Im Sommer 1972 fand in Stockholm eine Konferenz statt, deren Thema noch nie zuvor die Staaten der Welt an einen Tisch gebracht hatte. Es war die erste Konferenz der Vereinten Nationen über die Umwelt des Menschen. 113 Staaten nahmen daran teil. Eine der Rednerinnen war die indische Premierministerin Indira Gandhi:
„Es ist offensichtlich, dass die Umweltkrise, mit der unsere Welt konfrontiert ist, das Schicksal unseres Planeten tiefgreifend verändern wird. Jeder wird davon betroffen sein - unabhängig von seinem Status, seiner Stärke oder seinen Lebensumständen.“
Die Luftverschmutzung hatte Anfang der 1970er Jahre enorme Ausmaße angenommen, Blei, Cadmium und Quecksilber fanden sich in Tieren und Böden, der massive Einsatz von Insektenvernichtungsmitteln wie DDT ließ ganze Ökosysteme kollabieren. Die Delegierten der Konferenz diskutierten fast zwei Wochen lang, verabschiedeten die erste
UN-Deklaration, die sich explizit der Umwelt widmete und beschlossen die Bildung einer neuen UN-Institution. Am 15. Dezember 1972 wurde dieses Umweltprogramm der Vereinten Nationen, kurz UNEP, gegründet.
UN-Deklaration, die sich explizit der Umwelt widmete und beschlossen die Bildung einer neuen UN-Institution. Am 15. Dezember 1972 wurde dieses Umweltprogramm der Vereinten Nationen, kurz UNEP, gegründet.
Die Politikwissenschaftlerin Maria Ivanova von der amerikanischen Northwestern University hat ein Buch über die Geschichte des UNEP geschrieben.
„Es gibt zwei Bereiche, in denen das UNEP extrem erfolgreich war: Zum einen hat das Programm die Umwelt auf die internationale Agenda gehoben und dafür gesorgt, dass sie dort bleibt. Und zum anderen hat es eines der großen globalen Probleme gelöst: den Schwund der Ozonschicht. Es gibt wahrscheinlich kein anderes Problem, das wir so erfolgreich bekämpft haben wie das Ozonloch. Das UNEP hat da die Führungsrolle eingenommen, indem es die Regierungen, die Wirtschaft, die Interessensverbände und die Bürger überzeugt hat, zu handeln und so das Problem zu lösen.“
Dem Montreal-Protokoll folgten weitere Abkommen
1989 trat das Montreal-Protokoll in Kraft, das die Emission von FCKW und anderen Stoffen verbietet, die die Ozonschicht zerstören. Darüber hinaus hat das UNEP zusammen mit der Weltmeteorologie-Organisation schon Ende der 1980er Jahre den IPCC, den Weltklimarat gegründet, der seitdem Wissen über den Klimawandel bereitstellt. Zum Umweltprogramm gehört auch das Washingtoner Artenschutzabkommen CITES, das den Handel mit bedrohten Tier- und Pflanzenarten überwacht und fast 40.000 Arten vor zu starker Ausbeutung schützt. Zahlreiche weitere Abkommen sind auf Betreiben des UNEP entstanden, etwa das Kyoto-Protokoll zum Schutz des Klimas oder die UN-Konvention zum Schutz der Biologischen Vielfalt. Trotz allem aber wurde das Umweltprogramm nie zu einer Umweltorganisation aufgewertet. Das sähen viele Kritiker als Misserfolg an, sagt der Umweltpolitikforscher der Universität von Ostfinnland Sebastian Oberthür.
„Eine formale Organisation würde erfordern, dass man Statuten hat, die die Länder ratifizieren müssen, dass man dann aber eben auch ein festes Budget hat, mit dem man planen kann. Das war immer eine Schwäche des UNEP, dass es abhängig war von freiwilligen Zahlungen. Das Umweltprogramm ist vor zehn Jahren etwas reformiert worden, und da sind diese Probleme angegangen worden, ohne es zu einer internationalen Organisation selbst zu machen.“
Analysen des Umweltprogramms - wichtige Grundlage für Politik
Seitdem bekommt das Programm immerhin etwas mehr Geld. Für Sebastian Oberthür ist das UNEP eine Erfolgsgeschichte mit einigen Einschränkungen, denn in der globalen Umweltpolitik müsse noch viel mehr als bislang geschehen. Aber die Analysen des Umweltprogramms lieferten heute eine wichtige Grundlage für die Politik. Sowohl er als auch Maria Ivanova sehen für die Zukunft große Herausforderungen auf das Programm zukommen.
„In gewisser Weise ist der Erfolg des UNEP wahrscheinlich sein größtes Problem. Es hat viele neue Institutionen entstehen lassen. Heute gibt es für fast jedes Umweltproblem eine eigene Konvention. Die Weltbank beschäftigt sich mit der Umwelt, die Weltgesundheitsorganisation genauso wie die Welternährungsorganisation. Plötzlich gibt es ganz viele Stimmen und die Herausforderung des UNEP ist es, die Stimme der Umwelt zu bleiben. Denn es ist die einzige Institution, die die gesamte Umwelt im Blick hat. Alle anderen konzentrieren sich auf Teilaspekte.
Diese Stimme ist wichtiger als je zuvor. Denn die Umweltprobleme der Welt haben in den vergangenen 50 Jahren nicht etwa ab-, sondern zugenommen.