Erste globale Schätzung
UNICEF: 370 Millionen Mädchen weltweit von sexualisierter Gewalt betroffen

Das Kinderhilfswerk UNICEF hat die nach eigenen Angaben erste globale Schätzung zur sexualisierten Gewalt an Kindern und Jugendlichen veröffentlicht. Weltweit sind demnach mehr als 370 Millionen Mädchen vor ihrem 18. Lebensjahr Opfer einer Vergewaltigung oder einer anderen Form des Missbrauchs geworden.

    Zwei Kinder gehen eine Straße in der zentralafrikanischen Stadt Ndélé entlang. Sie sind von hinten und in größerer Entfernung zu sehen.
    In Afrika gibt es die höchste Zahl von Gewalt an Kindern, auch viele Jungen sind betroffen (Archivbild). (picture alliance / ASSOCIATED PRESS / Krista Larson)
    Die meisten Betroffenen gibt es den Daten zufolge in Afrika südlich der Sahara mit 79 Millionen. Das sind 22 Prozent aller dort lebenden Mädchen und jungen Frauen. In Ost- und Südostasien sind es 75 Millionen (8 Prozent), 73 Millionen in Zentral- und Südasien (9 Prozent) und 68 Millionen in Europa und Nordamerika (14 Prozent).

    Auch Jungen und junge Männer betroffen

    Den Daten zufolge ereignet sich die meiste sexualisierte Gewalt an Minderjährigen während der Adoleszenz, mit einem deutlichen Anstieg zwischen 14 und 17 Jahren. Demnach sind aber auch Jungen und junge Männer betroffen, wie UNICEF weiter berichtete. Schätzungsweise 240 bis 310 Millionen Jungen – etwa jeder Elfte – hätten in ihrer Kindheit Vergewaltigung oder sexuelle Übergriffe erlebt.
    Die Daten stammen laut UNICEF aus landesweit repräsentativen Umfragen, die zwischen 2010 und 2022 in 120 Ländern und Gebieten durchgeführt wurden. Allerdings gebe es Datenlücken, insbesondere zu den Erfahrungen von Jungen sowie zu den nicht-körperlichen Formen sexualisierter Gewalt. UNICEF verwies auf Datenlücken. Es könne von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen werden, hieß es.

    UNICEF fordert bessere Aufklärung

    UNICEF-Exekutivdirektorin Russell sagte: "Sexualisierte Gewalt gegen Kinder ist ein Schandfleck auf unserem moralischen Gewissen." Sie verursache tiefe Traumata - oft durch jemanden, den das Kind kenne und dem es vertraue, an Orten, an denen es sich sicher fühlen sollte. Überlebende trügen das Trauma oft auch im Erwachsenenalter mit sich, die Folgen seien unter anderem psychische Probleme wie Angstzustände, Drogenmissbrauch sowie eine erhöhte Anfälligkeit für sexuell übertragbare Krankheiten.
    Kinder und Jugendliche müssten durch bessere Aufklärung in die Lage versetzt werden, sexuelle Gewalt auch als solche zu erkennen, forderte Russell. Zudem brauche es stärkere Gesetze zum Schutz von Kindern vor allen Formen sexualisierter Gewalt sowie nationale Datensysteme, um Fortschritte zu überprüfen.

    Weltmädchentag am Freitag

    Das UNO-Hilfswerk äußerte sich zum Weltmädchentag an diesem Freitag. Anlässlich des Aktionstags werden jedes Jahr bekannte Bauwerke oder Objekte in Pink angeleuchtet. Auch in Deutschland sollen in mehreren Großstädten wie Hamburg, München, Köln, Dresden und Essen mehr als 50 Gebäude und Wahrzeichen angestrahlt werden.
    Diese Nachricht wurde am 10.10.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.