl, Bremsstaub, aber auch Mikroplastik. Das sind weniger als fünf Millimeter kleine Plastikteilchen, die von Straßenmarkierungen oder verwittertem Plastikmüll stammen. Reifenabrieb gehört auch dazu und macht den Löwenanteil aus – meint Daniel Venghaus vom Fachgebiet Siedlungswasserwirtschaft an der TU Berlin.
"In Deutschland geht man davon aus, dass ungefähr. 111.000 Tonnen Reifenabrieb auf den Straßen verbleiben und vermutlich mit dem Regenwasser in die Kanalisation gespült werden."
Im Klärwerk wird davon bisher wenig zurückgehalten. Und so landet ein Großteil im Teltowkanal, im Landwehrkanal oder in der Spree. Wie viele der winzigen Plastikteilchen dann mit jedem Kubikmeter Wasser Richtung Meer fließen, weiß keiner so genau.
Filtersystem für Straßenabfluss
In der großen Versuchshalle der TU Berlin in der Gustav-Meyer-Allee testen seit Oktober 2016 die Forscher zwei Filtersysteme, die erstmals Mikroplastik im Straßenabfluss zurückhalten sollen. Umwelttechniker Bastian Batilla führt die Versuche durch.
"Dabei handelt es sich um eine Filterkartusche, einen zylinderförmigen Filter, der außen mit einem Edelstahlsieb versehen ist und ein mineralisches Filtermaterial enthält, mit dem auch speziell unsere Mikroplastikpartikel zurückgehalten werden sollen."
Das Filtergranulat besitzt eine Korngröße von bis zu drei Millimeter und besteht unter anderem aus porösem Mineralgestein. Es wird bereits zum Rückhalt von Schwermetallen und anderer unerwünschter Stoffe eingesetzt. Das Mikroplastik soll in den Zwischenräumen des Granulats mechanisch aufgehalten werden – meint Bastian Batilla.
"Dann haben wir noch ein zweites System. Das ist nicht zum Nachrüsten, sondern ein komplettes Schachtsystem, in dem in der Mitte ein Filter eingelassen ist, mit einem Filtergranulat. Auch da gibt es den Effekt, die Mikroplastikstoffe heraus zu filtern."
Dieses Filtergranulat ist bis zu sechs Millimeter groß und basiert auf dem Mineralgestein Zeolith. Auch hier soll sich das Mikroplastik in den Zwischenräumen verfangen. Zusätzlich besitzt das Schachtsystem ein engmaschiges Sieb, das Teilchen bis zu 0,4 Millimeter Größe aufhalten kann.
In einen 2,50 Meter tiefen Abflussschacht aus durchsichtigem PVC werden beide Filtersysteme eingehängt. Bastian Batilla simuliert am Versuchsstand verschieden starke Regenereignisse. Vom Nieselregen bis zum Starkregen ist alles dabei. Auf dem Weg zu den Filtern reichern die Forscher das Wasser mit Mikroplastik aus Polystyrol und Polyethylen an. In Konzentrationen, wie sie auch draußen vorkommen – meint Daniel Venghaus.
"Die ersten Versuche mit den beiden Filtersystemen waren sehr vielversprechend. Gerade grobe Partikel wurden sehr gut zurückgehalten. Die feineren Partikel, die Tests dazu laufen gerade, aber auch hier lässt sich vermuten, dass wir einen nennenswerten Rückhalt bekommen werden."
Je feiner das Plastik, desto schwierger das erfolgreiche Filtern
Bis zu 95 Prozent Mikroplastik konnten beide Systeme zurückhalten. Doch je feiner die Partikel werden, umso schwieriger wird es. Da wollen die Forscher künftig im Klärwerk nachbessern.
In der Berliner Kläranlage Ruhleben läuft seit Januar dazu eine Pilotanlage. Jeannette Jährig vom Kompetenzzentrum Wasser Berlin steht vor einem zwei Meter hohem Edelstahlgehäuse, in dem Abwasser über eine rotierende feinporige Scheibe läuft.
"Das ist eine Scheibenfilteranlage mit einem Edelstahlgewebe. Wir haben jetzt ein Gewebe im Test, das Partikel größer zehn Mikrometer zurückhalten kann. Wir wollen danach aber auch noch Gewebe testen, die acht oder sogar bis zu sechs Mikrometer zurückhalten können."
Ein deutschlandweit einmalige Pilotanlage, die mechanisch besonders kleine Partikel herausholen soll. Ihre Leistungsfähigkeit muss sie aber erst noch im Laufe des Jahres unter Beweis stellen.