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UN-Konvention vor 25 Jahren
Kampf gegen die Wüstenbildung

Jedes Jahr verliert die Erde zwölf Millionen Hektar fruchtbares Land durch Wüstenbildung. Am 17. Juni 1994, vor 25 Jahren, wurde deshalb die UN-Konvention zur Bekämpfung der Wüstenbildung verabschiedet.

Von Monika Seynsche |
    Ein Mann sitzt mit einem Sonnenschirm in der Hand am Ufer eines fast ausgetrockneten Sees im indischen Bhopal
    Am Ufer eines Sees im indischen Bhopal: Wüstenbildung ist in vielen Ländern ein großes Problem (AFP)
    Die Wolken hängen tief an diesem Tag, als der Jeep von der ruckeligen Schlammpiste abbiegt und vor einer kleinen Farm hält. Einige Lehmhütten kauern hinter einem halbhohen Zaun, umgeben von Mais- und Hirsefeldern. Auf der Farm lebt Sampson Avaala mit seiner Familie.
    "Seit einigen Jahren sind wir ständig in Gefahr, denn die Regenzeiten kommen immer unregelmäßiger. Manchmal gibt es Überflutungen, dann wieder Dürren."
    Hier, im Norden Ghanas, zeigt der Klimawandel sein launisches Gesicht. Er verschlimmert ein Problem, das schon seit Jahrzehnten um sich greift: die Zerstörung fruchtbarer Böden durch Übernutzung. Etwas weiter nördlich, in der Sahelzone hat diese Desertifikation bereits Hunderttausende von Menschen das Leben gekostet. Christoph Thies ist bei Greenpeace Experte für Globale Landnutzung.
    "Es ist schon in den 80er-Jahren beobachtet worden, dass Wüsten sich immer stärker ausbreiten. Ganz besonders ist den Menschen das aufgefallen in Afrika, wo in der Sahelzone die Böden immer unfruchtbarer wurden und die Wüsten sich immer weiter ausgebreitet haben. Das hat man auch in anderen Regionen der Welt festgestellt. Und das hat dann bewirkt, dass 1992 auf dem großen Erdgipfel in Rio auch diese UNCCD, die Konvention zur Bekämpfung der Wüstenbildung beschlossen wurde."
    Zwei Jahre Verhandlung
    Nach zwei Jahren Verhandlung wurde die Konvention am 17. Juni 1994 in Paris verabschiedet. Die Mitgliedsstaaten verpflichten sich darin, Boden, Wasser und die biologische Vielfalt in den von Wüstenbildung bedrohten Regionen der Welt schonend und nachhaltig zu nutzen, die Lebensbedingungen der Menschen zu verbessern und die Armut zu bekämpfen. Denn gerade die ärmsten Länder der Welt sind besonders stark von der Zerstörung fruchtbarer Böden betroffen.
    Mariam Ahktar-Schuster erforscht seit Ende der 1980er-Jahre die Ursachen und Auswirkungen von Dürre und Wüstenbildung in Afrika. Heute leitet sie die wissenschaftspolitische Schnittstelle der Konvention und untersucht, wie sich die Wüstenbildung bekämpfen lässt – etwa durch eine Änderung der landwirtschaftlichen Praxis.
    "Es sind natürlich Pflanzen wie zum Beispiel Baumwolle, aber auch Reis, die mehr Wasser benötigen, und da muss man viel mehr bewässern. Die Frage ist, kann man da nicht viel eher auf trockengebietstolerante Arten zurückgreifen, zum Beispiel die Hirse, die sowieso seit Jahrzehnten vor Ort verwendet wird, die Menschen wissen, wie man damit umzugehen hat. Das sind alles Aspekte, mit denen wir natürlich auch in unseren wissenschaftlichen Arbeiten uns auseinandersetzen und Empfehlungen aussprechen."
    Daneben spielt die Tierhaltung eine wichtige Rolle. In vielen Trockengebieten zählt sie zu den wichtigsten, oft auch den einzigen Einnahmequellen. Doch dafür brauchen die Nomaden genug Platz, um mit ihrem Vieh von Weide zu Weide ziehen zu können.
    "Wenn man da neue Landnutzungssysteme etabliert wie zum Beispiel Agrarwirtschaft, Ausdehnung von kultivierten Pflanzen, dann kommt es dazu, dass die Tiere nicht mehr diesen Raum zum Wandern haben, weil die Naturweiden schrumpfen und die Ackerbauflächen zunehmen. Und auf diesen verbliebenen Naturweiden kommt es zu einer heftigen Konzentration von Tieren, und da kommt es natürlich zu einer extremen Überbeweidung."
    Zwölf Millionen Hektar verloren
    Und Überweidung - zerstört die Böden. Jedes Jahr gehen weltweit zwölf Millionen Hektar Land durch Wüstenbildung verloren. Das entspricht der Fläche Bulgariens. Insgesamt musste in den letzten 40 Jahren ein Drittel der weltweiten Ackerflächen aufgegeben werden.
    250 Millionen Menschen sind inzwischen direkt in ihrem Überleben von Wüstenbildung bedroht. Daran hat die Konvention nichts geändert:
    "Die Wüstenbildung konnte bis jetzt nirgendwo auf der Erde gestoppt werden und auch nicht nennenswert verlangsamt werden. Trotzdem ist es nicht sinnlos, dass sie damals beschlossen wurde. Das Bewusstsein über die Gefahren der Wüstenbildung und dass das gerade auch die Ernährungssicherheit in einigen der ärmsten Regionen der Erde für viele Menschen bedroht, dass das weiter die Naturzerstörung befeuert und auch die Klimakrise und umgekehrt: Die Aufmerksamkeit für all diese Themen ist in den letzten 25 Jahren deutlich gestiegen."
    Trotz der bescheidenen Erfolge hat sich die Konvention für die Zukunft ein sehr ambitioniertes Ziel gesetzt: Bis 2030 soll die Ausbreitung der Wüsten und die Erosion der Böden auf Netto Null gehen. Das heißt, es sollen nicht mehr Böden neu verwüsten als an anderer Stelle renaturiert werden. Dann könnten auch die ärmsten Menschen der Welt wieder eine Zukunft auf ihrem eigenen Boden haben.