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Uni-Hausarbeiten öffentlich gemacht

Uni-Hausarbeiten werden meist von zwei Menschen gelesen. Vom Autor und von dem, der sie liest. Wenn aber die Hausarbeit originell ist und neue wissenschaftliche Ansätze verfolgt, sollten mehr Leute sie lesen. Das ist der Ansatz der Zeitschrift "Anwesenheitsnotiz".

Von Claudia van Laak |
    "Deadline ist Deadline? Arbeiten, die jetzt kommen, die nehmen wir nicht mehr? Dann für die nächste Ausgabe. Das ist einfacher, damit wir unseren Arbeitsaufwand in Grenzen halten."

    Eine gemütliche Wohngemeinschaftsküche in Berlin-Kreuzberg. In der Ecke wartet ein vertrockneter Weihnachtsbaum auf das Abschmücken. Auf dem Holztisch eine Kanne mit Pfefferminztee, eine italienische Espressomaschine, eine leere Bananenschale, Kekse, ein Sammelsurium von Gläsern und Bechern. Drei Laptops, ein Block.

    "Sobald das entschieden ist, müssen wir festlegen, wer die Arbeiten betreut und sie gleichzeitig an den Beirat schicken."

    Redaktionskonferenz für die nächste Ausgabe der Zeitschrift "Anwesenheitsnotiz". Der Name ist Programm: die vier Macherinnen und Macher versprechen den studentischen Schreibern eine ausführliche Betreuung ihrer Texte – keine Abwesenheitsnotiz, wie sie viele Dozenten schicken. Die Kriterien für den Abdruck: Es reicht nicht, wenn unter der Hausarbeit eine "Eins" steht, sagt Nele Solf, Studentin der Literaturwissenschaft.

    "Viel Wichtiger dabei ist, dass man viel Spaß dabei hatte, die zu lesen. Dass man denkt, man hatte eine gute Idee oder ein neues Thema, an dem noch niemand dran war. Und dann schauen wir noch nach dem Stil: ist der Text besonders gut lesbar oder ist der spannend, was auch manchmal passiert."

    Eingereicht werden können Themen aus dem Bereichen Geistes- und Kulturwissenschaften. Derzeit sitzt die studentische Redaktion am dritten Heft, es erscheint in einer Auflage von 600 Exemplaren, wird an Unis und in Studentencafés verteilt. Finanzielle Unterstützung kommt von der Ernst-Reuter-Gesellschaft der Freien Universität Berlin. Aber warum eine Zeitschrift in Zeiten des Internets? Martin Lhotzky antwortet, der ohne Laptop und mit Block vor sich. Wir sind papier-affin, sagt der Student der Theaterwissenschaften.

    "Man hat was in den Händen. Für die Leute, die es dann haben oder die abgedruckt werden, ist es natürlich schön, ein eigenes Büchlein zu haben, wo man abgedruckt wird, und deshalb gibt´s das als Papierformat."

    Und natürlich zusätzlich im Internet. Die Macher der Zeitschrift "Anwesenheitsnotiz" wollen nicht nur originelle Uni-Hausarbeiten aus den Tiefen der Festplatten ans Licht bringen und veröffentlichen, sie wollen auch eine Art Plattform sein, auf der sich Studierende austauschen können.

    "Also was machen die Literaturwissenschaftler in Wien zum Beispiel oder die Musikwissenschaftler, die sehr begeistert bei uns Arbeiten eingeschickt haben. Und die Musikwissenschaftler in Berlin können das jetzt lesen und sagen: Aha, damit beschäftigen die sich und sie wissen jetzt, wie die methodischen Ansätze in Wien sind, und können die mit den eigenen vergleichen."

    Ein 180 Seiten dickes Heft – mehr Buch als Zeitschrift – redigieren, lektorieren, herausgeben – das kostet eine Menge Zeit. Wir haben unsere eigenen Hausarbeiten vernachlässigt – geben die Macher zu. Trotzdem bleiben sie dabei.

    "Ich glaube es ist eine gute Sache, auch für das zukünftige Berufsleben, es bringt einem sehr sehr viel, mehr als ein Seminar an der Uni."

    "Was wir hier an Erfahrungen mitnehmen, sich seine Zeitpläne machen, selbstverantwortlich an so etwas zu arbeiten, das ist sehr viel mehr wert als ein Uniseminar im Bereich Allgemeine Berufsvorbereitung."

    Die neue Ausgabe der "Anwesenheitsnotiz" erscheint zum Sommersemester im April.

    Webseite der Zeitschrift "Anwesenheitsnotiz" der Freien Universität Berlin