Am 7. Mai 2009 bringt die Guardia di Finanza wie schon Hunderte Male zuvor ein Flüchtlingsboot auf, etwa 35 Seemeilen südlich von Lampedusa. Doch statt die notleidenden Flüchtlinge Richtung Italien zu befördern, nehmen die vermeintlichen Retter diesmal nach einer direkten Anweisung aus Rom Kurs auf Libyen.
"Am Stand der Sonne habe ich erkannt, dass sie uns nach Libyen zurückbrachten. Und ich sagte, die bringen uns nach Tripolis zurück. Unter den italienischen Soldaten war einer, der sagt, nein, nein, es wird alles gut werden, ihr kommt nach Italien. Als wir uns Libyen näherten, fingen wir uns an zu wehren. Dann haben sie uns mit Gewalt an Land gezerrt. Und sie haben uns Pistolen ans Ohr gedrückt. Ich habe sie kommen sehen mit Elektroschockpistolen, wenn sie dich damit treffen, kannst du dich nicht mehr bewegen","
erzählen Betroffene in einem Dokumentarfilm, der im März in Italien vorgestellt wird. Es war die erste gewaltsame Rückführung von Bootsflüchtlingen nach der im Jahr zuvor zwischen Rom und Tripolis geschlossenen Vereinbarung über die Sicherung der Seegrenze zwischen Afrika und Europa. Und das war der Stolz der damaligen Regierungspartei Lega Nord. Sie hatte ihren Wählern versprochen, Italiens Außengrenzen notfalls mit Waffen gegen ungeliebte Immigranten zu verteidigen.
Von dieser ersten Rückführungsaktion hätte die Öffentlichkeit niemals etwas erfahren, wäre nicht zufällig auch der Fotograf Enrico d’Agnino bei den italienischen Grenzschützern an Bord gewesen. An diesem Tag hat er die traurigsten Fotos seines Lebens geschossen.
""Dieser Mann hier bittet auf Knien, ihn nicht nach Libyen zurückzubringen, denn dort würden sie ihn foltern und töten. Dieser hier hat sich nackt ausgezogen und wollte sich an einem Strick aufhängen . Er weinte hemmungslos und wollte nicht an Land. Da kamen die Libyer mit Holzrudern und prügelten ihn von Bord. "
Diese Rückführaktion sei nicht nur unmenschlich, sondern auch illegal gewesen, sagt der römische Menschenrechtsanwalt Anton Giulio Lana. Er beruft sich dabei auf die europäische Menschenrechtskonvention:
"Die verbietet Massenabschiebungen, denn sie sind gegen die grundlegenden Menschenrechte . Abschiebungen kann es grundsätzlich wohl geben, aber nur nach Prüfung jedes einzelnen Falles."
Anwalt Lana ist es gelungen in libyschen Gefängnissen 24 abgewiesene Personen ausfindig zu machen, die aus Eritrea und Somalia kamen. Eigentlich hätten sie alle Anspruch auf humanitäres Asyl gehabt.
"Die wurden nicht als Menschen behandelt, sondern wie Balast. Sie konnten nicht erklären, woher sie kamen, weshalb sie geflohen sind und natürlich konnten sie auch nicht um Asyl nachsuchen."
Lana hat die Verteidigung der damals in Libyen Inhaftierten übernommen und ihren Fall vor das Straßburger Gericht gebracht, das heute entscheiden soll, ob Italien mit seiner Rückführungspraxis gegen europäische und internationale Menschenrechte verstoßen hat. Gibt es den Klägern Recht, dann müssen Italien und die EU ihre Immigrationsregeln neu überdenken. Auch die neue italienische Regierung scheint an der Praxis der Massenabschiebung Richtung Nordafrika festhalten zu wollen. Bei seinem ersten Besuch in Libyen erklärte Ministerpräsident Monti vor einem Monat unzweideutig:
Über eine Veränderung der italienischen Haltung gegen illegale Einwanderung nachzudenken scheine ihm verfrüht. Stellt das Straßburger Gericht die Menschenrechte aber über die italienische Abschiebepraxis, dann fiele damit auch ein Grundpfeiler der europäischen Grenzsicherung Frontex: Die Abschottung Europas schon jenseits seiner Außengrenzen wäre dann nicht mehr zu rechtfertigen. Bisher gab es 19 zum Teil von der EU und Italien mitfinanzierte Gefangenenlager für unerwünschte Migranten in Libyen. Die Zustände dort sind nach wie vor dramatisch.
