"Mich jetzt als Held oder Bösewicht darzustellen, der sich gegen die Impfpflicht auflehnt – das war niemals meine Intention."
Kyrie Irving polarisiert – nicht erst seit dieser Woche. Sein Impfstatus spaltet in diesen Tagen die amerikanische Sportwelt. Auf Instagram erklärt er jetzt erstmals in einem Livestream, wieso er sich noch nicht hat impfen lassen.
"Es geht nicht darum, ein Impfgegner zu sein oder sich auf eine Seite zu schlagen, es geht mir nur darum, das zu tun, mit dem ich mich wohl fühle. Ich bin immer noch unsicher über einige Sachen und das ist auch in Ordnung so. Wenn ich jetzt dafür verurteilt werde, weil ich noch mehr Fragen habe und mir Zeit lasse, um Entscheidungen über mein Leben zu treffen, dann ist das einfach so."
Keine persönliche Verurteilung, aber Ausschluss
Verurteilt wird Irving von seiner Mannschaft, den Brooklyn Nets, nicht. Trotzdem haben sich die Nets jetzt dazu entschieden, Irving vom Trainings- und Spielbetrieb auszuschließen, solange er nicht für alle Spiele an allen Standorten spielberechtigt ist. Viel dagegen tun kann er aber nicht.
"Irvings rechtliche Optionen sind beschränkt" , sagt Michael McCann, Sportrechtsprofessor an der University of New Hampshire. Als Vize-Präsident der Spielergewerkschaft ist Irving vertraglich dazu gebunden, die von der Liga vorgegebenen Vorschriften am Arbeitsplatz einzuhalten.
Irvings einzige Option wäre, die Verfügung der New Yorker Politik anzufechten und als inkonsequent zu bezeichnen. Stand jetzt dürfte er theoretisch mit dem Team in der privaten Halle trainieren, aber nicht in der öffentlichen Arena spielen.
"Was die Sache für Irving aber schwierig macht, ist die Tatsache, dass es der Oberste Gerichtshof in den USA deutlich gemacht hat, dass staatliche Einrichtungen einen weiten Beurteilungsspielraum haben, wenn es um das Gemeinwohl geht, und das betrifft auch das Impfen."
Irving erhält halbes Gehalt - 16 Millionen Euro
Und auch eine Klage gegen sein Team, die Brooklyn Nets, hätte eher geringe Erfolgschancen, erklärt Sportjurist McCann. "Selbst wenn es dann zu einem Prozess kommt, ist das Problem für Irving, dass er ja auch jetzt noch von den Nets bezahlt wird. Es ist also nicht klar, was für einen Schaden er davonträgt."
Die Brooklyn Nets bezahlen Irving auch weiterhin für alle Auswärtsspiele, an denen er theoretisch hätte teilnehmen können. Sein Gehalt halbiert sich deshalb zwar in dieser Saison – auf aber immer noch 16 Millionen Euro.
Einen Fall Irving wird es im deutschen Profi-Sport wohl vorerst nicht geben – selbst, wenn sich ein Verein dazu entscheiden sollte, einen ungeimpften Spieler nicht einzusetzen und weiter zu bezahlen, wie es in den USA der Fall ist.
In Deutschland sind vergleichbare Fälle nicht zu erwarten
"Ein Arbeitnehmer hat ein Recht auf vertragsgemäße Beschäftigung und das könnte dem entgegenstehen", sagt Sportrechtler Martin Schimke. Home Office oder räumliche Trennung von geimpften und ungeimpften Spielern seien die einzigen Optionen für Arbeitgeber in Bezug auf ungeimpfte Profis.
"Auf jeden Fall ist das ein sehr dorniger Weg. Das hat nicht zuletzt auch mit der Tatsache zu tun, dass wir hier nach derzeitiger Gesetzeslage keine Impfpflicht haben."
Theoretisch wäre es möglich, als Liga oder Verein vorzuschreiben, dass nur geimpfte Menschen an bestimmten Veranstaltungen teilnehmen können. An vielen Standorten in Deutschland wird in Stadien bereits die 2G-Regel angewendet – die gilt aber nur für Zuschauende und Fans, nicht etwa für Spieler.
"Das liegt einfach an den unterschiedlichen Vertragsverhältnissen", erklärt Schimke. "Veranstaltungs- und Stadioneigentümer können im Verhältnis zum Zuschauer sagen: Nur bestimmte Gruppen dürfen in mein Haus, das ist auch ein Ausschluss des Hausrechts und der Vertragsfreiheit. Ich muss nicht mit jemandem einen Vertrag abschließen, sondern kann das an Bedingungen knüpfen."
Ein anderes Verhältnis bestehe dagegen zwischen Profi-Sportlern und Vereinen und Ligen: "Da besteht ein Sondervertragsverhältnis zwischen Spieler und Liga, die haben sich den Regeln unterworfen. Und da kann man aufgrund von Besonderheiten, die auch schon eingeführt worden sind wie bspw. Hygienekonzept sagen: Wir wissen, dass 90 Prozent der Spieler geimpft sind. Wir wissen, dass die Vereine gewisse Vorkehrungen treffen – ich nenne mal stichwortartig Blase. Und das ist sicherlich die Berechtigung für diese vermeintlich unterschiedliche Behandlung."
Was tun im Fall Irving?
In New York City und anderen amerikanischen Städten wird kein Unterschied zwischen Zuschauer und Spielern gemacht. Bis sich die pandemische Lage dort ändert, wird diese Verfügung auch noch Bestand haben. Was also tun im Fall Irving?
"Es gibt eine sehr einfache Lösung für dieses Problem: Wenn sich Irving einfach impfen lässt", sagt Michael McCann. Das erscheint nach derzeitigem Stand aber eher unwahrscheinlich, auch ein Wechsel zu einem anderen Team kommt aufgrund des hoch dotierten Vertrags von Irving eher nicht infrage. Irving selbst macht auf Instagram gegenüber seinen Fans deutlich:
"Glaubt nicht, dass ich jetzt meine Karriere beenden und dieses Spiel aufgeben werde, nur aufgrund einer Impfpflicht oder weil ich mich nicht impfen lasse."
Wahrscheinlich wird Irving also einfach warten und darauf hoffen, dass sich die pandemische Lage in New York City bald entspannt.