Man konnte auch auf dieser lit.COLOGNE Prominente treffen, die üblichen, tausendfach gesehenen Fernsehgesichter. Aber man musste sich anstrengen dafür. Denn so massiv wie die letzten Jahre waren sie nicht vertreten. In ihrer neunten Ausgabe ist die lit.COLOGNE unaufgeregter geworden, weniger schrill. Vor allem bot sie vielen ausländischen Autoren eine Bühne. Und die hatten Neues zu berichten. Peter Esterházy etwa, der die zunehmende Kriminalität in Ungarn als nationale Herausforderung deutete.
"Was heißt, dass wir jetzt also albanische Mafiosi haben. Was ich auch nicht so richtig verstehe, ist, wieso man diese Mafia aus dem Ausland beschaffen muss. Was könne die Albaner, das wir nicht können? Ich sehe nicht ein, wieso ein so talentiertes Volk keine eigene Mafia haben sollte. Es ist genug Leidenschaft vorhanden, genug Leiden und genug Korruption."
Die Mafia als pervertierte Variante jener Internationalen, die überall auf dem Vormarsch ist: des großen Flüchtlingsstroms, den der in Deutschland lebende Iraker Abbas Khider beschreibt. Menschen, die genau wissen, wo sie hinwollen.
England sei gut für Intellektuelle, weil es dort eine Menge arabischer oder kurdischer Zeitungen, Zeitschriften, Fernseh- und Radiosender und Institute gebe. Skandinavien unterstütze die Familien, Studenten und ebenfalls Intellektuelle. Deutschland dagegen eignete sich für Arbeiter und Leute, die Geld sparen wollten, weil Deutschland eine große Fabrik sei.
Auch das fiel auf: Die lit.COLOGNE verzichtete weitgehend auf Lesungen an exotischen Orten. Diese oft bemüht wirkende Mode ist offenbar vorüber. Die Schriftsteller lasen auf klassischen, neutralen Bühnen. Umso ausgefallener wirkte darum der mongolische Autor Galsan Tschinag, der in der traditionellen Kleidung seines Stammes eine Einführung in den Schamanismus hielt und musikalisch untermalte.
Tradition - und die Arbeit an deren Erneuerung. Die Syrerin Salwa Al Neimi las die klassischen arabisch-islamischen Autoren auf ihr erotisches Potential hin. Und wurde ausgesprochen fündig.
Die arabische Sprache sei für sie die Sprache der Sexualität, bekante sie. Umso größer das Gefallen an den klassischen Vorgaben.
"Immer wieder las ich die Bücher, kostet jeden Satz aus, übersetzte mein Leben in ihre Sprache. Ich erfreute mich an ihrem Leben wie an einer in Vergessenheit geratenen, wieder entdeckten Sprache, die ich niemandem zu enthüllen wagte."
Anders die Verhältnisse hingegen in Saudia Arabien. Dort wurde der Autor Sulaiman Addonia groß wurde. Auf dem Stundenplan stand vor allem ein Fach: Religion.
Addonia lernte viel über den Islam. Leider genau das nicht, was er lernen wollte. Akut wurden andere Bildungsfragen: Wie sehen saudische Frauen eigentlich unter ihrer schwarzen Verhüllung aus?
"Ich hatte bereits gemerkt, dass man trotz der Abbeya herausfinden konnte, wie die Beine einer Frau beschaffen waren. Ging sie breitbeinig, war sie entweder schwanger oder hatte dicke Oberschenkel. Schwere und mechanische Schritte waren ein Hinweis auf kräftige Schienbeine, Fußgelenke oder Oberschenkel oder auf eine Kombination dieser Merkmale. Trippelschritte ließen auf kurze Beine schließen. Eilige Schritte dagegen auf lange, schlanke Beine."
Die lit.COLOGNE: Etablierte Autoren und solche, die gerade am Anfang stehen, alte und junge, Vertrautes und Bekanntes. Ein kleiner Wettlauf der Kulturen, den der Dramaturg Björn Bickert auch im Hinblick auf die Migrantenströme beobachte.
"Wir sagen euch: Nehmt euch in acht vor unserer Kraft, vor unserem Licht, das strahlt in die Zukunft, wenn Ihr noch in euren Häusern sitzt, in euren Wohnungen, auf euren Konten und Versicherungen, wenn Ihr noch in die Vergangenheit schaut, wenn Ihr eure Kultur feiert, wenn Ihr auf euren Sitzen sitzt, wenn Ihr eure Arbeitsplätze einnehmt, dann haben wir längst gewonnen. Dann haben wir die Erde bevölkert, dann sind wir schneller als Ihr. Wir sind stärker als Ihr. Wir sind die neuen Menschen."
