Die EU-Kommission hat eine formelle Beschwerde gegen Gazprom angekündigt. Der russische Konzern habe in acht EU-Staaten Mittel- und Osteuropas seine marktbeherrschende Stellung mutmaßlich missbraucht und damit das europäische Wettbewerbsrecht gebrochen, heißt es in einer Erklärung. Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, "müsste Gazprom die rechtlichen Konsequenzen seines Verhaltens tragen".
Nach Ansicht der EU-Kommission hat Gazprom in Bulgarien, Tschechien, Estland, Ungarn, Lettland, Litauen, Polen und der Slowakei den Wettbewerb behindert. Großkunden hätten erworbenes Erdgas nur zum Teil in andere Länder weiterverkaufen dürfen. Mit diesen Ausfuhrverboten habe Gazprom in fünf Ländern überhöhte Preise verlangen können. Zudem habe der russische Konzern seine Gaslieferung an Bulgarien und Polen von Investitionen in sein eigenes Pipelineprojekt abhängig gemacht.
Zuständige EU-Kommissarin: "fairer Wettbewerb von größter Bedeutung"
EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager sagte, Erdgas sei ein wichtiger Rohstoff des täglichen Lebens. "Wir verwenden es zum Heizen, zum Kochen und für die Stromerzeugung. Die Wahrung eines fairen Wettbewerbs auf den europäischen Gasmärkten ist daher von größter Bedeutung." Alle Unternehmen, die auf dem europäischen Markt tätig seien - egal ob europäisch oder nicht - müssten die EU-Vorschriften einhalten. Sie fürchte, "dass Gazprom die EU-Kartellvorschriften verletzt."
Gazprom droht eine EU-Kartellstrafe von bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes. Der Konzern hat zwölf Wochen Zeit, Stellung zu nehmen. In einer ersten Reaktion bezeichnete das Unternehmen die Vorwürfe als unbegründet. Auch das russische Außenministerium protestierte gegen das Vorgehen der EU. Die politische Tragweite des Falles ist hoch, da Gaslieferungen zwischen der EU und Russland ein Reizthema sind. Viele EU-Staaten sind von russischem Gas abhängig.
Die EU-Kommission untersucht seit drei Jahren die Geschäftspraktiken von Gazprom. In Gesprächen hatte der russische Konzern Zugeständnisse angeboten, die der EU-Kommission aber nicht weit genug gingen. Die Verhandlungen sind seit der Ukraine-Krise unterbrochen.
(tj/hba)