Mailand, Via Gaspare Aselli. Die kleine Bar gegenüber der Bushaltestelle ist leer. Besitzer Candido Rossano putzt die Espressomaschine, füllt Zuckerdosen nach. Sein Blick gleitet über die Schlagzeilen der ausliegenden Zeitungen. "Lacrime e sangue", Blut und Tränen nennen die italienischen Medien den Sparhaushalt, den Regierung und Opposition gemeinsam verabschieden wollen. Er sieht Kürzungen im Gesundheitswesen vor, Kürzungen bei den Renten und neue Steuern.
"Wir zahlen bereits hohe Steuern, aber wir werden gezwungen, das zu schlucken. Es stimmt nicht, dass der Staat kein Geld hat. An den Spielautomaten, die ich dort in der Ecke stehen habe, verdient er beispielsweise kräftig mit, aber das Geld verschwindet, versickert irgendwo und am Ende zahlen die kleinen Leute. Wenn ich meine Bar hier schlecht führe und am Abend kein Geld in der Kasse habe, lasse ich dann etwa meine Kunden ab morgen mehr bezahlen für den Kaffee?"
Der Mittfünfziger wischt über die Theke und zuckt mit den Achseln. Statt wütend wirkt er resigniert.
"Ich bin schon wütend, aber meine Wut ist passiv. Was soll ich schon tun? Schließen? In Mailand schließen viele kleine Geschäfte, und schuld daran ist die Politik, die sich dafür gar nicht interessiert."
An der Bushaltestelle gegenüber der Bar wartet ein Dutzend Menschen auf die Linie 93: ältere Frauen mit Einkaufsnetzen, Studenten, ein Mann im grauen Geschäftsanzug. Er liest die Wirtschaftszeitung "Il Sole 24 Ore", und seine Stirn legt sich in Falten.
"Ich bin heute Morgen schon mit Kopfschmerzen aufgestanden, mir fehlt es an Motivation, unter diesen Umständen lässt sich nicht gut arbeiten. Schauen wir mal, wie es weitergeht."
Der Bus Nummer 93 müsste laut Fahrplan längst da sein, aber er ist nicht zu sehen. Eine Frau im roten T-Shirt spielt mit einer Trillerpfeife. Sie ist auf dem Weg zu einer Gewerkschaftsdemonstration gegen den Sparhaushalt. "Kürzt eure Gehälter, nicht unsere Renten"!, so die Botschaft an die Politiker.
"Man muss bei den Reichen ansetzen, nicht bei den Armen. Sonst kommt es noch zur Revolution. Viele sind sehr unzufrieden angesichts der wachsenden Ungleichheit. Solange man den Kleinen nimmt und die Armut wächst, gibt es kein Ende der Krise - und die Großen, wohin flüchten sie dann?"
Das Sparpaket, das Finanzminister Giulio Tremonti geschnürt hat, überzeugt die wenigsten Bürger. Erstens verschiebt es 80 Prozent der geplanten Kürzungen auf die Jahre 2013 und 2014, zweitens ist kein ernsthafter Wille zu erkennen, die Kosten für den Politikbetrieb zu senken. Kein Minister oder Staatssekretär muss eine Gehaltskürzung befürchten oder auf Assistenten verzichten. Auch das Heer der Dienstwagen, größer als das der US-Regierung, wird nicht verkleinert. Milliarden hätte die Regierung mit mehr Bescheidenheit zwar nicht einsparen können, aber es wäre ein wichtiges Signal an die Bürger gewesen. So fühlen sich die meisten Italiener zu einer ungerechten Fastenkur gezwungen.
"Die Leute sind bereit, die Ärmel hochzukrempeln, aber es gibt zu viele, die uns bestehlen. Die Politiker in Italien haben schon immer Geld abgezweigt, aber es wäre an der Zeit, dass sie etwas weniger stehlen."
