Manfred Kloiber: Herr Welchering, an welche Regeln müssen sich Minister und Staatssekretäre in Berlin halten, wenn sie ihre Smartphones zücken, mailen, simsen oder Messenger-Dienste nutzen?
Peter Welchering: Das sagt uns die Regierung nicht. Ich habe sie alle durchtelefoniert in dieser Woche, die Ministerien und das Bundeskanzleramt. Und es gab nur Auskünfte zu hören wie aus dem Auswärtigen Amt: Form, Art und Kanal der Kommunikation von Außenminister Frank-Walter Steinmeier würden von der Vertraulichkeit des Inhalts abhängen. Mehr sagt man dazu nicht im Auswärtigen Amt.
Ähnlich bei Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Da machen Uniformträger im Bendlerblock "prinzipiell keine Angaben". Auch aus dem Bundeskanzleramt ist nichts zu hören. Aber da haben wir dann natürlich in den Investigativ-Modus geschaltet. Das machen moderne Journalisten ja so.
Und da haben wir herausgekriegt, der Innenminister, der Justizminister und der Wirtschaftsminister, die nutzen mehrere Mail-Adressen, eine dienstliche, eine private und eine für Parteizwecke. Und noch etwas hat uns das Bundespresseamt verraten: Kanzlerin Angela Merkel, die mailt gar nicht, die lässt mailen.
Ministerielle Mails werden nur teilweise verschlüsselt
Kloiber: Gibt es denn klare gesetzliche Regelungen, wie Minister und Staatssekretäre mit dienstlichen Mails umgehen müssen?
Welchering: Da hat jedes Ministerium seine eigenen Regeln. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel bekommt deshalb dienstliche Mails als Papierausdruck auf den Tisch. Dann können die nämlich gleich praktischerweise abgeheftet werden. Eine feinsinnige Einschränkung treffen die Ministerialen dabei: Die Mails für Gabriel müssen entscheidungs- und informationsrelevant sein.
Im Innenministerium gibt es sogar eine Archivrichtlinie für Mails. Und da hat man sich an der Richtlinie über die Nutzung von Internet und E-Mail in der bayerischen Staatsveraltung orientiert, war zu hören. Denn da sei das sehr detailliert geregelt.
Kloiber: Verschlüsseln denn die Minister auch brav ihre Mails?
Welchering: Nur teilweise, so war zu erfahren. Auch hier gibt es keinen einheitlichen Verschlüsselungsstandards für die gesamte Bundesregierung. Das haben die Ministerien auch wieder jeweils für sich geregelt.
Immerhin können Mitglieder der Bundesregierung zwischen verschiedenen Smartphone-Varianten wählen, auch wenn sie mit den angebotenen Geräten nicht so richtig zufrieden sind. Denn die beiden hauptsächlichen Gerätetypen, die in der Bundesregierung eingesetzt werden, sind eigentlich Auslaufmodelle.
Zum einen das Blackberry Z10 mit besonderer Secusmart-Sicherheitsausrüstung, wobei Blackberry ja Secusmart inzwischen gekauft hat. Von diesen Geräten hat die Bundesregierung knapp 10.000 Stück im Einsatz. Da können sich auch die Minister bedienen. Und es heißt, die würden eher zum Blackberry greifen als zum Simko3, dem Gerät, das die Telekom auf Basis des völlig veralteten Samsung Galaxy S III anbietet.
Das Problem dabei: Im Herbst 2014 hat die Telekom die Weiterentwicklung des Simko 3 auf Eis gelegt. Deshalb greifen einige Ministerien auch zunehmend wieder auf Simko1- und Simko2-Geräte von HTC zurück. Die können aber nur Datenverkehr. Deshalb wird dann noch ein zweites Gerät für Telefonie benötigt.
"Es wäre weltfremd anzunehmen, dass Regierungsmitglieder für unterschiedliche Zwecke immer unterschiedliche Geräte nutzen"
Kloiber: Das hört sich ja ein bisschen kompliziert an. Ist da ein neues Gerät in Sicht, vielleicht sogar auf Apple-Grundlage?
Welchering: Derzeit überhaupt nicht. Und mehrere Ministeriumspressestellen haben sich auch bemüht, mir gegenüber zu versichern, wenn man einen Minister mit einem iPhone sähe, dann sei das sein privates und würde nicht für dienstliche Zwecke genutzt.
Kloiber: Nun geht es ja manchmal hoch her im Regierungsgeschäft. Greifen die Minister dann immer zu unterschiedlichen Geräten, um zwischen dienstlich, privat und Parteizwecken zu unterscheiden?
Welchering: Das anzunehmen wäre weltfremd. Da läuft auch vieles durcheinander. Und der Unternehmensberater Hartfried Wolff, der saß früher mal für die FDP im deutschen Bundestag, der meint denn auch, die Strategie der eigenen digitalen Kommunikation der Bundesregierung sei in dieser Frage genauso vorsintflutlich wie deren IT-Strategie insgesamt.
Kloiber: Peter Welchering über das Simsen, mailen und chatten von Regierungsmitgliedern, danke.