In der Küche drängeln sich ein paar hungrige Jungs. Sie wohnen zu elf in einer Wohngruppe der Arbeiterwohlfahrt in Saarbrücken. Am Herd steht Mohammad. Das Hühnchen ist gebraten. Die Beilagen brauchen noch ein wenig Zeit.
"Karotten dazu und Rosinen und Reis."
Salz komme nicht ans Essen.
"Warum soll ich Salz rein machen, ich mach' Zucker rein."
Mohammad ist 16 Jahre alt und weil Ferien sind, darf er den Kochlöffel schwingen. Er ist Afghane und seit zwei Jahren in Deutschland. Er hat sich allein durchgeschlagen. Aber die meisten, die vor August dieses Jahres gekommen sind, wurden – wie Morad - von ihren Schleppern in Paris in den Zug gesetzt Richtung Deutschland.
"Ich war nicht allein, ich war mit meinem Bruder und wir sind losgefahren um sechs, sieben Uhr und waren um neun oder ein bisschen später hier."
Am Saarbrücker Hauptbahnhof stand dann die Bundespolizei.
"Als ich hier her kam, haben die Polizisten mich aus dem Zug herausgeholt und dann musste ich hier bleiben, ich wusste nicht, wie das hier heißt, keine Ahnung."
Mehr als 1.000 junge Menschen hat allein das für Saarbrücken und seine umliegenden Gemeinden zuständige Jugendamt seit 2010 betreut. Mirko Engel zuständig für die UMF:
"Alle Fälle sind in der Zuständigkeit der Einreisejugendämter geblieben und das hat, da es nun einmal Einreiseknotenpunkte gibt, sogenannte Hotspots, etablierte Schleuserrouten oder Verkehrsverbindungen et cetera, so hat es also in Deutschland mehrere Jugendämter gegeben, die überdurchschnittlich belastet waren. Diese Belastung wird jetzt auf alle Jungendämter und alle Länder verteilt."
Saarland verfügt Aufnahmestopp für minderjährige Flüchtlinge
Bislang haben sich sämtliche Jugendämter in Deutschland in einem aufwendigen Ausgleichsverfahren an den Kosten der Schwerpunktämter beteiligt. Zukünftig wird jedoch jedes Bundesland die Verantwortung für die Unbegleiteten Minderjährigen Flüchtlinge alleine tragen. Die UMF werden nach dem Königssteiner Schlüssel verteilt.
Im Saarland leben jedoch bereits viermal so viele UMF als es nach dem Schlüssel aufnehmen müsste, es hat daher einen Aufnahmestopp verfügt. Sozial-Staatssekretär Stephan Kolling:
"Alle Flüchtlinge, die zu uns kommen, die werden wir betreuen, für sieben Tage und dann werden wir sie weiterleiten."
Absenkung der Jugendhilfestandards im Gespräch
Die 1.250, die bereits da sind, sollen bleiben dürfen. Das stellt für das Saarland eine Herausforderung dar, weil es für die Finanzierung dieser Jugendlichen nun allein aufkommen muss. Die Landesregierung denkt daher über eine Absenkung der Jugendhilfestandards nach. Das hat die Wohlfahrtsverbände aufgeschreckt. Negin Salari, Leiterin der AWO-Wohngruppe in Saarbrücken:
"Ich bin zurzeit etwas fassungslos, man weiß nicht wie sich das entwickelt, ob es dann eine andere Form von Jugendhilfe gibt oder nicht."
Die Wohlfahrtsverbände wollen das derzeitige Hilfe-Niveau beibehalten.
"Wir sehen innerhalb von drei Jahren einen Jugendlichen, fast Analphabet, wie Morad, er spricht Deutsch wie ein einheimischer Jugendlicher und das war möglich, weil wir ihn wie ein Deutsches Kind in der Jugendhilfe aufgenommen haben."
"Ich werde auf alle Fälle einen guten Abschluss machen, ich bin jetzt in der zehnten Klasse und würde gerne Abitur machen."
Fragliche Rechtsgrundlage
Die Jugendhilfe misst nicht mit zweierlei Maß, sie unterscheidet nicht zwischen deutschen und nichtdeutschen Kindern, auch hierzulande gelten die Regeln der UN-Kinderrechtskonvention. Darüber hinaus ist es fraglich, ob das Land überhaupt in das Regelwerk der Jugendhilfe eingreifen kann, denn rechtlich ist sie eine rein kommunale Aufgabe. Städte und Gemeinden dürften sich ungern in die Strukturen der kommunalen Selbstverwaltung hineinreden lassen. Für eine Absenkung der Standards in der Jugendhilfe sieht daher auch Mirko Engel wenig Spielraum.
"Ich sehe momentan für dieses Ansinnen keine Rechtsgrundlage."
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