Zehn Tage und gut 150 Lesungen. Am Ende eine Überraschung: DIE lit.COLOGNE gibt es nicht mehr. Jeder kann sich seine eigene zusammenstellen. Biedere Hochkultur, Glanz und Glamour, aber auch Neues, Aufregendes, Unbekanntes: Nichts entscheidet so sehr über die Eindrücke von diesem Festival wie vorab der aufmerksame Blick in das Programmheft.
"Was heißt, dass wir jetzt also albanische Mafiosi haben. Was ich auch nicht so richtig verstehe, ist, wieso man diese Mafia aus dem Ausland beschaffen muss. Was könne die Albaner, das wir nicht können? Ich sehe nicht ein, wieso ein so talentiertes Volk keine eigene Mafia haben sollte. Es ist genug Leidenschaft vorhanden, genug Leiden und genug Korruption."
Die Mafia als pervertierte Variante jener Internationalen, die überall auf dem Vormarsch ist: des großen Flüchtlingsstroms, den der in Deutschland lebende Iraker Abbas Khider beschreibt. Menschen, die genau wissen, wo sie hinwollen.
England sei gut für Intellektuelle, weil es dort eine Menge arabischer oder kurdischer Zeitungen, Zeitschriften, Fernseh- und Radiosender und Institute gebe. Skandinavien unterstütze die Familien, Studenten und ebenfalls Intellektuelle. Deutschland dagegen eignete sich für Arbeiter und Leute, die Geld sparen wollten, weil Deutschland eine große Fabrik sei.
Auch das fiel auf: Die lit.COLOGNE verzichtete weitgehend auf Lesungen an exotischen Orten. Diese oft bemüht wirkende Mode ist offenbar vorüber. Die Schriftsteller lasen auf klassischen, neutralen Bühnen. Umso ausgefallener wirkte darum der mongolische Autor Galsan Tschinag, der in der traditionellen Kleidung seines Stammes eine Einführung in den Schamanismus hielt und musikalisch untermalte.
Tradition - und die Arbeit an deren Erneuerung. Die Syrerin Salwa Al Neimi las die klassischen arabisch-islamischen Autoren auf ihr erotisches Potential hin. Und wurde ausgesprochen fündig.
Die arabische Sprache sei für sie die Sprache der Sexualität, bekante sie. Umso größer das Gefallen an den klassischen Vorgaben.
"Immer wieder las ich die Bücher, kostet jeden Satz aus, übersetzte mein Leben in ihre Sprache. Ich erfreute mich an ihrem Leben wie an einer in Vergessenheit geratenen, wieder entdeckten Sprache, die ich niemandem zu enthüllen wagte."
Anders die Verhältnisse hingegen in Saudia Arabien. Dort wurde der Autor Sulaiman Addonia groß wurde. Auf dem Stundenplan stand vor allem ein Fach: Religion.
Addonia lernte viel über den Islam. Leider genau das nicht, was er lernen wollte. Akut wurden andere Bildungsfragen: Wie sehen saudische Frauen eigentlich unter ihrer schwarzen Verhüllung aus?
"Ich hatte bereits gemerkt, dass man trotz der Abbeya herausfinden konnte, wie die Beine einer Frau beschaffen waren. Ging sie breitbeinig, war sie entweder schwanger oder hatte dicke Oberschenkel. Schwere und mechanische Schritte waren ein Hinweis auf kräftige Schienbeine, Fußgelenke oder Oberschenkel oder auf eine Kombination dieser Merkmale. Trippelschritte ließen auf kurze Beine schließen. Eilige Schritte dagegen auf lange, schlanke Beine."
Die lit.COLOGNE: Etablierte Autoren und solche, die gerade am Anfang stehen, alte und junge, Vertrautes und Bekanntes. Ein kleiner Wettlauf der Kulturen, den der Dramaturg Björn Bickert auch im Hinblick auf die Migrantenströme beobachte.
"Wir sagen euch: Nehmt euch in acht vor unserer Kraft, vor unserem Licht, das strahlt in die Zukunft, wenn Ihr noch in euren Häusern sitzt, in euren Wohnungen, auf euren Konten und Versicherungen, wenn Ihr noch in die Vergangenheit schaut, wenn Ihr eure Kultur feiert, wenn Ihr auf euren Sitzen sitzt, wenn Ihr eure Arbeitsplätze einnehmt, dann haben wir längst gewonnen. Dann haben wir die Erde bevölkert, dann sind wir schneller als Ihr. Wir sind stärker als Ihr. Wir sind die neuen Menschen."
Zehn Tage und gut 150 Lesungen. Am Ende eine Überraschung: DIE lit.COLOGNE gibt es nicht mehr. Jeder kann sich seine eigene zusammenstellen. Biedere Hochkultur, Glanz und Glamour, aber auch Neues, Aufregendes, Unbekanntes: Nichts entscheidet so sehr über die Eindrücke von diesem Festival wie vorab der aufmerksame Blick in das Programmheft.