Zuerst die schlechte Nachricht. Mit einem fulminanten "Lohengrin" spielte sich das Mannheimer Opernorchester unter seinem Chef Dan Ettinger in der letzten Saison an die Spitze der Wagner-Liga, auch die Sängerbesetzung war nahezu perfekt. Das neue "Rheingold" dagegen ist maximal Kreisklasse. Das geht schon bei den inhomogenen, teilweise schwammig intonierenden Rheintöchtern los, die sich beim Schlusstableau zu in der Partitur nicht vorgesehenen Soli hinreißen lassen. Auch sonst ist vor allem solides Sangeshandwerk geboten, heraus ragen nur Karsten Mewes Alberich, mit eindrücklichen Schmerzenstönen und Thomas Jesatkos unangestrengter, gestrenger Wotan. Was sich sonst so an Riesen und Göttern und lichtscheuen Wesen tummelt, macht seine Sache ganz gut, Spektakuläres suchte man allerdings vergebens. Lediglich Jürgen Müllers hell timbrierter Loge bot da noch einige neue Facetten. Wahrlich keine Sternstunde hatte das Orchester, manches klang unpräzise, die Regenbogenbrücke am Rheingold-Ende brach regelrecht auseinander. Dan Ettingers Dirigat ließ außerdem eine wirkliche Idee vermissen, man erlebte ein zeitweise sehr zähes Durchwursteln, mit schönen Blechfiguren, sahnigen Streichern, aber auch etlichen Energiedellen.
Weniger musikalisches Mittelmaß hätte sicher auch der Inszenierung Achim Freyers gut getan, der für Mannheim eine unaufgeregte, dabei doch komplexe und – hinsichtlich der szenischen Umsetzung – nicht unkomplizierte Deutung schuf. Freyers Wagner-Bühnenhimmel hängt voller Seltsamkeiten: Es gibt Frauen auf großen Kugeln, eine Discokugel mutiert zum begehrten Goldschatz. Drei reale, mit Schläuchen verbundene Rheintöchter schweben herum. Außerdem sieht man einen Maler nebst Staffelei und flimmerndem Videobild sowie eine etwas rätselhafte Trommel, mit einem in sie hinein verwachsenen Menschen. Im Unterboden hausen Lichtwesen mit roten, Augen gleichen Taschenlampen. Für jeden Protagonisten entwickelt Freyer einen spezifischen Gestenapparat, dazu kommen eigenwillige Fantasiekostüme. Freia etwa, die ja gleichsam als Obstbäuerin wirkt und den Mitgöttern Leben spendende Äpfel spendiert, trägt einen Ascot-Apfelbaumhut. Wotan scheint mit seiner vergitterten Gesichtsmaske Horrorstreifen wie "Hellraiser" oder "Freitag, der 13." entlaufen, während die Riesen ihre Köpfe auf Nabelhöhe tragen, darüber 'hängen' monströse Oberkörper. Wer besonders wichtig ist, bekommt ein Puppendouble, das ins Geschehen mühelos integriert wird. Oft dreht sich die Mitte der Bühne, man formiert sich zu Ensembles, steht und singt aber auch gerne mal nebeneinander, wie bei manchen asiatischen oder altfranzösischen Theaterformen. Oft sind die Personen der nächsten Szene schon vorher anwesend, oder zumindest ihre Puppen. Und dann durchteilt noch ein Speer mit einem Raben den Raum – eine Art Weltachse, die später leuchtet und wesentlicher Teil der Walhall-Metamorphose wird. Walhall, das ist eine Burg, die Freyer aus Brandmauer und grellem Licht baut. Zuletzt balanciert ein Kind mit feuerroten Haaren auf dem Speer, vielleicht ein clownesker Siegfried?
Achim Freyers Assoziationskosmos ist groß, weit und wild und wirkt dabei auf paradoxe Art doch völlig geschlossen, nach Art einer dritten Logik. Oper wird hier auch ein wenig zu elaboriertem Metatheater – und zu Metaphysik. Man muss das nicht mögen, aber allein die Idee, Loge wie eine indische Gottheit mit fünf Armen auszustatten und ihn andauernd buchstäblich rauchen und qualmen zu lassen, ist schon ziemlich großartig. Auch Erda als doppelte Medusa zu zeigen oder den Ring einfach als schneeweiße, gierige Hand darzustellen, darauf muss man erstmal kommen.
Von einigen Pflichtbuhs abgesehen, stieß dieses ungewöhnliche Rheingold auf großen Zuspruch beim Mannheimer Publikum. Aber loben wir den Ring nicht vor der Götterdämmerung ...
Weniger musikalisches Mittelmaß hätte sicher auch der Inszenierung Achim Freyers gut getan, der für Mannheim eine unaufgeregte, dabei doch komplexe und – hinsichtlich der szenischen Umsetzung – nicht unkomplizierte Deutung schuf. Freyers Wagner-Bühnenhimmel hängt voller Seltsamkeiten: Es gibt Frauen auf großen Kugeln, eine Discokugel mutiert zum begehrten Goldschatz. Drei reale, mit Schläuchen verbundene Rheintöchter schweben herum. Außerdem sieht man einen Maler nebst Staffelei und flimmerndem Videobild sowie eine etwas rätselhafte Trommel, mit einem in sie hinein verwachsenen Menschen. Im Unterboden hausen Lichtwesen mit roten, Augen gleichen Taschenlampen. Für jeden Protagonisten entwickelt Freyer einen spezifischen Gestenapparat, dazu kommen eigenwillige Fantasiekostüme. Freia etwa, die ja gleichsam als Obstbäuerin wirkt und den Mitgöttern Leben spendende Äpfel spendiert, trägt einen Ascot-Apfelbaumhut. Wotan scheint mit seiner vergitterten Gesichtsmaske Horrorstreifen wie "Hellraiser" oder "Freitag, der 13." entlaufen, während die Riesen ihre Köpfe auf Nabelhöhe tragen, darüber 'hängen' monströse Oberkörper. Wer besonders wichtig ist, bekommt ein Puppendouble, das ins Geschehen mühelos integriert wird. Oft dreht sich die Mitte der Bühne, man formiert sich zu Ensembles, steht und singt aber auch gerne mal nebeneinander, wie bei manchen asiatischen oder altfranzösischen Theaterformen. Oft sind die Personen der nächsten Szene schon vorher anwesend, oder zumindest ihre Puppen. Und dann durchteilt noch ein Speer mit einem Raben den Raum – eine Art Weltachse, die später leuchtet und wesentlicher Teil der Walhall-Metamorphose wird. Walhall, das ist eine Burg, die Freyer aus Brandmauer und grellem Licht baut. Zuletzt balanciert ein Kind mit feuerroten Haaren auf dem Speer, vielleicht ein clownesker Siegfried?
Achim Freyers Assoziationskosmos ist groß, weit und wild und wirkt dabei auf paradoxe Art doch völlig geschlossen, nach Art einer dritten Logik. Oper wird hier auch ein wenig zu elaboriertem Metatheater – und zu Metaphysik. Man muss das nicht mögen, aber allein die Idee, Loge wie eine indische Gottheit mit fünf Armen auszustatten und ihn andauernd buchstäblich rauchen und qualmen zu lassen, ist schon ziemlich großartig. Auch Erda als doppelte Medusa zu zeigen oder den Ring einfach als schneeweiße, gierige Hand darzustellen, darauf muss man erstmal kommen.
Von einigen Pflichtbuhs abgesehen, stieß dieses ungewöhnliche Rheingold auf großen Zuspruch beim Mannheimer Publikum. Aber loben wir den Ring nicht vor der Götterdämmerung ...