Dass sich der seit 2015 schwelende Konflikt um die Migrationspolitik in der Union nun zuspitze, sei zum jetzigen Zeitpunkt etwas überraschend, weil es im Grunde nicht darauf ankomme, ob sich jetzt oder in 14 Tagen etwas verändere, sagte der Journalist und frühere Herausgeber der FAZ Hugo Müller-Vogg im Dlf.
Die CSU sehe alles unter dem Blickpunkt der Landtagswahl in Bayern am 14. Oktober und dränge daher auf eine schnelle Lösung. Die CSU müsse Angst haben, dass sie Stimmern an die AfD verliere, wenn sie nun nicht handele und Härte zeige, meint Müller-Vogg. Ein gutes Abschneiden bei der Wahl sei für die CSU viel wichtiger als das, was in Berlin geschehe, denn "nur eine in Bayern starke CSU kann auch in Berlin stark auftreten".
Was, wenn es zum Bruch kommt?
Kanzlerin Angela Merkel könne Innenminister Horst Seehofer nicht 100 Prozent nachgeben, Seehofer wiederum könne nicht 100 Prozent zurückziehen. Aus der Sache komme niemand unbeschädigt raus.
Wenn es zum Bruch zwischen CDU und CSU komme und Innenminister Horst Seehofer die Bundespolizei anweise, Asylsuchende, die in einem anderen EU-Land registriert sind, zurückzuweisen, würde er damit gegen die Richtlinienkompetenz der Kanzlerin verstoßen, die ihn dann entlassen müsste, so Müller-Vogg. Dann müsste die CSU ihre Minister zurückziehen, die CDU/CSU-Fraktionsgemeinschaft würde zerbrechen und die große Koalition stehe ohne Kanzlermehrheit da.
CDU und SPD hätten aber immer noch eine deutliche Mehrheit im Bundestag und es wäre für Müller-Vogg denkbar, dass die Grünen eine solche Koalition punktuell unterstützten. "Daraus könnte auch eine Koalition werden, das ist nicht auszuschließen."