Doch die Aussichten für Italien stehen nicht so schlecht, wie es die Kurseinbrüche der Mailander Börse in den vergangenen Tagen suggerierten. Das Land hat im Gegensatz zu anderen Staaten Südeuropas international erfolgreiche Unternehmen, es gab keine Immobilienblase und Italien muss kein riesiges Handelsdefizit finanzieren. Der wichtigste Stabilitätsfaktor ist jedoch die geringe Auslandsverschuldung. Die meisten italienischen Staatsanleihen halten die Italiener selbst.
"Wir zahlen bereits hohe Steuern, aber wir werden gezwungen, das zu schlucken. Es stimmt nicht, dass der Staat kein Geld hat. An den Spielautomaten, die ich dort in der Ecke stehen habe, verdient er beispielsweise kräftig mit, aber das Geld verschwindet, versickert irgendwo und am Ende zahlen die kleinen Leute. Wenn ich meine Bar hier schlecht führe und am Abend kein Geld in der Kasse habe, lasse ich dann etwa meine Kunden ab morgen mehr bezahlen für den Kaffee?"
Der Mittfünfziger wischt über die Theke und zuckt mit den Achseln. Statt wütend wirkt er resigniert.
"Ich bin schon wütend, aber meine Wut ist passiv. Was soll ich schon tun? Schließen? In Mailand schließen viele kleine Geschäfte, und schuld daran ist die Politik, die sich dafür gar nicht interessiert."
An der Bushaltestelle gegenüber der Bar wartet ein Dutzend Menschen auf die Linie 93: ältere Frauen mit Einkaufsnetzen, Studenten, ein Mann im grauen Geschäftsanzug. Er liest die Wirtschaftszeitung "Il Sole 24 Ore", und seine Stirn legt sich in Falten.
"Ich bin heute Morgen schon mit Kopfschmerzen aufgestanden, mir fehlt es an Motivation, unter diesen Umständen lässt sich nicht gut arbeiten. Schauen wir mal, wie es weitergeht."
Der Bus Nummer 93 müsste laut Fahrplan längst da sein, aber er ist nicht zu sehen. Eine Frau im roten T-Shirt spielt mit einer Trillerpfeife. Sie ist auf dem Weg zu einer Gewerkschaftsdemonstration gegen den Sparhaushalt. "Kürzt eure Gehälter, nicht unsere Renten"!, so die Botschaft an die Politiker.
"Man muss bei den Reichen ansetzen, nicht bei den Armen. Sonst kommt es noch zur Revolution. Viele sind sehr unzufrieden angesichts der wachsenden Ungleichheit. Solange man den Kleinen nimmt und die Armut wächst, gibt es kein Ende der Krise - und die Großen, wohin flüchten sie dann?"
Das Sparpaket, das Finanzminister Giulio Tremonti geschnürt hat, überzeugt die wenigsten Bürger. Erstens verschiebt es 80 Prozent der geplanten Kürzungen auf die Jahre 2013 und 2014, zweitens ist kein ernsthafter Wille zu erkennen, die Kosten für den Politikbetrieb zu senken. Kein Minister oder Staatssekretär muss eine Gehaltskürzung befürchten oder auf Assistenten verzichten. Auch das Heer der Dienstwagen, größer als das der US-Regierung, wird nicht verkleinert. Milliarden hätte die Regierung mit mehr Bescheidenheit zwar nicht einsparen können, aber es wäre ein wichtiges Signal an die Bürger gewesen. So fühlen sich die meisten Italiener zu einer ungerechten Fastenkur gezwungen.
"Die Leute sind bereit, die Ärmel hochzukrempeln, aber es gibt zu viele, die uns bestehlen. Die Politiker in Italien haben schon immer Geld abgezweigt, aber es wäre an der Zeit, dass sie etwas weniger stehlen."
Doch die Aussichten für Italien stehen nicht so schlecht, wie es die Kurseinbrüche der Mailander Börse in den vergangenen Tagen suggerierten. Das Land hat im Gegensatz zu anderen Staaten Südeuropas international erfolgreiche Unternehmen, es gab keine Immobilienblase und Italien muss kein riesiges Handelsdefizit finanzieren. Der wichtigste Stabilitätsfaktor ist jedoch die geringe Auslandsverschuldung. Die meisten italienischen Staatsanleihen halten die Italiener selbst.