Zwist in der Flüchtlingspolitik, der anhaltende Streit um eine Obergrenze, welche die CSU fordert und die CDU ablehnt - trotz dieser Differenzen zeichnet sich ab: Auch die CSU wird eine erneute Kanzlerkandidatur von Angela Merkel unterstützen. Dabei sieht es allerdings eher so aus, als komme die bayrische Regionalpartei mit bundespolitischem Anspruch um diese Unterstützung gar nicht herum; nur dass Horst Seehofer sich weiter ziert, diese Unterstützung schon jetzt auch öffentlich zu verkünden. Dazu braucht es offenkundig noch etwas Zeit, vor allem mit Blick auf die Parteibasis in der CSU, in der trotz sinkender Flüchtlingszahlen der Ärger über Merkel noch nicht verraucht ist.
Deshalb übernimmt Parteivize Manfred Weber diese Aufgabe, den Rückzug der CSU einzuleiten. "Angela Merkel ist unsere Kandidatin. Daran kann es keinen Zweifel geben", sagt der stellvertretende CSU-Vorsitzende dem Spiegel. Und ginge es nach Weber, würde er sich wünschen, "dass diese Aussage rasch kommt - von ihr und von uns." Weber hat auch ein Rezept, wie CDU und CSU eine gemeinsame Antwort auf die Flüchtlingsfrage geben können – das Rezept heißt Arbeitsteilung.
Angela Merkel steht für ein Deutschland, das helfen will, Horst Seehofer für die Botschaft, dass dabei Recht und Ordnung gewahrt bleiben. Wenn dies nicht als Gegeneinander, sondern als Miteinander dargestellt werde, sei dies eine echte Chance im Wahlkampf, so CSU-Vize Weber, der auch eine Botschaft für die CSU-Wähler parat hält, die Merkel nicht mehr als Kanzlerin wollen.
Merkel-Kandidatur geht nur mit CSU-Unterstützung
Denen müsse vor Augen geführt werden, um was es bei der nächsten Bundestagswahl tatsächlich gehe: Nicht um Merkel oder Seehofer, sondern darum, ob Populisten oder Rot-Rot-Grün regieren oder ob Deutschland eine bürgerliche Republik bleibt. Was an den Wahlkampfslogan von 1976 erinnert – Freiheit statt Sozialismus – soll den Menschen klar machen, worum es im kommenden Jahr geht – um eine Richtungswahl.
So sieht es auch CDU-Generalsekretär Peter Tauber. Auch er erwartet, dass sich Angela Merkel zu einer erneuten Kanzlerkandidatur bereit erklärt. Es sei "der Wunsch von vielen", dass sich Merkel für eine vierte Amtszeit zur Verfügung stelle, sagt Tauber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
Bleibt die Frage nach dem Zeitpunkt. Merkel kann sich nur dann zu einer erneuten Kandidatur bereit erklären, wenn sie zeitgleich auch die Unterstützung der CSU bekommt. Weil die aber wegen der Parteibasis noch etwas Zeit braucht, ist das Risiko groß, dass Merkel auf dem CSU-Parteitag Anfang November ausgebuht werden könnte. Merkel wird deshalb wohl nicht nach München kommen.
Umgekehrt erscheint eine Erklärung von ihr auf dem CDU-Parteitag im Dezember in Essen auch unwahrscheinlich, solange CSU-Chef Seehofer nicht zu diesem CDU-Parteitag kommt. Den Ausweg aus diesem Dilemma könnte ein Spitzentreffen von CDU und CSU Anfang nächsten Jahres in München weisen – mit einer Kür Merkels zur Kanzlerkandidatin, die dann auch von der CSU unterstützt würde.