"Okay, jetzt spielen, komm. Und mit nach vorne! Komm, schalte dich mit ein. Maouwad, spielen! Hey, und Tor! Orange geht auf die Seite ..."
Dominik Feer steht am Spielfeldrand und feuert seine Schüler aus Syrien, Serbien und dem Libanon an. Der 25-Jährige studiert an der Uni Hildesheim und will Lehrer werden. Zusammen mit seinem Kommilitonen Omar Fahmy hat er sich FuNah ausgedacht, die Abkürzung steht für Fußball und Nachhilfe. Einmal die Woche bringen sie Flüchtlingskindern erst im Klassenraum Deutsch bei und gehen dann mit ihnen kicken - alles in ganz lockerer Atmosphäre, das ist Dominik Feer wichtig:
"Wir sind nicht die Lehrer, die Noten geben, die dann auch groß immer schimpfen, wenn es mal zu laut wird. Wir haben natürlich auch unsere Regeln, aber im Kern geht es darum, dass die Kinder hier Spaß haben."
In der Deutschstunde lernen die Kinder heute die Wörter für alle Körperteile, mit denen Fußballer ein Tor erzielen können. Evin aus Syrien steht vor der Gruppe und geht die neuen Vokabeln durch:
"Knie, Oberschenkel - Hä? - Oberschenkel, Schultern, Brust, Bauch. - Sehr schön!"
Unterrichtsstoff spielerisch vermischen
Wenige Minuten später, draußen auf dem Fußballfeld der Uni Hildesheim, verknüpft der angehende Lehrer Omar Fahmy den Unterrichtsstoff spielerisch mit der Sportstunde:
"Wenn die gegnerische Mannschaft oder eine der Mannschaften ein Tor erzielt oder einen Pass spielt mit dem Fuß, mit dem Knie, mit der Brust oder mit dem Rücken, mit dem Kopf, dann sagen wir die Begriffe immer wieder, okay. Dann sagen wir zum Beispiel Kopf, wenn Hasib den Ball mit dem Kopf gespielt hat. Damit wir das, was wir heute Vormittag gemacht haben im Unterricht, damit wir das festigen."
Milad ist einer der jungen Flüchtlinge, die dank FuNah schnell Deutsch gelernt haben. Der 13-Jährige aus Syrien ist seit einem Jahr in Deutschland und nimmt seit ein paar Monaten an dem speziellen Unterricht teil:
"Ich finde das gut, dass ich spiele mit Herr Fahmy und Herr Dominik hier in Deutschland, Hildesheim. Und ich finde cool."
Dominik Feer und Omar Fahmy investieren viel Zeit in ihr Projekt. Beide stammen selbst aus Migrantenfamilien: Dominik hat kasachische Wurzeln, Omars Familie stammt aus dem Libanon und Ägypten. Deshalb wissen sie aus eigener Erfahrung, wie wertvoll die Sportstunden für die Kinder sein können, sagt Dominik Feer:
"Wir machen das, weil wir selbst durch den Sport, durch den Fußball viel für uns selbst gewonnen haben für unseren Charakter, für unsere Einstellung. Und wollten ein Stück weit auch was zurückgeben."
Auch Werte sollen vermittelt werden
Das versuchen sie auch, indem sie Werte vermitteln, die sehr gut zum gemeinsamen Fußballspiel passen:
"Es geht jetzt nicht darum, aus den Schülern Profifußballer zu machen, sondern einfach nur darum, Werte aus dem Sport gemeinsam in das gesellschaftliche Leben zu adaptieren, zu übertragen und dort Werte wie Fairplay, wie Respekt, solche Sachen wie Freundlichkeit einfach auch in die Gruppe zu implementieren. Und dort auf jeden Fall in dem Bereich zu arbeiten. Das heißt, einfach den Sport dazu nutzen, das gesellschaftliche Miteinander zu verbessern."
Als Zuschauerin ist heute auch Gabriele Heinen-Kljajic im Klassenraum und am Fußballplatz dabei. Die niedersächsische Ministerin für Wissenschaft und Kultur ist begeistert von dem Engagement der beiden Lehramtsstudenten:
"Das ist didaktisch, pädagogisch super durchdacht. Und das Tolle ist: Ich habe eben mit den beiden Studierenden gesprochen, die haben auch eine Auswertung gemacht, was hat das für Auswirkungen auf die schulischen Leistungen der Kinder und man sieht, die werden wirklich besser."
Bisher nehmen Schüler aus Hildesheim und Peine an dem Projekt teil, die Uni will es demnächst auf weitere Standorte ausdehnen. Schulen aus Hannover und Oldenburg haben sich schon gemeldet - auch sie wollen Flüchtlingskindern bald Fußball und Nachhilfe anbieten.