Die neue libysche Regierung weigert sich, ohne massive finanzielle Unterstützung von Europa die zu erwartenden künftigen Migranten in ihrem Land zu stoppen. Daran hat auch der Sturz Gaddafis nichts geändert.
"Am Stand der Sonne habe ich erkannt, dass sie uns nach Libyen zurückbrachten. Und ich sagte, die bringen uns nach Tripolis zurück. Unter den italienischen Soldaten war einer, der sagt, nein, nein, es wird alles gut werden, ihr kommt nach Italien. Als wir uns Libyen näherten, fingen wir uns an zu wehren. Dann haben sie uns mit Gewalt an Land gezerrt. Und sie haben uns Pistolen ans Ohr gedrückt. Ich habe sie kommen sehen mit Elektroschockpistolen, wenn sie dich damit treffen, kannst du dich nicht mehr bewegen","
erzählen Betroffene in einem Dokumentarfilm, der im März in Italien vorgestellt wird. Es war die erste gewaltsame Rückführung von Bootsflüchtlingen nach der im Jahr zuvor zwischen Rom und Tripolis geschlossenen Vereinbarung über die Sicherung der Seegrenze zwischen Afrika und Europa. Und das war der Stolz der damaligen Regierungspartei Lega Nord. Sie hatte ihren Wählern versprochen, Italiens Außengrenzen notfalls mit Waffen gegen ungeliebte Immigranten zu verteidigen.
Von dieser ersten Rückführungsaktion hätte die Öffentlichkeit niemals etwas erfahren, wäre nicht zufällig auch der Fotograf Enrico d’Agnino bei den italienischen Grenzschützern an Bord gewesen. An diesem Tag hat er die traurigsten Fotos seines Lebens geschossen.
""Dieser Mann hier bittet auf Knien, ihn nicht nach Libyen zurückzubringen, denn dort würden sie ihn foltern und töten. Dieser hier hat sich nackt ausgezogen und wollte sich an einem Strick aufhängen . Er weinte hemmungslos und wollte nicht an Land. Da kamen die Libyer mit Holzrudern und prügelten ihn von Bord. "
Diese Rückführaktion sei nicht nur unmenschlich, sondern auch illegal gewesen, sagt der römische Menschenrechtsanwalt Anton Giulio Lana. Er beruft sich dabei auf die europäische Menschenrechtskonvention:
"Die verbietet Massenabschiebungen, denn sie sind gegen die grundlegenden Menschenrechte . Abschiebungen kann es grundsätzlich wohl geben, aber nur nach Prüfung jedes einzelnen Falles."
Anwalt Lana ist es gelungen in libyschen Gefängnissen 24 abgewiesene Personen ausfindig zu machen, die aus Eritrea und Somalia kamen. Eigentlich hätten sie alle Anspruch auf humanitäres Asyl gehabt.
"Die wurden nicht als Menschen behandelt, sondern wie Balast. Sie konnten nicht erklären, woher sie kamen, weshalb sie geflohen sind und natürlich konnten sie auch nicht um Asyl nachsuchen."
Lana hat die Verteidigung der damals in Libyen Inhaftierten übernommen und ihren Fall vor das Straßburger Gericht gebracht, das heute entscheiden soll, ob Italien mit seiner Rückführungspraxis gegen europäische und internationale Menschenrechte verstoßen hat. Gibt es den Klägern Recht, dann müssen Italien und die EU ihre Immigrationsregeln neu überdenken. Auch die neue italienische Regierung scheint an der Praxis der Massenabschiebung Richtung Nordafrika festhalten zu wollen. Bei seinem ersten Besuch in Libyen erklärte Ministerpräsident Monti vor einem Monat unzweideutig:
Über eine Veränderung der italienischen Haltung gegen illegale Einwanderung nachzudenken scheine ihm verfrüht. Stellt das Straßburger Gericht die Menschenrechte aber über die italienische Abschiebepraxis, dann fiele damit auch ein Grundpfeiler der europäischen Grenzsicherung Frontex: Die Abschottung Europas schon jenseits seiner Außengrenzen wäre dann nicht mehr zu rechtfertigen. Bisher gab es 19 zum Teil von der EU und Italien mitfinanzierte Gefangenenlager für unerwünschte Migranten in Libyen. Die Zustände dort sind nach wie vor dramatisch.
Die neue libysche Regierung weigert sich, ohne massive finanzielle Unterstützung von Europa die zu erwartenden künftigen Migranten in ihrem Land zu stoppen. Daran hat auch der Sturz Gaddafis nichts geändert.