Carrie Gracie ist eine hoch angesehene Journalistin, vielfach ausgezeichnet für ihre Arbeit. Sie spricht fließend Mandarin, war bereits in den 1990er Jahren als Korrespondentin in China.
Als 2013 ihr Chef in London sie bat, als Studioleiterin erneut nach Peking zu gehen, wollte sie zunächst nicht. Ihre Kinder standen in Großbritannien kurz vor dem Abitur, ein denkbar schlechter Zeitpunkt für die Mutter. Doch der damalige Aktuell-Chef der BBC James Harding habe sie geradezu bekniet, berichtete Gracie vor den Abgeordneten im Medienausschuss des Unterhauses.
Gagen der bestbezahlten Mitarbeiter veröffentlicht
Gracie ging schließlich doch nach Peking unter der Bedingung, dass sie genauso entlohnt würde, wie die Studioleiter auf anderen hervorgehobenen Posten.
Doch dann kam der Sommer 2017. Der Sender musste erstmals die Gagen seiner bestbezahlten Mitarbeiter veröffentlichten. In dieser Liste der BBC-Stars, die mehr als 150.000 Pfund im Jahr verdienen, tauchten vor allem Männer auf, nur wenige Frauen, Gracie nicht, wohl aber zum Beispiel der Studioleiter in Washington, der mit einem Gehalt zwischen 200.000 und 250.000 Pfund pro Jahr mindestens 50 Prozent mehr verdiente als Gracie auf dem vergleichbaren Posten in Peking.
Aufruhr in der BBC und Empörung in der Öffentlichkeit
Sie fühlte sich von ihren Chefs betrogen, sagte sie jetzt den Parlamentariern:
"Ich hatte ja gewusst, dass ich diesen Job mindestens so gut, wie jeder Mann machen würde. Ich wusste, dass es überhaupt keinen anderen Kandidaten für Peking gab. Deshalb konnte ich auf der Zusage nach gleicher Entlohnung bestehen. Umso größer war der Schock, als ich im vergangenen Juli sah, dass auf vergleichbaren Auslandsposten die Männer mindestens 50 Prozent mehr verdienen als die Frauen."
Gracie schmiss ihren Job in Peking hin und kehrte in die Zentrale nach London zurück. Seitdem herrscht Aufruhr in der BBC, und Empörung in der Öffentlichkeit. Die Führung des Senders hat alle Hände damit zu tun, den Flächenbrand zu löschen.
Keine systematische Gehälterungerechtigkeit?
Einige männliche Spitzenverdiener mussten jetzt Gehaltskürzungen hinnehmen. Die BBC ließ sich von Wirtschaftsprüfern bescheinigen, dass es keine Entscheidungsstrukturen im Sender gebe, die zu systematischer Gehälterungerechtigkeit führten – eine Aussage, die die Moderatorin der Sendung Woman´s Hour lächerlich fand, Jane Garvey:
"Das ist kein Bericht über gleiche Bezahlung in der BBC. Das ist ein Ergebnis, das die BBC bestellt hat. Hier werden immer noch merkwürdige Entscheidungen von selbstherrlichen Männern getroffen. Frauen verdienen aber endlich gleichen Lohn für gleiche Arbeit."
"Ein Fan von Carries Arbeit"
Und nachdem dann auch noch 170 Frauen eine Liste von Beispielen der Benachteiligung gegenüber männlichen Kollegen im Sender an den Parlamentsausschuss geschickt hatten, saß BBC-Generaldirektor Tony Hall vor den Abgeordneten auf einer Art Anklagebank.
Er gab zu, dass im Fall Carrie Gracie und auch in anderen Fällen, die jetzt untersucht würden, einiges schief gelaufen sei: ""Ich bin ein großer Fan von Carries Arbeit. Ich kann verstehen, wie sie sich jetzt fühlt. Es hat in der Tat Probleme in der Behandlung ihres Falls gegeben, und ich hätte mir gewünscht, dass wir diese schneller gelöst hätten."
Die Gehälter in der BBC würden jetzt einen klareren, engeren Rahmen bekommen und transparenter werden, so dass sie für jeden Mitarbeiter verständlich und nachvollziehbar würden, so Tony Hall.