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Unis wollen exzellent werden

Bei der Exzellenzinitiative der Bundesregierung winken Deutschlands Spitzenuniversitäten Fördergelder von 2,4 Milliarden Euro. Am 15. Juni verkündet Bundeswissenschaftsministerin Annette Schavan die neuen deutschen Elite-Unis. In Berlin könnte es bald zwei davon geben.

Von Claudia van Laak | 29.05.2012
    Vor dem Präsidialamt der Freien Universität stehen fünf schwarze Limousinen mit Diplomatenkennzeichen, es weht die weiß-blau-rote russische Flagge. In der Exzellenzuni wird das Ende des deutsch-russischen Wissenschaftsjahres nicht mit Wodka begossen. Mit dabei: die deutsche Bundeswissenschaftsministerin sowie ihr scheidender russischer Amtskollege, jetzt Putin-Berater. FU-Präsident Peter-Andre Alt:

    "Das würde wahrscheinlich nicht möglich sein, würden wir nicht zu diesem Kreis gehören. Und insofern ist das ein Beispiel dafür, dass man mit dem Titel größere Formen der Publizität erreichen kann."

    Prestige und Geld, beides ist mit dem Titel Exzellenz-Universität verbunden. Neben der Förderung von Graduiertenschulen und Forschungsverbünden hat die FU in den letzten fünf Jahren insgesamt 36 Millionen Euro erhalten für das Konzept Internationale Netzwerkuniversität. Präsident Alt glaubt an einen weiteren Sieg im Juni. Im aktuellen Antrag hat die FU ihr internationales durch ein regionales Netzwerk ergänzt. Ist die Freie Universität Berlin bereits gesetzt?

    "Ich würde nicht sagen gesetzt, aber es wäre sehr überraschend, wenn wir jetzt scheitern würden, insofern bin ich da sehr zuversichtlich."

    Die FU trägt die Nase ein wenig hoch, hört man aus der Humboldt-Universität. Nachdem die traditionsreiche HU in der letzten Runde der Exzellenzinitiative
    auf den begehrten Titel verzichten musste, war das Verhältnis getrübt. Und heute?

    "Die Zeiten, da man gegeneinander angeht, sind längst vorbei, und dass man natürlich auch Wettbewerb hat, ist völlig klar, das bleibt nicht aus, aber das befeuert.

    Das ist relativ entspannt, auch wenn wir natürlich sehen, dass wir im Moment in einer freundschaftlichen Konkurrenz zueinanderstehen, die hat aber nichts Aggressives mehr. "

    sagt der Präsident der Humboldt-Uni Jan-Hendrik Olbertz. Der Erziehungswissenschaftler war zuvor Kultusminister in Sachsen-Anhalt, seit knapp zwei Jahren führt er die Humboldt-Uni, bekommt Lob von allen Seiten. Olbertz hat es geschafft, dass sich viele mit dem Exzellenz-Konzept der Uni unter dem Titel "Bildung durch Wissenschaft" identifizieren, hat auch Kritiker in den Prozess eingebunden wie den Osteuropa-Historiker Jörg Barberowski.

    "Das Absurde an dem System ist ja, es werden ja Anträge bewertet und nicht Leistung. Es wird bewertet, ob ein Antrag gut geschrieben ist und dann wird für fünf Jahre Geld gegeben, aber es wird nicht die Leistung bewertet."

    Trotzdem hat auch Barberowski einen Antrag geschrieben und dafür gesorgt, dass die Geisteswissenschaften im Exzellenzkonzept der Humboldt-Uni stärker vertreten sind als zuvor. Durchaus ungewöhnlich: Auch Studierende haben am Exzellenz-Konzept der HU mitgeschrieben – einer von ihnen ist Fred Zaumseil.

    "Ich begrüße das, ich finde, das ist die Fortsetzung einer Tradition, wie sich die Humboldt-Uni versteht, dass sie eine sehr demokratisch verfasste Universität ist, gerade weil es in einigen Bundesländern wie in Sachsen eine umgekehrte Entwicklung gegeben hat, Mitspracherechte der Studierenden eingeschränkt wurden."

    Auf Initiative des Bachelor-Studenten enthält das Konzept der Humboldt-Uni nun Ideen zur Förderung von exzellenten Studierenden, die später in die Forschung wollen. Sie sollten größere Freiheiten erhalten, nicht mehr sklavisch an den verschulten Studienplan gebunden sein.

    Sollte die Humboldt-Uni gewinnen, darf sie in den nächsten fünf Jahren den Titel Exzellenzuni tragen und erhält zusätzlich 53 Millionen Euro. Sollte sie erneut leer ausgehen, wäre das auch eine persönliche Niederlage für Unipräsident Olbertz.

    "Ich würde es ihnen gegenüber erstmal verneinen, aber es würde in mir grummeln. Ich meine, ich habe ja auch persönliche Verantwortung übernommen, in dem ich dieses Amt angetreten habe, und zwar völlig freiwillig."

    Sollten beide Unis gewinnen, dürfte es einen Berliner geben, der sich nicht so recht darüber freuen kann – Finanzsenator Nussbaum, Verwalter von 63 Milliarden Euro Schulden. Zwei Exzellenzunis treten fordernder auf als eine – wo das Geld nach Ablauf der Bundesinitiative herkommen soll, steht in den Sternen.

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