Karlsruhe
Umwidmung von Corona-Hilfen verfassungswidrig

Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat einen früheren Nachtragshaushalt der Ampel-Regierung für nichtig erklärt. Demnach durften 60 Milliarden Euro an nicht benötigten Krediten zur Bewältigung der Corona-Pandemie nicht einfach umgewidmet und für neue Projekte in den sogenannten "Klima- und Transformationsfonds" verschoben werden.

16.11.2023
    Aussenaufnahme des Bundesverfassungsgericht. Ein grauer Betonbau, im Vordergrund ist eine Mauer auf der "Bundesverfassungsgericht" steht.
    Als erste Konsequenz des Karlsruher Urteils zum Bundeshaushalt hat Bundesfinanzminister Lindner eine Sperre des Wirtschaftsplans des Klima- und Transformationsfonds vorgenommen. (picture alliance / dpa / Uli Deck)
    Auch habe das entsprechende Gesetz nicht rückwirkend verabschiedet werden dürfen. Sollten nun bereits eingegangene Verpflichtungen absehbar nicht mehr bedient werden können, müsse dies durch den Gesetzgeber anderweitig kompensiert werden. Das Gesetz sei damit nichtig, teilte das Gericht mit. Es gehe um die Wirksamkeit der Schuldenbremse, sagte die Vorsitzende Richterin des Zweiten Senats, König, bei der Verkündung.

    Sperre für Klimafonds - Kanzler kündigt "genaue Prüfungen" an

    Als erste Konsequenz aus dem Urteil verhänget Finanzminister Lindner für die kommenden beiden Jahre eine Ausgabensperre für den sogenannten "Klima- und Transformationsfonds". Davon ausgenommen sind Maßnahmen zur Förderung der Energieeffizienz und der Wärmewende im Gebäudebereich. Es werde nun zunächst ein neuer Wirtschaftsplan ausgearbeitet.
    Bundeskanzler Scholz sagte in einer Parlaments-Befragung, seine Regierung werde das Urteil nun sorgfältig auswerten und genau beachten. Er kündigte genaue Prüfungen an. Es sei denkbar, dass der Richterspruch eine sehr tiefgreifende Veränderung der Haushaltspraxis zur Folge habe, sagte er im Bundestag. Auswirkungen auf den Zeitplan für die Verabschiedung des Bundesetats 2024 habe das Urteil aber nicht, betonte der Kanzler.
    Wirtschaftsminister Habeck zählte Zusagen auf, die seiner Auffassung nach weiterhin eingehalten werden können. Konkret nannte er die Senkung der Stromkosten durch die Übernahme der Ökoenergie-Umlage, die Förderung von E-Mobilität inklusive der Ladesäulen-Infrastruktur, die Unterstützung von Geothermie-Projekten, den Ausbau von Fernwärme sowie die Förderung von Gebäudesanierung durch neue Fenster, Türen und Dämmungen.

    Union: "Ampel in Parade gefahren"

    An das Gericht gewandt hatte sich die Unionsfraktion im Bundestag. Sie hielt das Vorgehen der Bundesregierung für verfassungswidrig Der Vorsitzende der Unionsfraktion, Merz, forderte als Konsequenz aus dem Haushalts-Urteil des Bundesverfassungsgerichts eine Unterbrechung der Etatberatungen für 2024. Der Entwurf brauche mehr Zeit und dürfe nicht bereits morgen im zuständigen Bundestags-Ausschuss abschließend erörtert werden, sagte der CDU-Chef in Berlin. Bundeskanzler Scholz hatte zuvor erklärt, die Koalition sehe den Zeitplan für die Verabschiedung des neuen Haushalts nicht beeinträchtigt.

    Greenpeace: "Rückschlag für den Klimaschutz"

    CSU-Landesgruppenchef Dobrindt sprach von einer "gigantischen Klatsche". Er sagte der Mediengruppe Bayern, die Regierung habe Milliarden genommen, die sie nicht hätten anrühren dürfen, um daraus ihre - Zitat - "links-grünen Luftschlösser" zu finanzieren.

    Die Umweltorganisation Greenpeace Deutschland nannte das Urteil einen herben Rückschlag für den Klimaschutz. Geschäftsführer Kaiser sagte im Deutschlandfunk, nun räche sich, dass die Bundesregierung den klimaneutralen Umbau der Wirtschaft mit finanzpolitischen Taschenspielertricks habe bezahlen wollen. Es brauche in der Ampel nun einen Paradigmenwechsel weg von der Schuldenbremse.
    Diese Nachricht wurde am 15.11.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.